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Ausgebaggert. Bei der Umgestaltung des Düppeler Teichs in Kleinmachnow hätten sich die Naturschützer mehr Mitspracherecht gewünscht.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Vor der Zerreißprobe

Kleinmachnower Naturschützer kämpfen um das Erbe ihres Vereinsgründers. Zur Stammbahn-Reaktivierung sind sie gespalten

Kleinmachnow - Mehr als 25 Jahre ist es her, dass sich auf dem Grenzstreifen zwischen Kleinmachnow und Zehlendorf zwei Männer begegneten. Der eine aus Kleinmachnow, der andere aus West-Berlin – beide verbindet die Liebe zur Natur. Aus der zufälligen Begegnung auf dem warmen Asphalt zwischen den beiden Welten entwickelt sich eine intensive Zusammenarbeit, schließlich entsteht ein länderübergreifender Verein – der Förderverein Landschaftsschutzgebiet Buschgraben/Bäketal.

Fünf Jahre, nachdem dessen langjähriger Vorsitzender Gerhard Casperson die Vereinsführung aus Altersgründen abgab, hat sich der Verein neu gefunden und ist doch fest verwurzelt mit der Vergangenheit. Gegen den Siedlungsdruck gelte es heute mehr denn je, das Erbe zu verteidigen. „Die erreichte Unterschutzstellung der Naturschutzgebiete in der Region nach der Wende war richtungsweisend“, sagt Ursula Theiler, die seit März 2012 das Zepter im Verein führt. „Heute wäre all das so nicht mehr möglich.“

Mit Buschgraben und Bäketal, Kanalaue, Kiebitzbergen und Seeberg ist die Kommune reich an Grün. Dass dies heute noch so ist, haben die Kleinmachnower weitestgehend dem Gründer des Vereins zu verdanken, der für sein Engagement im vorigen Jahr das Bundesverdienstkreuz erhielt. Gerhard Casperson untersuchte Flora und Fauna der Region und hatte beides bis ins kleinste Detail aufgeschrieben und kartiert. Damit habe er den Grundstein für die spätere Unterschutzstellung der Landschaftsschutzgebiete Kanalaue, Buschgraben und Bäketal gelegt, erklärt die Gartenbauingenieurin Ute Herrmann, die in einer der damaligen Arbeitsgruppen mitwirkte. Hätte er das kleine verfügbare Zeitfenster in der Nachwendezeit nicht genutzt, vieles wäre heute wohl bebaut, glaubt Ursula Theiler. Es werde zunehmend schwieriger, die Flächen dauerhaft zu sichern. Bauvorhaben machen vor Schutzgebieten nicht halt, ist der politische Wille da, ließen sich Flächen auch aus einem Landschaftsschutzgebiet wieder herauslösen, erklärt sie.

Ursula Theiler war vor sechs Jahren über den Protest gegen den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse zum Verein gekommen. Die heute 50-Jährige war gerade aus Rosenheim in Bayern in den Berliner Speckgürtel gezogen und konnte zunächst gar nicht glauben, was sie las. Auf ihrer Lieblingsjoggingstrecke um den Machnower See sollten Bäume einem aus ihrer Sicht „ökonomisch sinnfreien Projekt“ weichen, erzählt die Wirtschaftsmathematikerin, die das unter keinen Umständen zulassen wollte. Sie setzte sich an die Spitze der Bürgerinitiative Pro Kanallandschaft und kurbelte den Protest an. Der Ausbau konnte verhindert werden.

Achim Förster, Caspersons Zehlendorfer Pendant und mit ihm gemeinsam zum Ehrenvorsitzenden des Vereins Buschgraben/Bäketal ernannt, sorgt sich nicht nur um die Landschaft, sondern auch um die knapper werdende frische Luft. „Potsdam und Berlin wachsen rasant“, erklärt er. Würden die Naherholungsgebiete nicht gleichsam mitwachsen, leide die Erholung. „Wir brauchen sie heute genauso wie im 19.Jahrhundert“, sagt der Berliner. Vor diesem Hintergrund ließe sich auch die Vehemenz verstehen, mit der die Interessengruppe zu Beginn ihrer Amtszeit gegen den geplanten Neubau der Kirche im Alten Dorf in Kleinmachnow vorging, das ebenfalls im Landschaftsschutzgebiet liegt (PNN berichteten). Anders als bei der Schleuse lief der Protest hier jedoch ins Leere. „Aus ökologischer Sicht ist das bedauerlich“, sagt Theiler.

Statt auf Konfrontation setzt der Verein heute auf den Dialog. Die Kirche beschäftigt Theiler und Verbündete jedoch weiterhin. Heute liegt ihr Augenmerk auf der Gestaltung der um den Neubau geplanten Parkanlagen, die sich der Verein so „naturnah belassen und pflegeleicht wie möglich“ wünscht. Auch auf die geforderten und noch ausstehenden Ausgleichsmaßnahmen für den Kirchneubau, etwa für Vögel und Fledermäuse, werde der Verein weiter drängen. Auch darauf, dass die Rohre im Buschgraben am Zehlendorfer Damm verschwinden. „Ein verrohrtes Gewässer ist kein lebendes Gewässer“, sagt Achim Förster.

Für die Zukunft erhofft sich Vereinschefin Theiler einen noch stärkeren politischen Austausch – vor allem vor Projektbeginn. „Im Moment werden wir zwar gehört, aber nicht gefragt“, erklärt sie. Etwa bei der Sanierung des Düppelteichs hätte sie sich gewünscht, früher in die Planungen einbezogen worden zu sein. Für die vom Verein vorgebrachte Alternativvariante einer Teichentlüftung statt einer folgenreichen Ausbaggerung ist es nun wohl zu spät, fürchtet Theiler.

Dem neuen Team des Vereins stünde zudem angesichts der Diskussion um die Reaktivierung der Stammbahnstrecke von Zehlendorf über Kleinmachnow nach Potsdam eine eine harte Zeit bevor. „Bei der Stammbahn schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, gesteht Ursula Theiler. Auf der einen Seite sehe sie die ökonomischen Vorteile der Bahnverbindung, auf der anderen werde mit dem Bau massiv in den Düppeler Forst eingegriffen, sagt sie. In Landschaftsräume also, um dessen Erhalt sich der Verein seit Anbeginn bemüht.

Im nächsten Quartal wollen sich die Naturschützer intensiv dem Thema widmen und über die diskutierten Varianten informieren, kündigt die Vereinschefin an. Einen eigenen Standpunkt könne der Verein dabei aber nicht vertreten. Anders als bei Schleusen- oder Kirchenbau sei es aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen bisher nicht gelungen, eine einheitliche Position zur Stammbahn zu finden, so Theiler.

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