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Weinprämierung in Werder (Havel): Die Himbeer-Connection

Zur Verleihung der Goldenen Kruke wurden in diesem Jahr ganze 226 Obstweine eingereicht – ein neuer Rekord. Die Hobby-Winzer geben sich Tipps über den Gartenzaun.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Sie sind Nachbarn, wohnen im Werderaner Himbeerweg und wurden am gestrigen Mittwoch ausgerechnet für ihren Himbeerwein ausgezeichnet: Toni Geißhirt und Thomas Herzog waren die Abräumer bei der Verleihung der Goldenen Kruke im Alten Werderaner Rathaus. Geißhirt gewann gleich zwei Goldene Kruken, neben der Himbeere gewann sein Mehrfruchtwein. Und Herzog hatte nach der Preisverleihung vier Silberne Kruken um den Hals hängen – erstmals wurden statt der bauchigen Weingefäße, Kruke genannt, echte Medaillen verliehen.

Opas Pfirsiche waren lecker, aber unverkäuflich

„Toni und ich können uns über den Gartenzaun zum Wein austauschen“, sagt Thomas Herzog, der den Regionalladen „Der Brandenburger“ auf der Werderaner Insel besitzt. Seit drei Jahren macht er eigenen Obstwein, gleich beim ersten Versuch hat er eine bronzene Kruke gewonnen. Sein Opa habe ihm ein paar Pfirsiche vorbei gebracht, die er im Laden verkaufen sollte – doch die kleinen, schrumpeligen Früchte vom alten Baum seien trotz hervorragenden Geschmacks unverkäuflich gewesen. Also wurden sie vergoren, der Wein sei schon nach dem ersten Baumblütenwochenende ausverkauft gewesen. „Im ersten Jahr hat Toni noch den Wein für mich gepresst, dann habe ich mir selbst alles nötige im Laden von Ulrich Gaube gekauft.“ Gaube betreibt einen Getränkehandel in der Potsdamer Straße, verkauft Winzer-Zubehör und selbstgemachten Wein. Er ist der Dritte in der Himbeer-Connection, sein Wein gewann die Bronzene Kruke.

Toni Geißhirt ist den Werderanern als „Himbeer-Toni“ bekannt. Der 19-Jährige, der heute am Potsdamer Voltaire-Gymnasium seine Deutsch-Abiturprüfung ablegt, macht seit seinem 13. Lebensjahr Wein. Angefangen hat er mit Himbeerwein, der auch heute neben der schwarzen Johannisbeere, der Erdbeere und der Kirsche Verkaufsschlager ist. 3500 Liter stellt er jährlich neben der Schule her, seit 2013 verkauft er auf dem Baumblütenfest. Anfangs noch mit einem Stand, in diesem Jahr betreibt er erstmals fünf eigene Stände. Im Herbst will er eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann beginnen, später einen eigenen Regionalladen in Werder eröffnen. Sein Sortiment ist jetzt schon ordentlich: Gleich 19 verschiedene Obstweine hat er die Kruken-Jury testen lassen.

28 Werderaner ließen ihren Wein testen

Die hatte in diesem Jahr so viel zu tun wie nie, wie Walter Kassin vom Obst- und Gartenbauverein erklärt, der die Preisverleihung organisiert. „Als wir 1998 die erste Verleihung gemacht haben, hatten wir noch 36 Proben zu verkosten. Jetzt waren es 226.“ Insgesamt 28 Erzeuger haben ihre Weine abgegeben. Sie wurden in sechs Gruppen verkostet, sodass jede Gruppe fast 40 Sorten testen musste. 2017 werde man wohl eine Jury-Gruppe mehr brauchen, damit die Tester nicht zu sehr durcheinander kommen.

Auch bei den neun Kategorien, in denen der „Obstwein-Oskar“ vergeben wird, werde es angesichts der Vielfalt der Produzenten kaum bleiben können. So werde Quittenwein im kommenden Jahr wohl eine eigene Kategorie sein und nicht mehr unter „Kernobst“ laufen. Eine der Kuriositäten dieses Jahres ist Wein aus Jochelbeeren, auch Jostabeeren genannt. Bei ihnen handelt es sich um eine Kreuzung aus schwarzer Johannisbeere und Stachelbeere. Roland Kreische gewann für seine Kreation Silber.

Erstmals wurden die Preisträger in diesem Jahr nicht erst am Baumblütenball bekanntgegeben, sondern eineinhalb Wochen vorher. Damit wolle man Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) zufolge verhindern, dass die Obstweinhersteller neben der Krönung der Baumblütenkönigin und dem beginnenden Fest zu kurz kommen. „Der Wein ist das Wichtigste, er zeichnet das Fest aus“, so Saß. Durch die frühere Auszeichnung sollen sich auch Besucher des vom 29. April bis zum 8. Mai dauernden Baumblütenfestes ein besseres Bild über die Obstweine machen können. Schließlich würden die Stände, an denen der preisgekrönte Wein verkauft wird, von den Gästen gezielt aufgesucht. Einige Besucher würden auch schon vor dem Fest auf die Plantagen kommen. Die öffnen teilweise schon an diesem Wochenende. So wird im Garten von Stefan Lindicke im Hohen Weg ab Samstag täglich von 12 bis 18 Uhr Wein ausgeschenkt. „Wir haben oft Gäste, die sich in der Festwoche vertun und wundern, wenn hier kein Trubel ist“, so Lindicke. Auch die Bäume stünden schon in voller Blüte.

Eine Übersicht der Preisträger:

Sauerkirsche

Die Goldene Kruke geht an den Obsthof Heiko Wels. Silber gewinnt der Obstbauer Manfred Seidel. Bronze geht an den Obsthof Stefan Lindicke.

Erdbeere

Die Goldenene Kruke geht an René Zart. Silber geht an Thomas Herzog. Bronze gewinnt Obstbauer Günter Schultz.

Schwarze Johannisbeere

Die Goldene Kruke  geht an Silke und Michael Ulrich. Silber gewinnt Roland Kreische für seinen Jochelbeerwein, eine Michung aus Johannis- und Stachelbeere. Die Bronzene Kruke geht an Toni Geißhirt.

Himbeere, Brombeere, Heidelbeere

In dieser Kategorie gewannen nur die Himbeerweine. Die Goldene Kruke geht an Toni Geißhirt. Die Silberne Kruke gewinnt Thomas Herzog, Bronze geht an Ulrich Gaube.

Johannisbeere, Stachelbeere

Die Goldene Kruke geht an Ulrich Gaube für seinen Stachelbeerwein. Die Silberne Kruke gewinnt Thomas Herzog für seine rote Johannisbeere. Die Bronzene Kruke geht an den Obstbauer Manfred Seidel, ebenfalls für seine rote Johannisbeere.

Steinobst

Andreas Born gewinnt für seine Wildmirabelle die Goldene Kruke. Silber geht an Thomas Herzog für seinen Pfirsichwein. Mit Pfirsichwein gewann auch Marcel Lehnst die Bronzene Kruke.

Kernobst

Die Goldene Kruke gewinnt Dietmar Bade für seinen Apfelwein. René Zart gewinnt mit seinem Quittenwein die Silberne Kruke. Für Wein aus dem gleichen Obst erhält Bernd Lorenz die Bronzene Kruke.

Heimische Raritäten

Für seinen Wein aus Aroniabeeren gewinnt Jens Rzegotta die Goldene Kruke. Die Silberne Kruke ging an den Obsthof Stefan Lindicke für  seinen Rhabarberwein. Ebenfalls mit Rhabarberwein gewinnt der Obstbauer Manfred Seidel die Bronzene Kruke.

Mehrfrucht

Die Goldene Kruke geht an Toni Geißhirt. Uwe Leo gewinnt die Silberne und die Bronzene Kruke für seine Weine.

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