zum Hauptinhalt
Schon über Werder in die Landeschleife: Die Initiative Fluglärmfreie Havelseen will verhindern, dass die Region zur Luftkreuzung wird. Stattdessen sollten die Jumbos westlich an Werder und südlich an Ferch vorbeidüsen.

© Patrick Pleul / dpa

Von Thomas Lähns: Krach im Anflug

Initiative „Fluglärmfreie Havelseen“ gewinnt an Zulauf / Anflug-Routen über Region Werder befürchtet

Schwielowsee - Der Protest gegen drohenden Fluglärm im südlichen und westlichen Potsdamer Umland durch die BBI-Flugrouten nimmt Form an. Auf einer Veranstaltung mit über Hundert Gästen hat sich am Donnerstagabend die Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ gegründet. Über 70 Leute haben sich bereits in die Mitgliederlisten eingetragen, sagte der Sprecher der Initiative, Peter Kreilinger, den PNN. In einem Vortrag hatte er zuvor erläutert, dass die Region Schwielowsee künftig vor allem unter den Anflügen leiden werde. Die Initiative befürchtet Flughöhen von unter 1000 Metern und damit verstärkte Lärm- und Schadstoffbelastung in den staatlich anerkannten Erholungsorten.

In seinem Vortrag bezog sich Kreilinger am Donnerstagabend auf ein Gutachten des Flughafenplaners Dieter Faulenbach da Costa, in dem neben steileren Anflugwinkeln auch veränderte Anflugrouten für den neuen Großflughafen Schönefeld vorgeschlagen werden. Die Untersuchung hatte ein Verband der südlichen Berliner Randgemeinden in Auftrag gegeben. Offiziell hat die Deutsche Flugsicherung noch nichts über die geplanten Anflugrouten verlauten lassen. Eine Stellungnahme dazu war gestern nicht zu bekommen. Die Initiative geht erst einmal vom Schlimmsten aus. „Wenn wir das Problem unterschätzen, ist der Schaden nicht wieder gutzumachen“, so Kreilinger.

Eines der vordringlichsten Ziele der neuen Initiative: Die vier Kommunen Werder (Havel), Schwielowsee, Michendorf und Nuthetal sollen in der Fluglärmkommission mitreden dürfen. Das Gremium ist die einzige verbriefte Möglichkeit für betroffene Gemeinden, die Flugrouten zu beeinflussen. Werder, Schwielowsee, Michendorf und Nuthetal sind bislang nicht vertreten. Die Havelseen-Initiative will deshalb nun Landrat Wolfgang Blasig (SPD) dafür gewinnen, ihre Belange zu vertreten. „Natürlich ist er in einer schwierigen Lage und muss die Interessen all seiner Gemeinden vertreten“, räumte Kreilinger ein, doch hätten Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow ja ihre eigene Stimme in der Kommission. Auf der Versammlung am Donnerstag gab es auch Stimmen, die zum Schulterschluss mit der Landeshauptstadt Potsdam aufriefen: „Potsdam muss erkennen, dass seine Touristen dank unserer Erholungsorte länger bleiben“, sagte eine Frau.

Die konkreten Forderungen der Havelseen-Anrainer: Anflüge sollten westlich an Werder vorbei und südlich von Ferch über dünner besiedelte Gebiete geführt werden. Den direkten Kurs auf den Großflughafen könnten sie dann über der A 10 nehmen, wo ohnehin schon erhöhte Geräuschpegel herrschen würden, hieß es. Einen ähnlichen Kurs schlägt die Initiative für die Abflüge vor. Vor allem wolle man vermeiden, dass über den Havelseen eine „Luftkreuzung“ entsteht, an der sich an- und abfliegende Maschinen begegnen. „Denn dadurch werden die Anflüge noch weiter nach unten gedrückt“, erläuterte Kreilinger.

Eine weitere wesentliche Forderung: Die Ausweitung des Nachtflugverbotes. Das gelte derzeit nur von 0 bis 5 Uhr und auch nicht für alle Maschinen. Denn mit Sondergenehmigung dürften Flugzeuge auch nachts starten und landen. Im Hinblick auf die zu erwartende Lärmbelastung zeichnete Kreilinger ein düsteres Bild, denn die Grenzwerte zur gesetzlich anerkannten „Unzumutbarkeit“ seien alles andere als niedrig. Nachts gelte für den BBI ein „äquivalenter Lärmschallpegel“ von maximal 50 Dezibel – ein Durchschnittswert, der über das gesamte Jahr ermittelt werde – oder das Limit von sieben „Lärmereignissen“ von bis zu 70 Dezibel pro Nacht. „Das ist dann so laut wie ein Staubsauger in einem Meter Entfernung“.

Mit der Forderung nach einem längeren Nachtflugverbot liegen die Havelsee-Anrainer auf einer Linie mit anderen Bürgerinitiativen. Generell wolle man mit den anderen gemeinsame Interessen ausloten, hieß es am Donnerstagabend. Dann sei es auch nicht mehr nötig, dass jede Kommune eine eigene Stimme in der Lärmschutzkommission hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false