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Potsdam-Mittelmark: Wertvolle Zugaben

In der Ausstellung „ Land und Leute“ illustrieren auch Stahnsdorfer, Kleinmachnower und Teltower Exponate die Geschichte der Mark

In der Ausstellung „ Land und Leute“ illustrieren auch Stahnsdorfer, Kleinmachnower und Teltower Exponate die Geschichte der Mark Potsdam. Die Geschichte Brandenburg-Preußens nährt sich auch mit Zugaben aus Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow. Die aufwändig gestaltete „Land und Leute“-Ausstellung im Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam birgt zahlreiche Exponate aus der Region, die einzelne Abschnitte der Geschichte illustrieren. Als Rarität beschreibt eine Kanzeluhr aus der Kleinmachnower Dorfkirche die Zeitwende im 16. und 17. Jahrhundert. Die Im Zug der Reformation eingeführte Kirchenordnung legten die Länge einer Predigt auf eine Stunde fest. Viergläsrige Sanduhren ermöglichten es, den Verlauf einer Stunde in Viertelstundeneinteilung zu beobachten. Das erste Glas lief eine Viertelstunde, das vierte Glas eine volle Stunde. Gefertigt wurde die Uhr im Jahr 1711. „Sie ist noch immer funktionsfähig“ weiß Kleinmachnows Pfarrer Langhein. Bis zur Anfrage der Potsdamer Ausstellungsmacher nach vorzeigbaren Stücken wurde die Kanzeluhr gut verschlossen in der Dorfkirche aufbewahrt. „Doch zu besonderen Anlässen und Gottesdiensten wollen wir sie künftig auf die Kanzel stellen“, so Langhein gegenüber den PNN. Vom „Leben auf dem Lande“ erzählt das Teltower Rübchen. Heute eine seltene Delikatesse, war das Teltower Rübchen bis zur Verbreitung der Kartoffel das „wichtigste und bis zum Winter haltbares Gemüse“, erinnert die Ausstellung. Besonders Anfang des 18. Jahrhunderts war die wasserarme und zuckerreiche Speiserübe berühmt. Der lehmhaltige Teltower Boden gab ihr den aromatischen, märkischen Erdgeschmack. Dass Deutschlands Dichterfürst Goethe Liebhaber des Teltower Rübchens war, ist weitgehend bekannt. Aber, so die Lektion im Kutschstall, auch der Zar und Papst Pius IX. mochten den Gemüsezwerg. Das Gut Kleinmachnow dient der lehrreichen Ausstellung als Modell für ein „Symbol adliger Herrschaft auf dem Land“. Kleinmachnow war seit dem 15. Jahrhundert bis 1945 Sitz der Familie von Hake. Das Modell zeigt, was am Originalplatz nicht mehr zu sehen ist: das von David Gilly gebaute Schloss, Nebengebäude, Scheunen und einen Taubenschlag auf der Mitte des Hofes sowie die Alte Hakeburg. Um deren Wiederaufbau durch Spendengeld bemüht sich ein Förderverein, der im Vorjahr das noch vorhandene Kellergewölbe der Burg freilegen ließ. Mit „Reform und Nation“ ist die Zeit von 1790 bis 1860 überschrieben. Der Krieg gegen Frankreich ist prägendes Kapitel dieser Epoche. Zugleich entstand ein neues nationales Bewusstsein: Die „vaterländische“ Architektur und die heimatliche Landschaft wurden entdeckt. Gusseisen und Granit wurden zu „vaterländischen“ Material, Ziegel zu „Preußens neuem Marmor“. Eine Granitschale aus dem 19. Jahrhundert des Steinmetzatelliers Melior und Partner aus Stahnsdorf dokumentiert diesen Wandel. Als 1832 die große Granitschale vor dem Alten Museum in Berlin gefertigt wurde, war dies der Auslöser der Granit-Mode. Melior und Partner sind heute gefragte Fachkräfte bei der Restaurierung historischer Bauten in Berlin und Potsdam. Für das „Tempo der Provinz“ steht der „Kleine Grade“. Das in den 1920er Jahren in den Automobilwerken in Bork gebaute Gefährt steht für das 16 PS starke „Sinnbild der Moderne“ nach dem Ersten Weltkrieg. Heute ist es ein Stück mit musealen Wert, das Peter Ernst aus seiner Güterfelder Garage als private Leihgabe ins Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte gegeben hat. Erst die Recherchen des Heimatvereins in der jüngeren Zeit deckten das düstere Kapitel der Zwangs- und Fremdarbeit während des Zweiten Weltkrieges in Kleinmachnow auf. Inzwischen ist das Areal der einstigen Dreilinden Maschinenbau GmbH am Stahnsdorfer Damm auch archäologisch untersucht worden. Fundstücke, die das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Museum Wünsdorf zur Verfügung gestellt haben, erzählen ein Stück Lagergeschichte: ein Läusekamm, Feldgeschirr und ein Löffel mit eingekratzter Häftlingsnummer. Auch die Nachkriegszeit wird durch ein Zeugnis aus Teltow illustriert. Aufnahmen des Pressefotografen Herbert Hensky zeigen Dachziegel für eine Neubauernsiedlung, wie sie auch in Kleinmachnow und Stahnsdorf entstanden. Die Fotos, die im Besitz des Bildarchivs Preußischer Kulturbesitz Berlin sind, wurden 1948 im Kreis Teltow gemacht. Peter Könnicke

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