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Dokumente. Das Museum zeigt wichtige Lebensstationen des Dichters.

© A. Klaer

Werder (Havel): Lustige Lieder zur Henkersmahlzeit

Das Christian-Morgenstern-Literaturmuseum auf der Bismarckhöhe in Werder (Havel) zeigt, was den Dichter inspirierte.

Werder (Havel) - Die beiden Dackel flitzen einmal quer durch den Ausstellungsraum des Christian-Morgenstern Literaturmuseums – dabei rammt der kleinere Hund beinahe den Gedenkkranz zum 100. Todestag des Dichters, der in Fußhöhe an einem Schaukasten lehnt. Museumsleiter Jürgen Raßbach lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Ein kleiner Hund mit Namen Fips erhielt vom Onkel einen Schlips aus gelb und roter Seide“, zitiert der 72-jährige munter ein paar Verse Morgensterns. Schließlich war auch der Dichter dafür bekannt, seine Umgebung nicht allzu ernst zu nehmen.

Vor rund einem Jahr hat Raßbach den vorherigen Museumsleiter Achim Risch abgelöst. Zum Verein Freundeskreis Bismarckhöhe hatte Raßbach schon seit 2007 gehört. Da er in Potsdam und in Werder gut vernetzt ist und sich hervorragend mit Christian Morgenstern auskennt, fiel die Wahl bei der Nachfolgersuche schnell auf ihn.

Warum ist das Christian-Morgenstern-Museum in Werder?

Das Christian-Morgenstern-Literaturmuseum wurde bereits 2014, zum 100. Todestag des Dichters, eröffnet. Es ist weltweit das einzige, das dem Autor der berühmten Galgenlieder gewidmet ist. „Viele fragen sich zuerst einmal, warum das Museum hier in Werder ist und nicht in Morgensterns Geburtsstadt München oder in Berlin, wo er ja lange gelebt hat“, sagt Raßbach. Grund sind eben jene Galgenlieder, die Morgenstern internationalen Ruhm verschafften. Deren Entstehungsgeschichte geht so: Als 24-jähriger kam Morgenstern mit ein paar Berliner Freunden nach Werder – vermutlich zur Zeit des Baumblütenfests. Auf ihrem Streifzug durch die Stadt kamen die jungen Männer am Galgenberg – der heutigen Bismarckhöhe – vorbei und kehrten schon leicht angeheitert in die Gaststätte auf dem Hügel ein. „Da haben sie sich offenbar daneben benommen und wurden rausgeworfen“, sagt Raßbach. Die Freunde machten das Beste daraus, indem sie sich die „Galgenbrüder“ nannten und ein ironisches Schauerritual begründeten: Sie taten so als äßen sie ihre Henkersmahlzeit und sangen Lieder über ihr angeblich baldiges Ende, die Morgenstern zu diesem Zweck spontan dichtete. Erst viele Jahre später wurden die Lieder veröffentlicht.

„Wir haben für das Museum also den Ort der Inspiration für seine erfolgreichsten Werke gewählt“, sagt Raßbach, der bis zu seiner Pensionierung als Deutsch- und Lateinlehrer am evangelischen Gymnasium Hermannswerder arbeitete. Im Literaturmuseum geht es allerdings bei Weitem nicht nur um die Galgenlieder, sondern auch um die ernsteren Aphorismen, die Morgenstern schrieb. Breiten Raum bekommt auch seine Verbundenheit mit der Anthroposophie. Rund 1500 Besucher kämen pro Jahr in den Turm, sagt Raßbach. „Manche nur wegen der Aussicht, aber viele kommen auch zu uns in die Ausstellung.“ Um Besucher anzulocken, gibt es immer wieder Lesungen und andere Veranstaltungen im Saal des Museums. Hin und wieder tritt Raßbach auch selbst auf die Bühne, und das auch an anderen Orten als dem Museum. So wird er am Dienstag, 11. April, ab 19.30 Uhr im Schiffsrestaurant John Bartnett in Potsdam Morgenstern-Gedichte vortragen.

Hoffnung auf Fördermittel

Der nächste große Schritt für das Museum steht am 20. Mai bevor. An dem Tag wird der Freundeskreis Bismarckhöhe eine Christian-Morgenstern- Gesellschaft gründen. Raßbach steht bereits als Erster Vorsitzender fest. Durch den Status als literarische Gesellschaft hätte das Museum mehr Möglichkeiten, sich auch in der Wissenschaft zu vernetzen. „Wir kämen unter anderem regelmäßig in bestimmten Publikationen vor, die international erscheinen“, erklärt der Museumsleiter. Damit, so hofft er, würden dem Christian-Morgenstern-Museum auch mehr Fördermittel zuteil. Die könnte es gut gebrauchen, denn zur Zeit ist es im Veranstaltungssaal noch reichlich frisch. „Dort fehlt bislang eine Heizung“, sagt Raßbach. 

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