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Potsdam-Mittelmark: Wohnen in der „Republik der Tiere“

Das Beelitzer Pfötchenhotel steht zum Verkauf. Es gibt Interessenten aus Berlin für alternative Wohnprojekte. Der Kaufpreis fließt vielleicht von selbst zurück

Beelitz - Der Standort des Pfötchenhotels war gut gewählt. Abgelegen im Beelitzer Sander hat das Hundegebell niemanden gestört, Spiel- und Auslaufflächen gab es reichlich in der „Republik der Tiere“. Genutzt hat es nichts. Nach der Schließung der Luxus-Vierbeiner-Herberge wird für die Anlage – als Funkempfangsstation erbaut in den 1920er-Jahren – ein Käufer gesucht. Es gebe eine Reihe von Interessenten, Berliner können sich alternative Wohnprojekte vorstellen, sagt Wolfgang Goergens. Für die kommenden Tage hat er ein ganzes Dutzend Besichtigungstermine anberaumt. „Hier kann ein ganzes Dorf genutzt werden, nahe an Berlin, aber wunderschön ruhig und grün gelegen.“

Das Problem ist das Geld, Goergens kennt das schon. Vor zwölf Jahren wollte er den Berliner Markt erobern, für deftige Preise gab es zwingerfreie und tiergerechte Urlaubsbespielung in ländlicher Idylle. Was für seine Pfötchenhotels bei Düsseldorf und Hamburg bis heute funktioniert, ging für die Bundeshauptstadt daneben. Der Verkauf soll dafür sorgen, dass die Investoren, darunter der bekannte Essener Mäzen Reinhard Wiesemann, „mit einem blauen Auge“ davonkommen, wie es Goergens formuliert. Wenigstens ein Teil der 4,5 Millionen Euro Investitionen soll eingespielt werden.

Für zwei bis drei Millionen Euro soll die Anlage, die „tadellos in Schuss“ sei, den Besitzer wechseln. Der Preis sei davon abhängig, ob auch die Wald- und Ackerflächen miterworben werden, die zur 850 000 Quadratmeter großen Liegenschaft gehören, sagt der 54-Jährige. Der Kaufpreis sei der Haken für viele der Berliner Interessenten, die über ein Kulturdorf oder ähnliches nachdenken. Goergens kann sich auch eine Privatklinik, ein Seminarhotel oder eine Flüchtlingsunterkunft vorstellen.

Versuche, das Pfötchenhotel an die Stadt Potsdam zu übertragen und als kommunales Tierheim weiter zu betreiben, waren gescheitert. Goergens bedauert es, „das wäre natürlich ideal gewesen“. Der Potsdamer Tierschutzverein baut bekanntlich seine neue Herberge auf dem Sago-Gelände bei Wilhelmshorst.

Der Kaufpreis sei für alle Interessenten eine große Hürde, sagt Goergens. Immerhin bestehe möglicherweise die Chance, das Geld durch Windräder wieder einzuspielen. Im neuen Regionalplan ist hier ein großes Windeignungsgebiet eingetragen, ein Windpark mit fast 40 Windrädern könnte gebaut werden. Vier davon stünden auf dem Areal, das könnte ein Nutzungsentgelt von jährlich 150 000 Euro einspielen, mindestens 20 Jahre lang. Der Vertrag ist laut Goergens unterschrieben.

Allerdings gibt es Widerstände gegen das Windeignungsgebiet an dieser Stelle, der Regionalplan ist noch nicht rechtskräftig, ein Lotteriespiel also. Für den Fall, dass solvente Käufer keine Windräder wollen, könnten sie den Vertrag auch rückabwickeln, versichert Goergens.

Die fast 5000 Quadratmeter Gebäudenutzfläche sollte mal dafür sorgen, dass sich kein Vierbeiner beengt fühlt. Sie könnten auch Zweibeinern gefallen, meint er. Die Liegenschaft hält Überraschungen bereit, ist denkmalgeschützt und war im Kern eine der letzten Planungen des Berliner Architekten Hermann Muthesius (1861-1927), einem Vorreiter der Landhausbewegung. Er baute etwa 100 Gebäude, zahllose heute denkmalgeschützte Villen und Geschäftshäuser in Berlin, und war auch als Architekturtheoretiker bekannt. Für die Funkempfangsstation der Post entwarf er einen mehrflügeligen roten Klinkerbau mit Walmdach, der bis heute nobel und einladend wirkt.

In der DDR-Zeit blieb die Anlage als Funkstation in Betrieb – unter anderem empfing man hier die Funksignale des ersten Satelliten „Sputnik“. Um 1960 fand eine Erweiterung statt, die ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt wurde. Nach der Wende wurde das Ensemble zeitweise als Schulungszentrum der Telekom genutzt, bevor vor zwölf Jahren das Pfötchenhotel-Konzept nach Berlin gebracht werden sollte.

Die Anlage wurde rekonstruiert und ausgebaut. Übrig geblieben sind Ausstattungsmerkmale, die nun für menschliche Bewohner interessant werden sollen. Turnhallen, Seminar- und Praxisräume, Wäscherei, Friseur und Physiotherapiepraxis, ein Hallenschwimmbad mit Wasserspeier, 200 Quadratmeter groß, und ein künstlicher Badesee im Freien, ein Sportparcours mit 40 Stationen – alles für Vierbeiner. Hinzu kommen die früheren Pensionszimmer, die laut Goergens als Büros, Hotel- oder Klinikräume nutzbar sind. Ein kleines Menschenhotel gab es auch.

„Das Gelände bietet zahlreiche Möglichkeiten“, meint auch der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth. „Natürlich würde ich mir dort eine Nutzung wünschen, die gut zu unserer Stadt passt.“ Der Gedanke an eine touristische Entwicklung liege nahe. Eine Berliner Künstlerkommune passt da womöglich gerade noch ins Bild.

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