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Von Matthias Matern: Der Müll kam auch aus Sachsen-Anhalt Müllskandal im Landkreis: Seit Mittwoch sitzt Beschuldigter in Untersuchungshaft – und schweigt

Potsdam-Mittelmark - Auf skrupellose Weise hat er sich in mindestens sieben Fällen an der illegalen Entsorgung von Müll bereichert und damit nicht nur Schäden in Millionenhöhe verursacht, sondern auch die Gesundheit anderer gefährdet. Jetzt sitzt der 53-jährige Chef einer Entsorgungsfirma aus dem Belziger Ortsteil Borne in Untersuchungshaft in Brandenburg (Havel) (PNN berichteten).

Von Matthias Matern

Potsdam-Mittelmark - Auf skrupellose Weise hat er sich in mindestens sieben Fällen an der illegalen Entsorgung von Müll bereichert und damit nicht nur Schäden in Millionenhöhe verursacht, sondern auch die Gesundheit anderer gefährdet. Jetzt sitzt der 53-jährige Chef einer Entsorgungsfirma aus dem Belziger Ortsteil Borne in Untersuchungshaft in Brandenburg (Havel) (PNN berichteten). „Der Beschuldigte wurde am Mittwoch um sieben Uhr morgens in Wohnortnähe festgenommen“, berichtet Christoph Lange, Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam. „Immobilienverkäufe ließen unter anderem darauf schließen, dass R. sich größere Mengen Bargeld beschaffen wollte.“ Es habe Fluchtgefahr bestanden.

Ermittelt wird gegen den ehemaligen Polizisten wegen des Verdachts auf besonders schwere Umweltstraftaten. Zu den Vorwürfen habe R. gegenüber dem Haftrichter bislang geschwiegen, informiert Christoph Lange. Das Ausmaß der ihm zur Last gelegten Fälle wurde erst seit Beginn des Jahres Stück für Stück bekannt. Dabei handelt es sich insgesamt um sechs stillgelegte, alte DDR-Deponien in Wollin, Zitz, Rogäsen, Altbensdorf, Mörz und Schlamau sowie um einen Kiessandtagebau in Schlunkendorf, allesamt im Landkreis gelegen.

Die Serie der Enthüllungen begann im Januar mit der Deponie in Wollin, mit deren Rekultivierung die Firma des Beschuldigten beauftragt war. Doch anstatt, wie von der Unteren Abfallbehörde vorgeschrieben, füllte R. die Deponie nicht ausschließlich mit unbelastetem Bauschutt und Erde auf, sondern versenkte dort illegal geschredderten Hausmüll, unter anderem auch Plastik-Abfälle. Den Tipp erhielten die Ermittler aus der Bevölkerung. Die jüngste Entdeckung wurde auf der Alt-Deponie Schlamau gemacht, die zudem im Landschaftsschutzgebiet „Hoher Fläming“ liegt.

Die Menge illegalen Mülls schätzt Staatsanwaltschafts-Sprecher Lange auf mindestens 160 000 Kubikmeter. „Vorwiegend organischer und nichtorganischer Hausmüll.“ Auch ein alter Reifen, ein alter Benzinkanister und Folie, die unter anderem beim Spargelanbau verwendet wird, sei gefunden worden. Für zwei der sieben Anlagen lägen mittlerweile Umweltgutachten vor, sagt Lange. Demnach bestünde in Wollin durch das gelagerte Material eine Gefahr für Erdreich und Grundwasser. „Bei der Verrottung könnten unter anderem Schwermetalle und Keime ausgewaschen werden, die dann ins Grundwasser gelangen“, beschreibt der Sprecher. Das zweite Gutachten für Zitz komme zu einem ähnlichen Ergebnis. Das Strafmaß für Delikte dieser Größenordnung liege zwischen neun Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe.

Auf mindestens 50 Millionen Euro schätzt der Landkreis die Kosten für die Entsorgung für allein vier Anlagen. „Dafür können nicht wir alleine gerade stehen“, findet Landrat Lothar Koch (SPD). Derzeit würden Gespräche mit dem Land stattfinden. Aber es sei auch ein bundesweites Problem, meint Koch. Immerhin sei nachweislich auch Müll aus Sachsen-Anhalt in den Deponien verschwunden. Und: Seines Wissens hätten die Ermittler auch entsprechende Anfragen an Landesregierungen alter Bundesländer gerichtet. Die offensichtliche „kriminelle Energie“ des Beschuldigten übersteige „jegliche Fantasie“, sagte Koch.

Doch vermutlich hat R. noch weit mehr auf dem Kerbholz. Bei der Staatsanwaltschaft Potsdam läuft parallel ein Verfahren wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“, weil R. angeblich ohne zu bremsen mit seinem Auto auf einen Kameramann des RBB zuhielt. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin ermittelt zudem wegen des Verdachts auf Bestechung. In einem Hotelrestaurant richtete R. 2005 eine Weihnachtsfeier für 25 Mitarbeiter des Amtes Wusterwitz aus. „Es gibt einen Auftrag des Amtes an die Firma des Beschuldigten zur Renaturierung von drei Alt-Deponien“, sagt Stefan Heidenreich, Leiter der Antikorruptionsstelle. „Wir ermitteln jetzt die Verantwortlichkeit und mögliche Verknüpfungen.“ Für Bestechung liege das Strafmaß bei einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

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