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Potsdam-Mittelmark: Vorbild für den Panamakanal

Der Teltowkanal entwickelte sich nach seiner Eröffnung zum Besuchermagneten und Schlagader der Wirtschaft

Der Teltowkanal wurde mit seinen technischen Neuerungen zum Reiseziel von Verkehrsexperten aus aller Welt. Die Schleuse Kleinmachnow und die Treidelloks nahm man als Vorbild für den Bau der Panamakanal-Schleusen. Kleinmachnow wurde mit den anliegenden Lokalen ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Die Personenschifffahrt unterhielt Linien von der Schleuse nach Neubabelsberg, von Britz über Steglitz und Teltow zu den Havelstationen sowie bis Grünau und Woltersdorf.

Auf dem Teltowkanal wurden 1913 rund 1,4 Millionen Tonnen Güter transportiert. Es gab 14 öffentliche Häfen und Ladestellen, so in Kleinmachnow, oberhalb der Schleuse am südlichen Kanalufer für zwei 600-Tonnen-Schiffe und in Teltow an der Badstraße. Dieser Kanalhafen verfügte über drei Schiffsliegeplätze, zwei Kräne bis 3,5 Tonnen, Lagerfläche und einen Gleisanschluss durch die Teltower Industriebahn GmbH. Zu den 52 Privatladestellen am Kanal gehörten zwei einfache Bollwerke der Stahnsdorfer Terrain AG, in Teltow die Nationale Radiatoren GmbH und die Porzellanfabrik, auf Zehlendorfer Seite die Teltow-Werft und das Kraftwerk Schönow. 1913 belief sich an der Machnower Schleuse der Durchgangsverkehr zur Havel bzw. Oberspree auf insgesamt 7200 Schiffe, an der Mühlendammschleuse in Berlin auf 25 400.

Der wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend wurde der Teltowkanal 1919 zur Reichswasserstraße erhoben. Nach dem Gesetz zur Bildung von Groß-Berlin vom April 1920 verschob sich die Kreisgrenze bis nach Teltow. Die von der Teltow-Kanal AG betriebenen öffentlichen Häfen, die Teltow-Werft und das Kraftwerk Schönow befanden sich nun auf Berliner Gebiet. Daher machte es Sinn, dass die am 14. April 1924 gegründete Teltow-Kanal AG als Betreibergesellschaft tätig wurde. Das Grundkapital von 900 000 Reichsmark übernahmen je zur Hälfte das Deutsche Reich und der Kreis Teltow. Die Teltower Kreisschifffahrt blieb vorerst weiterhin Eigentum des Kreises. Sie unterhielt als zweitgrößte märkische Fahrgastreederei ab 1928 einen Gemeinschaftsverkehr mit der größeren Spree-Havel-Dampfschifffahrt-Gesellschaft. Als diese 1932 Konkurs anmeldete, kaufte 1934 die Teltow-Kanal AG alle Schiffe.

Der Teltowkanal hatte 1914 von Britz aus durch den Neuköllner Schifffahrtskanal unmittelbare Verbindung zum Berliner Osthafen erhalten. Bis 1937 wuchs der Güterverkehr auf eine Jahresmenge von 2,5 Millionen Tonnen. Damit der Teltowkanal entsprechend der Entwicklung der Schiffsgröße auf den Hauptwasserstraßen Deutschlands zukünftig mit 1000-Tonnen-Schiffen befahren werden kann, baute man im ersten Schritt 1938 bis 1940 in Kleinmachnow die Nordkammer (nutzbare Länge 85 Meter, Breite 12 Meter). Um den Platz zu schaffen, musste das alte Schleusen-Wirtshaus abgerissen werden. Das neue Wirtshaus Schleusenkrug wurde am 1. April 1951 Teil der Wasserbauschule Kleinmachnow.

Am Teltowkanal als Hauptkampflinie sprengten im April 1945 die Deutschen Brücken und versenkten Schiffe. Treidelbahn und Uferstrecken wurden stark beschädigt. Erst im Frühjahr 1948 konnte von Baumschulenweg bis zum Gaswerk Mariendorf der einschiffige Verkehr mit Schleppern freigegeben werden. Es erfolgte die Aufgabe des Treidelbetriebes. Je eine restaurierte Treidellok steht an der Emil-Schulz-Brücke des Teltowkanals und im Deutschen Technikmuseum Berlin.

Auf die Einführung der Währungsreform in Westdeutschland und Westberlin reagierte die Sowjetunion tags darauf mit der Berlin-Blockade vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949. Nach der Spaltung Berlins unterstellte der Kommandant des amerikanischen Sektors, General Howley, am 30. April 1949 die Verwaltung und Kontrolle des Teltowkanals im amerikanischen Sektor der Rechtshoheit der Westberliner Stadtverwaltung. Erst 1949 gab die Sowjetische Militäradministration den Befehl, die im Sperrgebiet des Griebnitzsees liegenden vier Dampfer und vier Schuten zu räumen. Als die in Potsdam konzentrierten Schiffe der Stern- und Kreis/Teltow-Kanal AG in die volkseigene Flotte der DDR überführt wurden, sperrte die amerikanische Militärverwaltung in ihrem Sektor in Abstimmung mit dem Senat die Wasserstraße. Die DDR sperrte sodann am 25. Juli 1950 an den Demarkationslinien in Kleinmachnow und Rudow den gesamten Schiffsverkehr. Zum Eklat kam es am 14. Dezember 1950. Von der Brücke der Einheit (Glienicker Brücke) und Baumschulenweg liefen je ein DDR-Binnenschiff in den Teltowkanal ein, um diesen erstmalig wieder zu durchfahren. Man verweigerte an der Kanalmeisterei Steglitz die Entrichtung der Kanalgebühren in Westmark. Das Ostberliner MS „Tegel“ ließ sich nach dem Abdrängen von zwei Schleppern der Teltow-Kanal AG erst mit einer quergestellten Bauramme stoppen.

Der Autor: Joachim Winde lebt in Stahnsdorf und ist Diplom-Ingenieur für Schifffahrt. Er arbeitete seit 1960 im Bereich der deutschen Binnenschifffahrt und als Dozent für Speditionsbetriebslehre.

Joachim Winde

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