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Kommen sie näher? Wölfe vom Truppenübungsplatz Lehnin/Brück sorgen für Angst bei Beelitzer Bauern.

© J. Stratenschulte/dpa

Wölfe in Potsdam-Mittelmark: Zwei Kälber bei Beelitz gerissen

Eine Mutterkuhherde wurde unweit von Beelitz angegriffen, wahrscheinlich von Wölfen. Die Weide ist nicht einmal zwei Kilometer vom Beelitzer Stadtkern entfernt.

Von Enrico Bellin

Beelitz - Jürgen Frenzel hat Angst um seine Kälber. 24 Jahre lang haben seine Tiere auf den Weiden rund um Beelitz unbehelligt grasen können, doch in diesem Monat wurden gleich zwei Kälbchen gerissen, wahrscheinlich von Wölfen. „Vom letzten Kalb, das etwa 40 Kilogramm wog, haben sie nur den Kopf und die Vorderläufe übrig gelassen“, sagte Frenzel den PNN. In der Nacht des 24. März sei das Tier gerissen worden. Vorher hatte Frenzel bereits in der Nacht des 11. März ein Kalb verloren.

Frenzel vermutet, dass mehrere Wölfe am Werk waren. Die Kälber seien förmlich zerrissen worden. Zudem sei schwer vorstellbar, dass ein einzelnes Tier in einer Nacht solche Mengen Fleisch fresse. „Ich habe die Kreisverwaltung informiert, die daraufhin bereits den ersten Kadaver auf Fraßspuren untersuchen ließ.“ Ergebnis: Die Tiere seien von einem Karnivoren gerissen worden, einem Wolf oder einem großen Hund. „Ich kann nicht verstehen, dass nicht genauer untersucht wird“, so Frenzel. Schließlich seien am Kadaver sicher Haare oder Speichelspuren des Angreifers, sodass man eindeutig hätte klären können, ob es sich dabei um Wölfe vom Rudel des benachbarten Truppenübungsplatzes Lehnin/Brück handelt. Dass diese inzwischen versuchen, über die Autobahn 9 in Richtung Beelitz zu wandern, ist belegt: Erst am 22. März wurde wie berichtet ein Wolf überfahren, als er die Autobahn zwischen den Abfahrten Beelitz und Beelitz-Heilstätten überqueren wollte.

Wölfe verlieren immer mehr ihre Scheu vor dem Menschen

Besonders erschreckend: Die Weide, auf der die 80 Mutterkühe mit ihren Kälbchen stehen, ist nicht einmal zwei Kilometer vom Beelitzer Stadtkern entfernt. Den Beobachtungen von Jürgen Frenzel zufolge verlieren die Wölfe immer mehr ihre natürliche Scheu vor dem Menschen. „Jeder unserer Mitarbeiter hat es inzwischen schon erlebt, dass Wölfe am helllichten Tag auf den Feldern hinter einem Traktor mit Pflug hinterherlaufen.“

Georg Baumann, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Brandenburg, bestätigt die Beobachtungen von Jürgen Frenzel. „Der Wolf schert sich nicht um Expertenmeinungen wie die angebliche Scheu vor dem Menschen.“ Landesweit würden alle, die mit Wölfen beruflich zu tun haben, noch Erfahrungen sammeln. „Noch vor wenigen Jahren wurde behauptet, dass Wölfe keine Mutterkuhherden angreifen. Das Gegenteil ist jetzt mehrfach bewiesen.“ Problematisch dabei: Die Herden effektiv zu schützen sei kaum möglich, da die Weiden sehr weitläufig sind und lange Zäune nötig wären. In nächster Zeit werde man in Brandenburg nicht um die Frage herumkommen, wie viele Wölfe für das Land verträglich sind. „Eine grenzenlose Ausbreitung ist mit dem Leben auf dem Land nicht vereinbar“, so Baumann.

Schutz für die Mutterkühe

Landwirt Jürgen Frenzel überlege nun, ob er seine Herde eventuell durch speziell ausgebildete Hunde schützen lässt. Die Mutterkühe bekämen in den kommenden Wochen noch mehrere Kälber, sodass die Wiederholungsgefahr recht groß sei. Immerhin sei ihm nach einem Spießrutenlauf durch die Ämter nun mündlich eine Entschädigung in Höhe des Marktwertes für die beiden Kälber durch das Landesumweltamt zugesichert worden, insgesamt rund 1500 Euro. 

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