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Neue Freundschaften. Sie sind alle erst seit Kurzem nach Schwielowsee gezogen und ihnen geht es allen sehr ähnlich: Der Partner arbeitet in Vollzeit, meist in Berlin, die guten Freunde wohnen weit weg. Ein bisschen Austausch mit anderen Müttern kommt da wie gerufen. Sonst wird das Muttersein recht einsam.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Zusammen weniger allein

Warum das Caputher Familienzentrum vor allem jungen Müttern was bringt

Von Eva Schmid

Schwielowsee - Das Kind ist noch zu jung für die Kita, gute Freunde sind weit weg, die Nachbarn noch unbekannt und der Partner über acht Stunden täglich auf Arbeit. Das, was idyllisch wirken mag – ein Häuschen im Grünen, nahe am See, ein guter Ort, um Kinder aufwachsen zu lassen –, bedeutet für viele Mutter in den ersten Jahren Einsamkeit. Jedenfalls geht es einigen Frauen so, die sich zum Schwangeren- und Babyfrühstück an einem Mittwochmorgen im Caputher Familienzentrum treffen.

Unter dem Dach des Familienzentrums in Caputh, das seit zwei Jahren die SHBB Soziale Hilfen betreibt, ist es laut. Es wird viel gelacht. Den meisten Lärm veranstalten die Mütter. Ihre Kinder schlafen auf dem Arm oder strampeln unter Mobile. Alle sieben Frauen sind vor Kurzem an den Schwielowsee gezogen. Die einzige Schwangere unter ihnen ist eine Spanierin aus Barcelona. Sie lebt seit einem Jahr in Ferch, bald wird ihr Baby kommen. Die Arbeitslosigkeit in ihrem Land hat sie nach Deutschland gebracht. Von den vielen Anträgen, die Eltern ausfüllen müssen, schwirrt ihr der Kopf. Die anderen Frauen sagen ihr, wo sie eine Hebamme und einen Kinderarzt findet.

Netzwerken, das sei wichtig für die zugezogenen Mütter, sagt die Leiterin der Einrichtung, die 34-jährige Anna Töpfer. „Auch das viele Alleinsein ist ein hier wichtiges Thema.“ Die Pädagogin weiß, wer im Ort schwanger ist und wer bald in ihre Einrichtung kommen könnte. Auch sie sei gut vernetzt. Und: „Die Begrüßungspakete der Gemeinde bekommen Eltern im Familienzentrum.“

Wer zum ersten Mal im Haus gegenüber vom Caputher Schloss vorbeischaut, bekommt einen Flyer von Töpfer in die Hand gedrückt. Die Kurse und Termine sind für alle Interessierten offen, selbst für Senioren gibt das Programm etwas her.

Ein Großteil des Programms ist aber vor allem für Familien: Babymassage, Nähtreff, Krabbelgruppe und Kinderkochkurs – die meisten Angebote sind kostenlos. Wenn was dazugezahlt werden muss, dann sind es kleine Beträge.

„Ein bis zwei Euro, das geht schon“, sagt die 39 Jahre alte Katrin Kley. In der Elternzeit habe man weniger Geld. „Auch der Austausch normalisiert die Dinge“, sagt Kley, ihr kleiner Sohn auf dem Arm lächelt in dem Moment. Im Gespräch mit anderen Müttern würde sie oft feststellen, dass es den anderen Frauen ähnlich gehe wie ihr: chaotischer Haushalt, wenig Zeit für sich selbst, wenig Hilfe unter der Woche vom Partner mit seinem Vollzeit-Job.

Die Frau, die neben Kley sitzt und ebenfalls einen Säugling im Arm hält, nickt. Die 38 Jahre alte Sandra Naumann ist vor wenigen Monaten aus Potsdam nach Schwielowsee gezogen: „Das ist ein guter Anlaufpunkt, um sich hier zu integrieren.“ Zudem werde man im Familienzentrum nicht wie in so manch anderen Cafés schräg angeschaut, wenn man ewig an seinem Kaffee sitze. Die anderen Mütter lachen, hier drohe man nicht zur Latte- Macchiato-Mutter zu werden.

Die Zeit vergessen, sich austauschen, und die Kinder miteinander spielen lassen: Anlaufpunkte für zugezogene junge Familien wie diese gibt es in Potsdam-Mittelmark noch in weiteren zwölf Kommunen. Anfang Oktober soll ein Familienzentrum in  Stahnsdorf eröffnet werden. Es werde beim Jugend- und Freizeitzentrum ClaB angesiedelt sein, teilte ein Rathaussprecher mit. In Kleinmachnow und Michendorf gibt es noch keine Einrichtungen, obwohl Eltern aus Michendorf seit Jahren das fordern. Unklar ist bisher, wo dafür in der Gemeinde Platz ist. Auch weitere drei Kommunen im Norden des Landkreises haben noch keine Familienzentren. Bis 2018 soll sich das ändern, dann soll jede Kommune ein solches Angebot bekommen. „Familienzentren sind die Knotenpunkte präventiver Sozialarbeit und unterstützen Familien frühzeitig mit Angeboten“, heißt es vom zuständigen Fachbereich in der Belziger Verwaltung.

Auch wenn in Schwielowsee wenige Familien mit sozialen Schieflagen zu kämpfen haben, hat die Leiterin dennoch eine Liste von Themen, die vielen Eltern unter den Nägeln brennen: „Das sind die Probleme im ersten Jahr wie Durchschlafen und Zufüttern.“ Für viele Mütter sei es zum Teil eine große Herausforderung, in Schwielowsee den Alltag mit mehreren Kindern zu organisieren. „Allein die vielen langen Fahrtwege“, so Töpfer. Auch rund um das Thema Schuleintritt gebe es viel Beratungsbedarf. Die Leiterin mit den langen schwarzen Haaren und der großen Brille lacht in die Runde, sie hilft, wo es nötig ist. Und bei ihr, da sind sich die Mütter der Frühstücksrunde einig, könne man auch mal so richtig seinen Frust ablassen. Anna Töpfer sei ihre Seelsorgerin.

www.familienzentrum-schwielowsee.de

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