zum Hauptinhalt
Mit Musik gegen rassistisches Gedankengut. Simone Holzwarth, Sybille Franz, Gabor Kurucz und Dieter Dörflinger freuen sich darauf, am Montagabend viele weltoffene Werderaner in der Heilig-Geist-Kirche zu begrüßen.

© Sebastian Gabsch

Werder: Werder rockt gegen Rechts

Die Heilig-Kreuz-Kirchengemeinde und die Freie Waldorfschule organisieren ein Konzert gegen Rassismus

Werder (Havel) - „Artikel Eins: Die Würde des Menschen ist unantastbar“ steht in bunten Buchstaben auf Gabor Kuruczs T-Shirt. Was seit Jahrzehnten im deutschen Grundgesetz steht, braucht in Zeiten, in denen die AfD als drittstärkste Kraft in den Bundestag einzieht, wieder mehr Aufmerksamkeit, findet der 31-jährige ehemalige Schüler der Freien Waldorfschule Werder (Havel). Mit seiner Band „Kellerband“ will er am Montagabend auf der Bühne der Heilig-Geist-Gemeinde ein Zeichen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit setzen. Acht weitere Musikgruppen sind ebenfalls dabei, darunter die Folkrockband Luxuria, das Ethnofolk-Duo Vilahama und die Akustikband Scheinton.

Die Idee zu dem Konzert, das ab 15 Uhr mit einem Kinderchor beginnt und bis nach 22 Uhr andauern soll, hatten Georg Thimme, Pfarrer der Heilig-Geist-Gemeinde, und Dieter Dörflinger, Geschäftsführer der Freien Waldorfschule, schon vor mehr als einem Jahr. „Wir beide kennen uns gut – einige unserer Schüler sind in Musikgruppen der Kirche aktiv und der Sohn des Pfarrers geht auf unsere Schule“, erklärt Dörflinger. Im Mai, als eine Gruppe aus Hörenden und Gehörlosen das Musical „Linie 1“ in der Heilig-Geist-Kirche aufführte, wurde der Plan endlich konkreter. Gabor Kurusz, der selbst im Musical mitsang, fragte bei befreundeten Bands an, ob sie Interesse hätten, beim Konzert gegen Rassismus aufzutreten. Schnell kamen eine Handvoll Zusagen zusammen.

„Vielfalt ist aus unserer Sicht keine Bedrohung, sondern eine Chance“

„Vielfalt ist aus unserer Sicht keine Bedrohung, sondern eine Chance“, erklärt Sybille Franz, Begleitsängerin der Band Luxuria, die Gründe für die Teilnahme der Band. Geld bekommen die Musiker für ihren Auftritt nicht, Spenden sind nach den Auftritten allerdings erwünscht. Toni Deutsch, der Frontmann der Band, ging früher ebenso wie Gabor Kurusz auf die Freie Waldorfschule. Er hielt den Kontakt zu seinen ehemaligen Lehrern und fragte irgendwann, ob die Band den Schulkeller nicht als Probenraum nutzen könne – dafür eigne sich das Gemäuer nämlich optimal. Obwohl einige Bandmitglieder inzwischen längst nicht mehr in der Region wohnen, kämen sie durch die Proben nun also regelmäßig in Werder zusammen, sagt Sybille Franz.

Das Konzert ist für die Freie Waldorfschule Werder auch ein Schritt in Richtung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. In Werder trägt bereits die Carl-von-Ossietzky-Schule den Titel. Das bundesweite Programm gibt es seit 1995. Mindestens 70 Prozent der Lehrer und Schüler einer Schule müssen sich für den Titel verpflichten, sich aktiv gegen jede Art von Diskriminierung einzusetzen. Außerdem muss die Schule ihr Engagement gegen Ausgrenzung durch Projekte und Initiativen zeigen.

15,6 Prozent der Werderaner haben bei der Bundestagswahl für die AfD gestimmt 

Für Dieter Dörflinger ist das Konzert aber auch mit einem persönlichen Anliegen verbunden: „In den letzten Jahren gibt es gerade in Ostdeutschland immer mehr dunkles Gedankengut“, sagt er. „Wir wollen mit dem Konzert zeigen, dass es eben auch noch viele Menschen hier gibt, die ganz anders ticken.“ Auch, um erste Eindrücke zu revidieren wie den, den Simone Holzwarth bekam, kurz nachdem sie vor eineinhalb Jahren nach Werder gezogen war. „Eins unserer ersten Erlebnisse in der neuen Stadt war, dass der Aufmarsch der Neonazigruppe Dritter Weg durch die Straßen zog“, erinnert sich Holzwarth, die in der Öffentlichkeitsarbeit der Freien Waldorfschule tätig ist und beim Konzert als Co-Moderatorin auftreten wird. Heute wisse sie zwar, dass der Aufmarsch eine absolute Ausnahme gewesen sei, sagt Holzwarth. Aber dass 15,6 Prozent der Werderaner Wähler bei der Bundestagswahl für die AfD stimmten, bereite ihr auch jetzt noch Sorgen.

Bei dem Konzert sollen zwischen den Auftritten der Bands auf Initiativen wie das Aktionsbündnis Brandenburg oder das Netzwerk Neue Nachbarn Gelegenheit haben, sich vorzustellen. Auf der Bühne und an Infoständen wollen Vertreter der Bündnisse über ihre Arbeit erzählen und Anregung geben, wie sich die Konzertgäste gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft positionieren können. Auch das Aktionsbündnis „No Compact“ wird zu Gast sein. Das rechtspopulistische Compact-Magazin wird seit 2011 in Werder produziert. Der dazugehörige Verlag veranstaltet jährliche Diskussionstagungen, bei denen für Nationalismus und rassistisches Gedankengut geworben wird.

300 Besucher in Werder erwartet

Zu ihrem ersten Konzert gegen Rassismus rechnen die Organisatoren mit rund 300 Besuchern. Über Spenden hoffen sie, die wenigen Hundert Euro wieder einzunehmen, die sie für Werbeplakate und Flyer aus eigenen Mitteln bezahlt haben. „Und sollte etwas übrig bleiben, setzen wir das gern für ein nächstes Konzert im kommenden Jahr ein“, sagt Dörflinger.

Besonders freut sich Simone Holzwarth, dass Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) zugesagt hat, ein Grußwort zu sprechen. Auf eine erste Einladung, die Holzwarth vor einem halben Jahr abgeschickt habe, sei von der Stadt zunächst keine Reaktion erfolgt. Telefonisch habe es aber dann doch noch geklappt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false