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Wetterdienst in Stahnsdorf: Heute wissen, wo es morgen schneit

Zum Jahreswechsel hat sich der Potsdamer Wetterdienst in Stahnsdorf niedergelassen. Ein Besuch.

Stahnsdorf – Unter dem sich langsam hebenden Balken der Pförtnerschranke schiebt sich das Auto auf das verschneite Kasernengelände. Rechts hinter der Kurve steht Thomas Endrulat vor dem Eingang zu einem der in geraden Linien angeordneten Bauten des nach der Wende geschaffenen Bürostandorts.

„Das Spektakuläre ist das Unspektakuläre“, erklärt er, bevor der Chefmeteorologe der Potsdamer Regionalstelle des Deutschen Wetterdienstes die Tür zu seinem Büro öffnet. Von der Mitte des Raumes erstreckt sich längs ein Schreibtisch bis zum Fenster. Ein paar Unterlagen, zwei eng aneinandergeschmiegte Monitore, ihnen gegenüber ein Rednerpult, auf dem ein Laptop steht. Mehr braucht der 55-Jährige nicht.

Erst vor wenigen Wochen haben Endrulat und seine Mitarbeiter ihre neuen Büros auf dem rund 52 000 Quadratmeter großen Areal am Güterfelder Damm in Stahnsdorf bezogen. Während in der Michendorfer Chaussee in Potsdam die in die Jahre gekommenen DDR-Bauten des früheren Meteorologischen Dienstes abgerissen werden und ein Neubau für die rund 170 Mitarbeiter des Potsdamer Wetterdienstes entsteht, werden Endrulat und Kollegen aktuelle Vorhersagen aus der kleinen Umlandgemeinde in die Welt senden. Mindestens drei, vielleicht auch vier bis fünf Jahre werden die Mitarbeiter hier bleiben, glaubt der Niederlassungsleiter.

„Eigentlich ist der Standort egal“, sagt er. Denn eine Wetterstation, wie man sie vom Potsdamer Telegrafenberg her kennt, gibt es hier nicht. In den Büros dominieren Computer und Monitore das Bild. Hier werden die Daten, die in der Zentrale in Offenbach erfasst werden, regional verarbeitet. Auch Ulrike Maiwald sitzt vor einem Pulk an Monitoren, die im Halbkreis vor ihr aufgebaut sind, ihr gegenüber hängen zwei weitere noch größere Monitore an der Wand. Millionen Daten, mehrheitlich geliefert über Satelliten und Bodenwetterstationen, rasen täglich durch das Netz. Mehr als 90 Prozent fallen durch den Rost, werden wegen qualitativer Mängel nicht genutzt, so Endrulat. Nur ein Teil wird dauerhaft in verschiedenen Datenbanken gesichert. Ein Problem: Zunehmend werden auch die Wetterstationen in den Orten automatisiert, es fehlt der Mensch und damit die Feinheit der Beobachtung, sagt Endrulat. Der Automat wisse etwa nicht, ob es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gerade noch regnet oder schon schneit.

Thomas Endrulat fährt mit dem Mauszeiger über den Bildschirm, auf dem sich eine schwarze Karte mit vielen weißen Punkten aufbaut. Auf das Niederschlagsnetz habe sich der Deutsche Wetterdienst spezialisiert, erklärt er. Die Punkte geben die Wetterstationen an, die zum Mittelgebirge hin zunehmen. Alle 1000 Meter eine Wetterstation, das sei der Idealzustand. Die Niederschlagsdaten sind wichtig für den internationalen Austausch. Durch sie und viele weitere weltweit gelieferte Daten ziehen die Prognosen ihre Genauigkeit. Zehn globale Berechnungsmodelle gäbe es, die sich der Wetterdienst zunutze mache. Das Ergebnis der Wettervorhersage beruhe auf mehr als 50 auf Grundlage dieser Modelle erstellten Berechnungen. „Das ist der Zeitgeist der Wissenschaft“, sagt Endrulat. Man betrachte nicht ein Modell, sondern alle gemeinsam. So ließe sich das Wetter heute 14 Tage im Voraus ziemlich genau vorhersagen.

Thomas Endrulat öffnet eine weitere Seite, auf der sich ein blauer Farbklecks quer über den Rand zieht. „Ein Regenband, das vom Westen Deutschlands allmählich zu uns herüberzieht“, sagt er. Bei Temperaturen von ein bis zwei Grad Plus werde der anfängliche Schnee heute im Laufe des Tages in Regen übergehen. „Pampe wird das.“ Gerade für die Straßenmeisterei und den Winterdienst seien die Daten des Wetterdienstes derzeit wertvoll. „Wir können frühzeitig erkennen, wann die Wetterlage kippt und der Streudienst weiß, wann wieder Salz zu bestellen oder wie das Personal zu planen ist“, erklärt Endrulat. Durch die frei verfügbaren Daten im Internet kenne der Wetterdienst heute aber nur noch einen Teil seiner Kunden. Neben Straßenmeistereien beliefere er die Leitstellen der Feuerwehr mit speziell zugeschnittenen Daten. Selbst die Medien bedienen sich mittlerweile externer Dienstleister oder ziehen sich die Informationen selbst aus dem Netz.

Doch die Ansprüche werden weiter wachsen, glaubt er. Schon heute sei es selbstverständlich, am Montag zu wissen, wie am Wochenende das Wetter wird. Genauso werden wir in Zukunft wissen wollen, ob das Gewitter heute Abend meinen eigenen Garten trifft. Daraus ergeben sich neue Fragen, nämlich wie viel es regnen wird, meint Endrulat. Freizeit sei heute teuer und werde gut geplant. Auch Veranstalter richten sich an den Wetterdienst, um zu wissen, wie groß das Risiko etwa bei Sturm oder Unwetterwarnungen ist. Alles kann aber auch der Wetterdienst nicht leisten. „Wir sind Berater, keine Entscheider“, stellt der Stahnsdorfer Niederlassungsleiter klar.

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