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Ungeliebter Rückkehrer. Vor allem Bauern sehen die Verbreitung der Wölfe in Deutschland mit Sorge. Laut Landesbauernverband Brandenburg ist die Zahl der Angriffe auf Nutztiere landesweit von 2015 zu diesem Jahr von 97 auf bislang 174 gestiegen.

© David Ebener/dpa

Wölfe in Brandenburg: Wolfsrudel im Naturpark Nuthe-Nieplitz vermutet

Erdbau gefunden und vier Welpen in der Fotofalle: Offenbar hat sich im Naturpark Nuthe-Nieplitz an der Grenze zum Landkreis Potsdam-Mittelmark ein Wolfsrudel niedergelassen.

Von Matthias Matern

Beelitz/Potsdam - Erste Spuren und Fotoaufnahmen lassen kaum einen Zweifel, nun sollen genetische Untersuchungen Klarheit bringen. An der Grenze zum Landkreis Potsdam-Mittelmark im Naturpark Nuthe-Nieplitz hat sich offenbar ein neues Wolfsrudel angesiedelt. „Fakt ist, es gab dort Nachwuchs. Wir haben Bilder von vier Welpen mit einer Fotofalle machen können“, bestätigte Andreas Hagenguth, ehrenamtlicher Wolfsbeauftragter des Landes Brandenburg, am Mittwoch auf PNN-Nachfrage. Die Aufnahmen seien aus diesem Jahr. Zudem sei auch ein Erdbau entdeckt worden, so der Wolfsexperte. „Wir haben bereits einen Zwischenbericht an das Landesumweltamt geschickt. Nun geht es darum, Lösungen oder Haare für eine genetische Untersuchung zu finden.“

Experte hält Wolfsrudel im Naturpark Nuthe-Nieplitz für wahrscheinlich

Der Naturpark liegt etwa zu gleichen Teilen in den Landkreis Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming. Bekannt ist bislang in Potsdam-Mittelmark ein existierendes Rudel auf dem Areal des Truppenübungsplatzes Lehnin/Brück. Auch im nahen Görzke sowie in Jüterbog (Teltow-Fläming) sind ansässige Wolfsfamilien nachgewiesen. Im Raum des Naturparks Nuthe-Nieplitz gab es bislang nur einzelne Sichtungen. Für Andreas Hagenguth allerdings sind die vorliegenden Beweise ziemlich deutlich. „Es sieht nach einem neuen Rudel aus.“ Möglich sei zwar, dass es sich um abgewanderte Tiere aus dem Jüterboger Rudel handelt, doch dies halte er für eher unwahrscheinlich, so der Wolfsfachmann.

Unterdessen sorgt die Verbreitung der einst in Deutschland ausgerotteten Raubtiere weiter für Diskussionen. Am Mittwoch trafen sich in Potsdam Vertreter von Nutztierhalter- und Jagdverbänden sowie Naturschützer und Experten der Landesbehörden zum dritten sogenannten Wolfsplenum. Vorgestellt wurde unter anderem der überarbeitete neue Wolfsmanagementplan des Landes. Er wird von fünf Säulen getragen: Monitoring, Öffentlichkeitsarbeit, Schadensprävention, Schadensausgleich und Zugriffsmaßnahmen. Den vermehrten Übergriffen von Wölfen sowohl auf Rinder, Schafe als auch auf Wild soll demnach künftig durch ein „erweitertes Wolfs- und Herdenschutzmanagement in Brandenburg“ Rechnung getragen werden. Über den Sieben-Punkte-Plan informierte gestern Agrar- und Umweltstaatssekretärin Carolin Schilde.

Mehr Geld zum Schutz der Herden

Wichtigste Neuerung ist Schilde zufolge die Einstellung von zwei Wolfs- und Herdenschutzbeauftragten. Sie sollen der Naturschutzabteilung im Umweltministerium zugeordnet sein und die Beratung zur Prävention und Schadensausgleich verbessern. Zudem sollen die finanziellen Mittel zum Schadensausgleich bei Rissen von Nutztieren aufgestockt werden. Auch solle es mehr Geld geben, damit Vorsorge zum Schutz der Herden getroffen werden könne, kündigte Carolin Schild an.

Außerdem will das Land offensichtlich den Landwirten und Jägern bei ihrer Forderung nach einer Bestandsregulierung durch Bejagung entgegenkommen. Dabei setzt das Land auf eine Einsicht in Brüssel. „Die EU soll uns dabei unterstützen, dass Arten, die ihren günstigen Erhaltungszustand erreicht beziehungsweise überschritten haben und Schäden verursachen, die nicht mehr zu akzeptieren und zu finanzieren sind, vom höchsten Schutzstatus in einen geringeren Schutzstatus eingeordnet werden können“, erklärte Schilde. Brandenburg selbst will der Staatssekretärin zufolge die Erteilung von Ausnahmeregelungen zur Regulierung des Bestands nach Naturschutzrecht auf Praxistauglichkeit überprüfen. Schließlich soll noch ein Wolfsinformations- und Herdenschutzzentrum eingerichtet werden. Es wird seinen Sitz im Wildpark Groß Schönebeck (Barnim) haben.

Über 170 Wolfsangriffe in Brandenburg in diesem Jahr

Ob die Maßnahmen die Gemüter zufriedenstellen werden, ist aber fraglich. So ist für Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg und selbst Mutterkuhhalter aus der Prignitz, Prävention keine Lösung. „Präventivmaßnahmen bieten keinen Schutz, denn zum einen ist das wie ein Wettrüsten, wobei meine eigene Wolfsabwehr nur so gut ist wie die meines Nachbarn. Zum anderen sind die Wölfe viel zu intelligent, irgendwann ist auch ein Hütehund kein Problem mehr für sie.“ Unklar sei bisher auch, wann ein Wolf ein „Problemwolf“ sei. „Darum fordern wir vom Bauernverband klare Regelungen für die Wolfentnahme.“

Insofern dürften die neuesten Erkenntnisse aus dem Naturpark Nuthe-Nieplitz Wasser auf die Mühlen der Kritiker sein. Denn auch dort seien bereits Wolfsrisse nachgewiesen worden, so Andreas Hagenguth. Angaben des Landesbauernverbandes Brandenburg zufolge stieg die Zahl der Angriffe landesweit von 2015 zu diesem Jahr von 97 auf bislang 174.

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