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Ein Pionierpanzer vom Typ Dachs der Bundeswehr fährt durch ein Waldstück bei Treuenbrietzen. 

© Ralf Hirschberger/dpa

Waldbrand: Mittelmark im Ausnahmezustand

In Potsdam-Mittelmark herrscht nach verheerenden Waldbränden Ausnahmezustand: Der Landkreis zieht eine erste Bilanz. Fichtenwalde rüstet sich derweil für einen neuen Ernstfall. 

Von Eva Schmid

Potsdam - Es brennt noch immer im Wald bei Treuenbrietzen, im nahen Jüterbog loderten die Flammen am Montag erneut auf. Nahe der Beelitzer Heilstätten brach am Wochenende ein Feuer aus, das glücklicherweise schnell gelöscht werden konnte, anders als der Großbrand bei Fichtenwalde Ende Juli. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark befindet sich im Dauerausnahmezustand. „Die Brände zeigen, dass das Waldbrandriegelsystem über Jahre vernachlässigt worden ist“, sagt Mittelmarks Vizelandrat Christian Stein (CDU). Er ist Tag um Tag beim Großbrand in Treuenbrietzen vor Ort, Landrat Wolfang Blasig (SPD) ist derzeit im Urlaub. Das Waldbrandriegelsystem funktioniert so: Es besteht aus sogenannten Schutzstreifen, in denen die Erde regelmäßig umgepflügt wird, damit dort kein Gras und Halm wachsen können, die Feuer fangen können. Derartige Systeme sollen verhindern, dass sich Bodenfeuer weitgehend ungehindert und in Windeseile ausbreiten können. „Da ist die Fortwirtschaft gefragt“, sagt Vizelandrat Stein. Dafür sei auch der Landesbetrieb Forst zuständig. 

Gemeinsam mit diesem wolle Potsdam-Mittelmark Landesforst Präventionsmaßnahmen besser umsetzen, sagte Stein. Es ist vor allem die Kiefernmonokultur, die ihm Sorge bereitet. 40 Prozent der Flächen des Kreises seien Wald, „und davon sind 70 Prozent Kiefern“. Mit Blick auf die klimatische Situation sei es wichtig jetzt zu handeln, da sonst Großbrände immer wieder ausbrechen könnten.  Eine Lehre aus den derzeitigen Einsätzen sei auch, dass die Kommunikation für Großgefahrenlagen verbessert werden müsse. „Wir hatten zum Teil kaum Handy- oder Funkempfang.“ Auch das sei Aufgabe des Landes.  Der Kreis müsse laut Stein auch selbst aktiv werden, wenn es um eine bessere Brandbekämpfung geht. Er regt unter anderem den Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkamera an. Drohnen könnte der Kreis anschaffen und damit seine Stützpunktfeuerwehren ausrüsten. Die Helfer könnten mit dieser Technik vor Ort schneller reagieren und müssten nicht erst auf den angeforderten Polizeihubschrauber warten, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen. 

Vier Löschwasserbrunnen soll Fichtenwalde bekommen - bisher gibt es keinen einzigen

Den Hunderten Einsatzkräften, die in den vergangenen Tagen bei den Großbränden im Dauereinsatz waren, dankte Vizelandrat Stein. Er betonte, dass vor allem die ehrenamtlichen Feuerwehren großartige Arbeit leisteten. Eine aussagekräftige Bilanz könne man jedoch erst ziehen, wenn die Einsätze der Feuerwehr ausgewertet seien.  Unklar ist bisher auch, welche Schäden die Großbrände hinterlassen. „Heute kann man noch nicht sagen, in welchem Maße der Wald geschädigt ist“, sagt Stein. Das Feuer habe vor allem die Borke angegriffen, manche Bäume seien innen aber unbeschadet geblieben. „Doch selbst wenn sie heil geblieben sind, ihre Wurzeln haben großen Schaden genommen“, so Stein, selbst Fachmann für Forstwirtschaft absolviert hat und einst ein Revier im Amt für Forstwirtschaft Belzig leitete. Die Gefahr in der nächsten Zeit sei daher, dass die Bäume unkontrolliert umfallen. Bis der verbrannte Wald den ursprünglichen Zustand wieder erreiche, werde es vermutlich 100 Jahre dauern, so Stein. So lange bräuchten Kiefern, bis sie ausgewachsen seien. 

Der Großbrand bei Treunbrietzen trifft vor allem viele kleine private Waldbesitzer, mehr als 100 sollen es sein, deren Wald auf bis 400 Hektar beiTreuenbrietzen abgebrannt ist. Laut dem brandenburgischen Waldbrandschutzbeauftragten Raimund Engel könnte das Land die Wiederaufforstung von bis zu 80 Prozent in diesem Fall übernehmen. Auch Engel bezweifelt, dass es möglich sei, den Schaden zu beziffern. „Wir haben Einsatzkosten, Abräumkosten, Kosten für das Wiederaufforsten, den Wertverlust des Holzes“, und das seien nur die monetären Schäden. Hinzu komme noch der ökologische Schaden und der wirtschaftliche, der Arbeitgebern entstehe, weil sie tagelang auf ihr Personal, das ehrenamtlich den Brand bekämpfe, verzichten müssen. Zudem locke der Brandgeruch sogenannte Sekundarschädlinge an wie den Kieferprachtkäfer (PNN berichteten). „Er wird vom Brandgeruch angezogen und bohrt sich noch in die letzten vitalen Stämme ein, legt dort seine Eier ab und bringt die Bäume dann so zum Sterben“, erklärt Engel.

Gibt es weitere Lehren, die Potsdam-Mittelmark aus der Lage ziehen kann? In Fichtenwalde, dem Ort des Großbrandes Ende Juli, sind viele Menschen im Dorf immer noch angespannt, wenn die Sirenen heulen und die Freiwillige Feuerwehr ausrückt. Doch gleichsam hat man bereits Konsequenzen gezogen: Bereits in der Stadtverordnetenversammlung nächste Woche soll über einen Antrag der Verwaltung abgestimmt werden, der vorsieht, dass Fichtenwalde bis zu vier Löschwasserbrunnen bekommt. Bisher gibt es dort keinen einzigen. Zudem sollen die Waldbrandriegel bis zur Bebauungsgrenze ausgebaut und gepflegt werden. Außerdem sollen die Waldwege befestigt werden, damit Löschfahrzeuge besser und schneller an das Feuer herankommen. Befestigte Waldwege würden laut Ortsvorsteher Tilo Kühn (parteilos) auch dabei helfen, im Falle einer Evakuierung weitere Rettungswege zur Verfügung zu haben. „Wir haben mit unseren Forderungen offene Türen bei der Stadt eingerannt“, so Köhn. Die Fichtenwalder Feuerwehr indes will in Waldbrandsets investieren. Darin enthalten sind zudem kleine Schläuche, die auch von einem Feuerwehrmann allein bedient werden können.

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