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Von Thomas Lähns: Auf Entdeckungstour im „Grünen Klassenzimmer“

In Fichtenwalde wird der Revierförster zum Lehrer

Beelitz - Ist der Hirsch wirklich der Papa vom Reh? Da hat Walt Disney mit seinem „Bambi“ ja was angerichtet! Revierförster Martin Schmitt muss das Bild, welches Kinder von der heimischen Tierwelt haben, zurechtrücken: „Nein, Reh- und Rotwild sind zwei verschiedene Arten. Und dann gibt es hier auch noch das Damwild.“ Gebannt lauschen die Fichtenwalder Grundschüler den Ausführungen Schmitts. Ihren Unterricht haben sie vor kurzem nach draußen verlegt: Im „grünen Klassenzimmer“ zwischen Kiefern und Birken erläutert der Fachmann ihnen Tierarten, bestimmt mit ihnen Bäume nach Blattform oder Geruch und erzählt aus seinem Berufsleben.

Wie wichtig der Praxis-Unterricht an frischer Luft ist, erläutert Biologielehrerin Melanie Mellen: „Das Wissen über den Wald und die Natur ist bei den Kindern heutzutage eher gering.“ Viele Eltern hätten nicht die Zeit, um mit ihrem Nachwuchs einfach mal einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Und die Eigeninitiative zu einem Ausflug in die Wälder der Umgebung wird durch Computer und Fernsehen eher gebremst als gefördert. Im Bio-Unterricht behandelt Frau Mellen mit ihren Kindern gerade das Thema Ernährung. Der Wald als Lebenskreislauf und Nahrungskette, an deren Ende wie immer der Mensch steht, eignet sich dafür besonders gut. Aber auch der Sport- und der Sachunterricht findet in Fichtenwalde regelmäßig unter Kiefern statt, wie die Lehrerin erzählt.

Der Beruf des Försters ist für die Kinder besonders interessant – zumal Martin Schmitt erzählt, dass er auch Jäger ist. „Wie oft jagen sie?“, „Was für ein Gewehr benutzen sie?“, „Auf welche Tiere schießen sie?“ – All die Fragen hört er sich geduldig an, um danach die martialischen Vorurteile abzubauen. Denn natürlich geht es nicht ums Schießen, sondern darum, das Gleichgewicht im Lebensraum Wald zu erhalten. Auch Schmitt hat Fragen an die Kinder: Woran sie denn das Alter eines Waldes erkennen, woher die Löcher im Stamm kommen und warum die Bäume nicht alle gleich hoch sind? „Weil die Kleinen nicht genug Platz zum Wachsen haben“, kräht ein besonders pfiffiger Knirps. Ja, und weil das Licht nicht genügend zu ihnen durchdringt, ergänzt der Förster. Die Fichtenwalder Kinder haben durchaus Ahnung, kennen verschiedene Spechtarten und wissen, dass sich der Fuchs manchmal mit dem Dachs die Wohnung teilen muss.

Das zeigen sie auch bei einem Spiel, das Schmitt vorbereitet hat: Jedes Kind bekommt einen Zettel umgehängt, auf dem ein Tiername prangt. Alle stellen sich im Kreis auf, der Förster steht in der Mitte. Er ist der Wald und beginnt nun, gezielte Fragen zu stellen: wer hinter seiner Borke krabbelt, wer im Spechtloch wohnt, wer seine Eier in fremde Nester legt. „Borkenkäfer“, „Hohltaube“, „Kuckuck“ und all die anderen melden sich nacheinander und bekommen das Ende einer langen Schnur zugeworfen. Schließlich hat sich ein enges Netz um Schmitt gesponnen, durch das die Wechselwirkungen zwischen dem Wald und seinen Bewohnern deutlich werden.

Mit seinem Unterricht hat Martin Schmitt offenbar das Interesse geweckt: Im September wollen die Schüler einen Baumpfad mit Infotafeln auf dem Sportplatz hinter der Schule anlegen. „Dann könnt ihr immer wieder nachschauen, wenn ihr mal unsicher seid“, sagt die Lehrerin. Und sie können dem Förster mal eine Führung durch ihren „Wald“ geben.

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