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Wildschwein aus dem Ofen: Plötzlich Wildschweinbäcker

Die Märkische Wildschweinbäckerei in Ferch bleibt – zumindest vorerst. Katrin Paulus und ihr Lebensgefährte haben den Betrieb übernommen, suchen aber noch Helfer.

Schwielowsee - Die Geweihe machen sich gut auf der hellrot gestrichenen Wand. In der Wildererstube, dem ersten Gastraum links vom Eingang der Fercher Wildschweinbäckerei in der Beelitzer Straße, hat Katrin Paulus ein paar Kleinigkeiten verändert: Einige Wandbilder kamen weg, ein paar neue Lampen dazu und eine etwas frischere Farbe an eine der Wände. „Wir haben die Dekoration ein bisschen verschlankt“, sagt die neue Inhaberin der Traditionsgaststätte.

Das Restaurant am Waldrand eröffneten Katrin Paulus’ Eltern im Jahr 1992. Vorher wohnten sie in den Räumen, die Wildererstube war damals ihr Wohnzimmer. Nach dem Tod von Vater Jürgen übernahm vor einigen Jahren Sohn Volker, Katrin Paulus' Bruder, die Gaststätte. Wegen einer schweren Krankheit musste Volker Paulus sich jedoch Ende August aus dem Betrieb zurückziehen. Katrin Paulus und ihr Lebensgefährte Klaus Grein hatten nur wenige Wochen Zeit um zu entscheiden, was aus der Gaststätte wird. Für die 50-Jährige keine einfache Aufgabe, denn obwohl sie nur wenige hundert Meter von der Wildschweinbäckerei entfernt wohnt, hatte sie kaum Berührungspunkte mit dem Gastbetrieb. „Ich habe ein paar Mal beim Kellnern ausgeholfen, aber das war auch alles“, sagt Katrin Paulus. Auch für Klaus Grein ist die Gastronomie absolutes Neuland.

Zunächst machten sie sich darum auf die Suche nach einem Pächter. Doch es war lange nichts mehr im Restaurant erneuert worden, ein neuer Inhaber hätte einige Tausend Euro investieren müssen. Jemanden zu finden, der das in Kauf nahm, obwohl ihn bisher nichts mit der Gaststätte verband, erwies sich in der kurzen Zeit als unmöglich. Kurzzeitig stand die Idee ihm Raum, aus der Wildschweinbäckerei ein Fitnessstudio zu machen - Klaus Grein ist gelernter Sporttherapeut, Katrin Paulus steckt in den letzten Zügen einer Ausbildung zur Yogalehrerin. Aber ein solch radikaler Neuanfang schien dann doch nicht recht zu der Institution zu passen, zu der die Wildschweinbäckerei über die Jahrzehnte in der Region geworden ist. Schließlich entschieden beide, ihr Glück als neue Inhaber der Märkischen Wildschweinbäckerei zu versuchen. Paulus reduzierte die Stundenanzahl in ihrem Job bei den Potsdamer Stadtwerken. Grein gab seine Stelle als Sporttherapeut in Beelitz gleich ganz auf. „Nun bin ich Wildschweinbäcker“, sagt der 53-Jährige und lacht.

Rund 20 000 Euro investierten beide in die Renovierung der Räume. Vieles musste ausgetauscht werden: Türen, Spülmaschine und der Herd zum Beispiel. Jede der zig Jagdtrophäen an den Wänden wurde mit einem Spezialpinsel vom Staub befreit und neues Besteck für die Küche angeschafft. Dann ging es ans Kulinarische: Eine ehemalige Köchin des Restaurants begann, Klaus Grein Unterricht im Wildschweinbacken zu geben. Auf dem Gelände rund um die Gaststätte stehen mehrere Lehmöfen, den ersten hat Katrin Paulus' Vater noch selbst gebaut. Angeheizt werden sie mit Buchenholz. „Das brennt am besten und sorgt für das richtige Aroma“, hat Klaus Grein gelernt. Wenn das Holz glüht, wird das Wildschwein, das zuvor 24 Stunden in einem gewürzten Rotweinsud gelegen hat, in einer Pfanne in den Ofen geschoben. Je nach Größe muss es zweieinhalb bis fünf Stunden backen. Katrin Paulus erinnert sich, was ihr Vater immer sagte: „Du hörst am Summen des Ofens, ob du es richtig gemacht hast.“

Köchin Marion musste ihren Beruf ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen aufgeben – die schlechte Nachricht kam kurz nachdem Paulus und Grein begonnen hatten, die Gaststätte zu renovieren. Somit musste neben dem Umbau auch noch die Einstellung eines neuen Kochs organisiert werden. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Suche so schwierig werden würde“, sagt Katrin Paulus. Erst vor wenigen Tagen sagte ein Kandidat endlich zu, die Stelle übernehmen zu wollen. Der neue Koch hat bereits die Speisekarte überarbeitet. Die bewährten Wildgerichte ergänzt er auch mal durch eine Portion Rosenkohl-Backpflaumengemüse oder karamellisierten Ziegenkäse. Und auch ein paar vegetarische Gerichte soll es in der Wildschweinbäckerei in Zukunft geben. „Ich hoffe natürlich, dass die neue Karte auch bei den langjährigen Stammkunden ankommt“, sagt Katrin Paulus.

Am heutigen Samstag ist die Wildschweinbäckerei zur offiziellen Neueröffnung nach dem Umbau bereits komplett ausgebucht. Wildschweinrollbraten mit Klößen und Sauerkraut gibt es etwa für 15,20 Euro. Wie viele Stammkunden kommen werden, weiß Katrin Paulus nicht. Viele haben über das elektronische Buchungssystem im Internet reserviert - eine Neuerung, die ebenfalls von Katrin Paulus stammt. Auch an den Weihnachtsfeiertagen sind bereits alle Tische reserviert.

Zunächst wird das Restaurant nur freitags bis sonntags jeweils von 12 bis 22 Uhr geöffnet sein. Anders ist es zeitlich für die neuen Betreiber nicht zu schaffen. Derzeit suchen die beiden noch nach Personal, das sie langfristig entlasten könnte. „Auch da gestaltet sich die Suche alles andere als einfach“, sagt Katrin Paulus. Offenbar schrecke viele Bewerber die schlechte Verkehrsanbindung ab. Sollte sich in den kommenden Monaten niemand finden, müssten sie beide noch einmal überlegen, ob der Betrieb der Wildschweinbäckerei tatsächlich machbar sei, sagt Paulus. Aber erst einmal freuen sich beide auf die ersten Gäste in den frisch renovierten Räumen.

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