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Zweite Inszenierung der „Volksbühne“ Michendorf: Spinner für Dinner

Michendorf - Der stinkreichen und gelangweilten Oberschicht fällt immer wieder etwas Neues ein, um ihren leeren und müden Seelen ein Vergnügen zu bereiten. Die Kunst profitierte schon immer davon, man denke nur an Filme wie „Das große Fressen“ von Regisseur Marco Ferreri als Skandal des Jahres 1973, oder an Luis Buñuels „Diskreter Charme der Bourgeoisie“ ein Jahr davor, wo die „großbürgerliche Hybris“ mit Zorn oder Spott dargestellt wird.

Michendorf - Der stinkreichen und gelangweilten Oberschicht fällt immer wieder etwas Neues ein, um ihren leeren und müden Seelen ein Vergnügen zu bereiten. Die Kunst profitierte schon immer davon, man denke nur an Filme wie „Das große Fressen“ von Regisseur Marco Ferreri als Skandal des Jahres 1973, oder an Luis Buñuels „Diskreter Charme der Bourgeoisie“ ein Jahr davor, wo die „großbürgerliche Hybris“ mit Zorn oder Spott dargestellt wird. Mit demselben „Genussfaktor“ übrigens wie das Subjekt ihrer Begierde! Nur war die Zielsetzung eine andere, die heißt stets: Kritik der Oberklasse, dazu Unterspülung satter und matter Stino-Hirne durch „Subversion“. Auch „Dinner für Spinner“ (1998) hätte das Zeug zu einem solchen Doppelpass, wenn man entsprechend inszenierte. Aber die Michendorfer „Volksbühne“ steht nun mal nicht in Berlin, auch das Publikum ist ein anderes. So machte die neue Direction in Gestalt von Christian A. Schnell aus der gleichnamigen Filmvorlage nichts Sozialkritisches, sondern eine Boulevardkomödie mit einer guten und einer unfertigen zweiten Hälfte. Am Freitag war die Premiere.

Dass Francis Veber ein glanzvoller Autor ist, liegt auf der Hand, schließlich hat er Filme wie „Ein Käfig voller Narren“ und „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ geschrieben. In „Dinner“ nun geht es um die langen Weilen der Oberschicht. Um sie zu beheben, lädt man sich für seine Dinnerpartys immer einen „Trottel“ ein, über den herzlich gelacht werden darf, ohne dass der es merkt. Diesmal war der Verleger Brochant an der Reihe. Er hatte sich den verwitweten Finanzbeamten Pignon erwählt, weil der mit aller Besessenheit Architekturmodelle aus abgebrannten Streichhölzern fertigt. Ein ganz Skurriler! Doch bevor es so weit ist, gerät nun wirklich alles aus den Fugen, Brochant (Casper von Wasserburg) bekommt einen Hexenschuss, seine Frau Christine verlässt ihn, weil er von den Partys nicht lassen will, dann steht auch noch Pignon daselbst in der Tür! Und der ist alles andere als vertrottelt. Bald findet alles, wie in jedem gut gebauten Stück, sein Gegenteil. Dann fügt sich’s, und fügt sich auch wieder nicht im tragikomischen Getriebe. Mehr wird nicht verraten.

Ein paar Worte zur Inszenierung: Regisseur Schnell lässt in einem Nobelappartement spielen, denn später kommt ja ein Finanzbeamter, der so etwas sehr zu „schätzen“ weiß. Die Regie richtet ihren Blick völlig auf den quickigen Pignon (Jens Ulrich Seffen), was Protagonist Brochant schnell in die zweite Reihe drängt, schade. Ohne spielerisches Profil die Gattin Christine (Tina Nicole Kaiser), schon die Eingangsszene – „Ich gehe!“ – hatte ihr viel Möglichkeit gegeben. Besser war sie in der Rolle von Marlene, Brochants Geliebter. Ganz ähnlich Armin Sengenberger: Als Brochants Leibarzt passabel, als sein Freund Leblanc ganz ohne Form. Zuletzt ein smarter Hartmut Kühn als Finanzmann Cheval, das ist der mit dem Blick fürs Steuerhinterziehen!

In Teilen ist die großartig geschriebene Komödie flott und witzig geraten, zum Ende hin wurde es huschig und trostlos. Doch gemach, viele Inszenierungen neigen ja dazu, von Vorstellung zu Vorstellung besser zu werden.

Die nächsten Vorstellungen finden vom 3. bis 5. Februar statt, Freitag und Samstag um 19.30, am Sonntag um 17 Uhr

Gerold Paul

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