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Einzelobst. Noch können die Werderaner Bauern Äpfel verkaufen. Da die Ernte aber nur halb so groß war wie in den Vorjahren, werden die Vorräte nicht wie sonst bis in den Frühsommer hinein reichen. Deshalb wollen die Obstbauern schnelle Hilfen vom Land.

© Jan-Philipp Strobel/dpa

Werder: Land bereitet Hilfe für Bauern vor

Werderaner könnten nach den massiven Ernteausfällen bis zu 80 Prozent der Schäden erstattet bekommen. Wann das passiert, ist allerdings offen.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel)/ Potsdam - Nur eine halbe Apfelernte, bis zu 90 Prozent Verlust der Kirschernte und ein Viertel weniger Erdbeeren als üblich: Die Obstbauern in Werder (Havel) und dem ganzen Land sind in diesem Jahr wie berichtet durch lange Fröste im Frühjahr stark gebeutelt worden, dazu kam der verregnete Sommer. Nun will das Land den Bauern bis zu 80 Prozent der Schäden erstatten, doch die Hürden dafür sind hoch – und wann Geld ausgezahlt wird, ist zudem völlig offen.

Staatssekretärin Carolin Schilde aus dem brandenburgischen Umweltministerium hatte kürzlich auf dem Werderaner Obstbausymposium angekündigt, dass das Land eine neue Richtlinie vorbereitet, mit der von Einbußen stark betroffenen Unternehmen geholfen werden soll. Dabei sei man allerdings an EU-Regularien gebunden. Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade konkretisierte die Pläne nun auf Nachfrage der PNN: „Eine Förderung ist nur möglich, wenn die Jahreserzeugung des gesamten Unternehmens zu mindestens 30 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Dreijahreszeitraum durch widrige Witterungsverhältnisse zurückgegangen ist“, so Schade. Es gehe also nicht um einzelne Ernteausfälle. Einen Termin, zu dem die Richtlinie in Kraft treten wird, könne er noch nicht nennen. Schäden an landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Kulturen sollen aber mit bis zu 80 Prozent bezuschusst werden. Bisher habe das Ministerium noch keinerlei Förderung an die Bauern bezahlt.

„Einige beuten sich dann lieber selbst aus und zahlen sich etwa über Monate kein Gehalt mehr aus“

Bei den Bauern löst das Handeln Unverständnis aus. „Es hat seit April gefroren, sodass die Ausfälle absehbar waren. Da hätte man doch schon mal schneller Hilfsmaßnahmen vorbereiten können“, sagt Stefan Lindicke, Obstbauer und Geschäftsführer des Werderaner Obst- und Gartenbauvereins, den PNN. Eine ähnliche Hilfe wie die nach der nun geplanten Richtlinie habe es bereits im Jahr 2011 gegeben, schon damals habe sie sich als zu bürokratisch erwiesen. „Für große Betriebe, die ohnehin eine Bürokraft haben, ist das womöglich noch handhabbar. Aber wir müssten dafür einen Steuerberater bezahlen.“ Denn nachzuweisen, dass witterungsbedingt 30 Prozent Ausfall im Vergleich der vorangegangenen drei Jahre zu verzeichnen sind, sei aufwändig: So hätten in einigen Jahren Ernteausfälle durch steigende Preise aufgefangen werden können, in anderen wiederum nicht, weil nur in Brandenburg die Ernte schlechter ausgefallen war.

Im Ergebnis würde sich der Aufwand für Familienbetriebe oft nicht lohnen. „Einige beuten sich dann lieber selbst aus und zahlen sich etwa über Monate kein Gehalt mehr aus“, so Lindicke. Er selbst habe auch schon Fördergelder anteilig zurückerstatten müssen, da bei einer Überprüfung im Nachhinein herauskam, dass sein Betrieb durch Einsparmaßnahmen die Verluste von 30 auf 25 Prozent gedrückt hatte und so unter die Förderhürde gerutscht war.

Leben vom Verkauf der halben Apfelernte: Wie lange geht das gut?

Thomas Bröcker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg, schätzt, dass etwa 30 Prozent der märkischen Betriebe die künftige Richtlinie in Anspruch nehmen werden. Ein Großteil davon werde wohl aus der Region Werder kommen, da dort die Schäden höher als in den meisten anderen Landesteilen waren. Grundsätzlich hat Bröcker Verständnis für die Landesregierung: „Wenn Steuerzahler Geld herausrücken sollen, muss es dafür ja eine Richtlinie geben.“ Brandenburg sei eines von nur vier Bundesländern in Deutschland, das den Bauern Hilfe zugesichert hat. „Von daher sind wir schon zufrieden“, so Bröcker. Die 30 Prozent Ausfall seien dafür ein geeigneter Richtwert. Wer in den vergangenen drei Jahren auch schon schlechte Ernten hatte, habe es mit dieser Regelung aber natürlich schwerer und bekomme für das vierte schlechte Jahr nun eventuell kein Geld.

Gegenüber dem Verband habe das Ministerium auch noch keinen Termin genannt, wann die Richtlinie fertig sein soll und Anträge gestellt werden können. Es solle aber wohl nicht mehr vor 2018 so weit sein. „Wir wären zufrieden, wenn das Geld im ersten, spätestens im zweiten Quartal 2018 ausgezahlt werden kann“, so der Fachgruppenvorsitzende. Denn besonders von März bis Mai stünden erfahrungsgemäß die größten Investitionen für die Obstbauern an, wie der Kauf von Dünger und die Baumpflege.

Auch Stefan Lindicke hofft, dass bis dahin Zahlungen erfolgen können und die Richtlinie doch handhabbarer als gedacht ausfallen wird. „Derzeit leben wir vom Verkauf der halben Apfelernte.“ Wenn die Lager leer sind, seien die Obstbaubetriebe dann aber auf die Hilfe des Landes angewiesen.

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