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Werder (Havel): Hilpert-Prozess wird neu aufgerollt

Bundesgerichtshof bestätigt zwar Betrug des Schwielowsee-Hoteliers, hält aber Schaden für geringer und Strafe zu hoch.

Werder (Havel) - Axel Hilpert muss wohl doch nicht mehr hinter Gitter: Der Betrugsprozess um den schillernden Schwielowsee-Hotelier wird neu aufgerollt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat jetzt ein Urteil des Landgerichts Potsdam weitgehend kassiert. Das hatte Hilpert im Sommer 2012 wegen schweren Betruges, Untreue und Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt, weil er nach Auffassung des Gerichtes das Land beim Bau des mondänen Hotelresorts in Petzow (Potsdam-Mittelmark) um 9,2 Millionen Euro Fördergeld betrog. Seitdem befindet sich der heute 66-Jährige, der einst DDR-Devisenbeschaffer im Koko-Imperium von Alexander Schalck-Golodkowski und Stasi-Mitarbeiter war, gegen eine Kaution von 500 000 Euro auf freiem Fuß. Das neue Verfahren findet nicht in Potsdam statt, sondern wurde vom BGH an das Landgericht in Frankfurt an der Oder verwiesen.

Der BGH teilte am Freitag mit, dass in der Revision der Schuldspruch bestätigt wurde, aber die Gesamtstrafe reduziert werden müsse. Nach PNN-Recherchen hat Hilpert damit gute Chancen, nicht ins Gefängnis zu müssen. Zwar ist auch für den BGH klar, dass Hilpert betrog, und zwar schon im Förderantrag. Darum ist kein Freispruch mehr möglich. Aber beim Schaden – einer für die Strafe zentralen Frage – zerpflückte Karlsruhe das Landgerichtsurteil, das diesen wie die Staatsanwaltschaft mit der Gesamthöhe der an Hilperts Firma gezahlten Fördermittel von 9,2 Millionen Euro gleichgesetzt hatte. Das Hotel aber steht, und ist in Betrieb. „Der Förderzweck wurde nach Auffassung des Bundesgerichtshofs damit auch erfüllt“, sagte Ali B. Norouzi von der auf Revisionsverfahren spezialisierten Berliner Kanzlei „Widmeier Norouzi“, die Hilpert in Karlsruhe vertreten hatte, den PNN. „Die Schadenshöhe ist nach den Vorgaben aus Karlsruhe nach unten zu korrigieren und liegt im mittleren sechsstelligen Bereich.“ Die Höhe muss die Wirtschaftskammer in Frankfurt an der Oder prüfen. Man sei zufrieden, so Norouzi, dass „die Revision in einem entscheidenden Punkt erfolgreich war“. Im BGH-Beschluss, vom 25. April 2014 datiert, heißt es: „Als Betrugsschaden ist jedoch nicht der gesamte ausgezahlte Förderbetrag anzusehen, sondern lediglich der Anteil der Fördersumme, der vom Subventionsgeber zu viel geleistet wurde.“ Im neu aufgerollten Verfahren wird es nicht mehr um eine Millionensumme, sondern wohl um die Größenordnung von rund 600 000 Euro gehen, heißt es auch in Justizkreisen. Hinzu kommt laut Norouzi, dass sich laut BGH „ im reduzierten Strafmaß die lange Verfahrensdauer mildernd niederschlagen müsse“. Hilpert, schwer herzkrank, hatte vor seiner Verurteilung bereits ein Jahr in U-Haft gesessen, was bei einer Verurteilung angerechnet wird.

Unangetastet lässt der BGH das Potsdamer Urteil darin, dass Hilpert alle betrog, auch seine Geschäftspartner: Er blähte die Kosten des Projektes, das real 24 Millionen Euro kostete, künstlich auf 38 Millionen Euro auf. Er kassierte nicht nur überhöhte Fördermittel. So hatte er beim Bau des Resorts ein Rabattsystem praktiziert, wonach jeder, der einen Auftrag erhielt, separat an Hilpert zahlen musste. Allerdings wussten laut Landgericht ILB, Hausbank DKB und der Mitgeschäftsführer und Ex-„Bild“-Chefredakteur Hans Herrmann Tiedje davon nichts. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen auch Anklage gegen beteiligte DKB-Banker erhoben.

Im Resort Schwielowsee, in dem einst der G-8-Gipfel tagte, war der Betrieb seitdem weitgehend unbeeinträchtigt weitergelaufen. Die ILB hat inzwischen zwar den Förderbescheid von 9,2 Millionen Euro widerrufen, wogegen die Firma klagt. Doch betont ILB-Vorstand Tillmann Stenger, dass die ILB nicht das Hotel in den Ruin treiben will. „Wir wollen das Hotel und die Mitarbeiter nicht in Schwierigkeiten bringen.“ Und dem Vernehmen nach laufen hinter den Kulissen bereits Verhandlungen über einen möglichen Verkauf der Anlage.

Am Freitag herrschte im Resort, zur Zeit ausgebucht, Hochbetrieb. Hilpert war nicht da, auch nicht erreichbar. Nein, zur Revision gebe es keinen Kommentar, sagte Tochter Juliane Hilpert, PR-Chefin des Resorts, allerdings mit einem glücklich-triumphierenden Lächeln.

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