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An Rückhalt verloren? Bürgermeister Bernd Albers hat nach dem Debakel um den Wahltermin für die anstehende Bürgermeisterwahl viel Kritik einstecken müssen. Etwa zeitgleich zu seiner erneuten Aufstellung für den Rathausposten haben sich drei Gemeindevertreter aus der Wählergruppe „Bürger für Bürger“ verabschiedet.

© Andreas Klaer

Warum Stahnsdorfs Bürgermeister einen Tschechien-Besuch absagt: Eine Fahrt nach Ceská Lípa

Neue Stahnsdorf-Posse: Bürgermeister Bernd Albers will nach Tschechien reisen, um eine potenzielle Partnergemeinde zu besuchen – und behauptet, er dürfe nicht.

Von Enrico Bellin

Stahnsdorf - Nach einem im Rathaus verschwundenen Brief zum Termin der Bürgermeisterwahl und offenen Fragen zu Dienstfahrten dringt aus dem Stahnsdorfer Rathaus eine neue Posse: Am Freitag erreichte die PNN unter dem Titel „Bürgermeister Albers darf potenzielle Partnergemeinde nicht besuchen“ eine offizielle Mitteilung der Stahnsdorfer Verwaltung. Bernd Albers (Bürger für Bürger) könne seine für den 22. und 23. Februar geplante Reise zur Anbahnung einer Partnerschaft mit der tschechischen Stadt Ceská Lípa nicht antreten. Denn: Der Vorsitzende der Gemeindevertretung „verweigert beharrlich die Unterschrift“ unter den Dienstreiseantrag, „trotz mehrwöchiger Bedenkzeit und mehrmaliger Fristsetzung“, so die Begründung in dem Schreiben.

Überraschende Vorwürfe?

Der Beschuldigte Vorsitzende der Gemeindevertretung, Dietmar Otto (SPD), zeigt sich gegenüber den PNN jedoch von den Vorwürfen überrascht. „Ich habe Herrn Albers in einer Mail am 1. Februar davon in Kenntnis gesetzt, dass ich die Dienstreise befürworten werde“, so Otto. Diese Mail liegt den PNN vor. Vorher habe er die Fraktionsvorsitzenden der Gemeindevertretung dazu befragt – schließlich handele es sich bei der Fahrt in den 300 Kilometer von Stahnsdorf entfernten Ort um eine Auslandsreise.

Hintergrund der Reise ist das Ergebnis einer Bürgerbefragung, nachdem 56 Prozent der Stahnsdorfer sich eine Partnerstadt in Tschechien wünschen. Auf eine Ausschreibung hin hatten die Städte Ceská Lípa und Semily ihr Interesse bekundet.

Laut Dietmar Otto gebe es unter den Gemeindevertretern jedoch Vorbehalte gegen eine Partnerschaft mit Ceská Lípa, da die Stadt doppelt so groß ist wie Stahnsdorf und damit kaum vergleichbar sei. Zudem gebe es nur wenige Stahnsdorfer, die Tschechisch sprechen könnten, andere Partnerschaften würden daher mehr Sinn machen. „Aus diesen Gründen wollte ich die Zustimmung der Fraktionsvorsitzenden und nicht allein über die Reise entscheiden“, so Otto.

Im den PNN vorliegenden Schriftverkehr hat er dem Bürgermeister erst am Freitagvormittag, zwei Stunden vor Aussendung der Pressemitteilung des Rathauses, erneut versichert, dass er die Reise planen und antreten kann. Warum das Rathaus dennoch das Gegenteil kommunizierte, blieb offen: Weder Bürgermeister Albers noch Gemeindesprecher Stephan Reitzig waren am Freitagnachmittag trotz mehrerer Versuche für die PNN erreichbar.

Fehlende Angaben

Dietmar Otto bestätigt zwar, dass er den Dienstreiseantrag noch nicht unterschrieben hat. „Das konnte ich aber auch nicht, da Herr Albers nicht angegeben hat, ob er die Reise mit einem Dienstwagen oder seinem privaten Fahrzeug antreten will.“ Auch zu möglichen Reisekosten habe der Bürgermeister noch keine Angaben gemacht. „Ich weiß nicht, ob der Bürgermeister auf einem Campingplatz oder in einem Fünf-Sterne-Hotel übernachten will“, so der Gemeindevertretungs-Vorsitzende zugespitzt. Zudem sei fraglich, ob ein Besuch des Bürgermeisters in der künftigen Partnerstadt vor der geplanten Wahl am 17. April überhaupt Sinn mache.

Für Verwirrung sorgt bei Otto auch eine Mail von Bürgermeister Albers, in der er ihm eine Frist bis zum 15. Februar gesetzt hatte, um den Dienstreiseantrag zu unterschreiben. Danach hätte Otto noch zehn Tage Zeit gehabt. „Ich habe den Verdacht, dass der Bürgermeister mich in ein schlechtes Licht rücken will“, so Otto. Denn in der kommenden Woche wolle er im Hauptausschuss noch einmal darauf bestehen, Akteneinsicht in Dienstreiseunterlagen des Bürgermeisters zu erlangen, die ihm Albers bisher verweigere. „Es besteht noch immer der Verdacht, dass Albers mit seinem privaten Auto eine Fahrt unternommen und sie dann als Dienstfahrt abgerechnet hat“, so Otto. Albers war möglicherweise mit seinem privaten Auto zu einem Treffen des Verbandes kommunaler Wahlbeamten gefahren, obwohl er dort als Privatperson Mitglied und von Dienst wegen nicht dazu verpflichtet sei.

"Denkbar unglückliches Thema"

Der Fraktionsvorsitzende der Stahnsdorfer Grünen und Bürgermeisterkandidat Thomas Michel kann sich das Verhalten von Albers gegenüber Otto nicht erklären: „Das hat wohl schon etwas mit dem Wahlkampf zu tun, ist aber ein denkbar unglückliches Thema.“ Spannungen zwischen Otto und Albers bestehen Michel zufolge seit längerer Zeit. Die anderen Bürgermeisterkandidaten, Daniel Mühlner (CDU) und Beatrice Daun (SPD), waren am Freitag nicht zu erreichen.

Thomas Michel bestätigte indes die Schilderung von Otto, wonach die Fraktionsvorsitzenden die Reise des Bürgermeisters nach Ceská Lípa zum Monatsanfang bestätigt hätten. „Ich habe lediglich angemerkt, dass neben dem Bürgermeister auch ein Gemeindevertreter an der Reise teilnehmen sollte.“ Albers habe ihm dafür Zustimmung signalisiert.

Wie sich das Wirrwarr auf die mögliche Partnerschaft mit Ceská Lípa auswirkt, ist nicht abzuschätzen. Albers schreibt in seiner Pressemitteilung, dass die Absage die mehr als einjährigen Bemühungen um eine Partnergemeinde torpediere.

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