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Ein Foto Günter Ihles steht in Frank Webers Atelier.

© Andreas Klaer

Zum Tod von Künstler Günter Ihle: Einer, der Wärme nach Werder brachte

Künstler Günter Ihle malte gern in klaren Farben. Nun ist er im Alter von 85 Jahren gestorben.

Werder (Havel) - Obwohl Günter Ihle erst 1996 nach Werder zog, sollen ihn die meisten Menschen in der Stadt gekannt haben. Das habe dem Künstler trotz seiner stillen, zurückhaltenden Natur durchaus gefallen, sagt Frank Weber, Kurator der Galerie Kunstgeschoss. „Bei einer Ausstellungseröffnung vor ungefähr zehn Jahren sagte die jetzige Bürgermeisterin zu Ihle: ,Sie sind hier angekommen, Sie gehören zu Werder'“, sagt Weber. „Das hat ihn wahnsinnig gefreut damals.“

Wie jetzt erst bekannt wurde, ist der Künstler am 10. November im Alter von 85 Jahren gestorben. In vielen Werderaner Haushalten werden seinen bunten Landschaftsmalereien, die sich bei seinen Ausstellungen und auf dem alljährlichen Grafikmarkt immer gut verkauften, an ihn erinnern. Eine Käuferin habe über Ihles Kunst einmal gesagt: „Wenn man da draufguckt, wird einem warm“ – so erinnert sich zumindest Frank Weber.

Als Kurator des Werderaner Kunstgeschosses lernte Weber den Maler Ihle vor gut elf Jahren kennen. Für eine seiner ersten Ausstellungen, die sogenannte „Bestandsaufnahme“, bat Frank Weber den Künstler um ein Bild – und bekam prompt eine Absage. „Zwei Wochen später meldete er sich nochmal und fragte, ob er jetzt doch noch ein Bild beisteuern dürfe.“ Auch wenn es durchaus unüblich gewesen sei, so spät noch in die Ausstellung einzusteigen, sei ihm der Künstler dadurch sympathisch geworden, sagt der Kurator: „Ich dachte mir, das ist einer, der sehr überlegt an die Dinge herangeht.“

Enge Freundschaft mit Ihle entwickelt

In den folgenden Jahren habe sich dann eine enge Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, sagt Kurator Weber. Sie schlossen sich mit drei Künstlerinnen zu der Gruppe „Werderaner Galgenvögel“ zusammen und stellten ihre Werke gemeinsam aus. In den vergangenen Jahren habe er beinahe täglich mit dem Künstlerkollegen telefoniert, sagt Weber. „Wenn einer von uns mit einem Bild nicht weiterkam, halfen wir uns gegenseitig mit Ratschlägen.“ Das sei ein großer Vertrauensbeweis gewesen. Auch Heiligabend habe Ihle seit ein paar Jahren immer bei Weber und seiner Lebensgefährtin verbracht. „Dann haben wir zusammen Specksalat mit Würstchen gegessen, wie er das aus seiner Kindheit im Erzgebirge kannte.“

Fünf Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der Künstler im sächsischen Dörfchen Weißbach geboren. Die Gegend galt damals als Armenhaus Deutschlands, und insbesondere während des Kriegs mangelte es an allem. Dass er einmal mit etwas so Unpraktischem wie Kunst eine fünfköpfige Familie ernähren würde, hätte sich in jener Zeit sicher niemand aus Günter Ihles Umfeld vorstellen können – er stammte aus einer Arbeiterfamilie. Im Vorwort eines Ausstellungskatalogs schilderte Ihle allerdings, wie es ihn schon damals in diese Richtung gezogen habe: Von einer nahegelegenen Kartonage-Fabrik habe er sich als kleiner Junge Holzpappe besorgt, sich in Blechnäpfen selbst Farben hergestellt und damit erste Malexperimente gewagt. Nachdem sein Vater mit Kriegsbeginn an die Front ging, musste Ihles Mutter ihn und seine Schwester allein durchbringen.

Ihle arbeitete nach dem Studium bei Siemens

Als die Mauer gebaut wurde, war Ihle Student an der Universität der Künste und blieb fortan in West-Berlin. Nach dem Studium fing er als Grafiker in der Werbeabteilung bei Siemens an. Ab Anfang der 1960er-Jahre war er freischaffender Künstler und nahm in den folgenden Jahren seine ersten Auftragsarbeiten zu Kunst-am-Bau-Projekten an. Zudem unterrichtete er an der Akademie für Werkkunst. Er heiratete, seine Frau Rosemarie und er bekamen drei Kinder. Seine knapp bemessene Freizeit nutzte Günter Ihle schon damals für freie Kunst mit expressionistischer Note. Auf Streifzügen durch Berlin hielt er kleine Beobachtungen, alte Häuser, Brücken oder Bäume in Aquarell und Öl fest. Im Vergleich zu seinen späteren Arbeiten waren die früheren Werke allerdings sehr kleinteilig.

Der Umzug nach Werder 1996 sei für Ihle auch eine Rückkehr in seine Heimat Ostdeutschland gewesen, sagt Frank Weber. Die märkische Landschaft und die Stadt Werder hätten dankbare Motive für die freie Malerei abgegeben, zu der er sich nun vollends hinwandte. Günter Ihle ging immer mit einem Skizzenblock aus dem Haus und vervollständigte das gesammelte Material im Atelier mit Öl und Acryl. In den Flächen der Landschaft konnte er die klaren Spektralfarben einsetzen, mit denen er am liebsten malte. Jene Farben, die auch nach seinem Tod noch Wärme in die Werderaner Wohnzimmer bringen, in denen seine Werke hängen.

Die Trauerfeier findet statt am Samstag, dem 21. Dezember um 11 Uhr in der Evangelischen Heilig-Geist-Kirche auf der Insel, Kirchstraße 9

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