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Von Henry Klix: „Fettes Lineup“ auf der Friedrichshöhe

Die einstige Höhengaststätte entwickelt sich seit gut einem Jahr zu einem angesagten Standort für elektronische Tanzmusik

Werder (Havel) - Als Holger, Acki, Karsten, Karl und Elli vor zwei Jahren Silvester in einem Lagerschuppen am Bahnhof feierten, stellten sie fest, dass es in der Stadt langweiliger geworden war. Das Interstate gab es nicht mehr und was noch so an Partys und Diskotheken im Umfeld geboten wurde, sprach sie einfach nicht an. Damals ergriffen sie selbst die Initiative, es entstand „Hakke-Music“, eine Freizeit-Agentur, deren einprägsamer Name aus den Anfangsbuchstaben der jungen Clique gebildet wurde – Holger, Acki, Karsten, Karl und Elli.

Schritt Nummer Zwei war die Suche nach einer geeigneten Location, und Detlef Haase, der mit seiner Baufirma gerade die Friedrichshöhe gekauft und kurzfristig nichts besseres damit vor hatte, war damit einverstanden, dass sich die neue Agentur hier ausprobiert. Der etwas abgewirtschaftete, über 800 Quadratmeter große Ballsaal und das Restaurant, die nach langem Leerstand einen rauen Charme ausstrahlen, haben offenbar den Nerv von Electro-, Techno- und House-Fans getroffen. Statt Liedern zum Schunkeln zittern jetzt die Wände.

Im letzten Quartal 2007 fanden zwei, im vorigen Jahr vier große Veranstaltungen statt. Es sind nicht etwa kleine Privatfeiern: Zur „Klangkultur“ im März vergangenen Jahres wurden – wie zu den besten Zeiten der beliebten Höhengaststätte – 1800 Gäste gezählt. Im Gästebuch werden solche Veranstaltungen mit Sätzen wie „fettes lineup wieda auffa friedrichshöhe“ kommentiert, womit wohl der gelungene Musikmix gemeint sein dürfte.

Hakke hat auch andere originelle Orte zum Feiern ausprobiert – ob das Strandbad am Plessower See, die Wachtelburg oder – wie Silvester unter dem Motto „Rumswaldera“ – das leerstehende Obergeschoss des Trend-Kaufhauses. Doch die Friedrichshöhe hat die inzwischen auf acht Leute gewachsene Runde um Steve Welzel (30) und Christian Ackermann (26) am meisten überzeugt. „Wir sind anfangs etwas naiv rangegangen“, gesteht Ackermann, aber inzwischen seien die Fenster schallisoliert und man arbeite mit einem ordentlichen Eventkonzept. Selbst internationale Szenegrößen wie „Beroshima“ ließen sich davon überzeugen, auf dem Tourenplan des Live-Act-Stars wird neben Mexico City, Toronto und Shanghai wie selbstverständlich auch „Werder/Havel“ genannt.

In die Friedrichshöhe will Hakke – mit Einverständnis des Eigentümers – in diesem Jahr alle Kräfte konzentrieren. Eigentlich sind die acht Leute als Dachdecker, Autoverkäufer, Webdesigner oder Kabeltechniker der Telekom tätig, aber für die Agentur opfern sie ihre komplette Freizeit und den Urlaub. Fast alle der zwölf geplanten Hakke-Veranstaltungen werden auf der Friedrichshöhe stattfinden. Das Disko- und Livespektrum soll sich nicht mehr auf elektronische Tanzmusik beschränken, die denkmalgeschützte Höhengaststätte soll wieder „für Jung und Alt interessant werden“, sagt Steve Welzel. So konnte man für heute Abend (21 Uhr) die Deutschrock-Gruppe Six aus Jüterbog gewinnen, deren Hit „Geiler isses hier“ derzeit die Hitliste bei BB-Radio anführt. Am 6. März ist eine 80er Jahre Party für alle geplant, die sich an die schönen alten Zeiten des Lokals erinnern möchten.

Zudem soll in diesem Jahr, vorerst von Juni bis August, ein Biergartenbetrieb auf die Aussichtsterrasse locken. Für das Baumblütenfest, zu dem am Bahnhof auch schon Alternativprogramme geboten wurden, haben vier Leute aus der Truppe schon einen Gesundheitspass abgelegt, sagt Welzel. Jetzt wurde beim Rathaus ein Antrag für Imbissbetrieb und Ausschank auf Probe gestellt.

„Die Friedrichshöhe hat Potenzial, da wollen wir noch Energie reinstecken“, sagt Welzel. Wo das Ganze mal hinführen kann, weiß er nicht genau, aber Fakt ist: Hakke will hier weitermachen und hofft, dass der Standort nicht an einen Wohnungsinvestor verkauft wird.

Danach sieht es jedenfalls zurzeit nicht aus. Eigentümer Detlef Haase ist froh, dass sich wieder etwas bewegt. Seine Pläne, ein Hotelbetrieb aufzubauen, musste er aufgrund der derzeit zugeknöpften Banken sowieso auf Eis legen. Jetzt denkt er laut über die Chancen eines jungen frischen Pendants zur ehrwürdigen Bismarckhöhe nach. „Vielleicht entstehen auf diesem Weg Reserven, um schrittweise die Gebäudesubstanz zu sichern.“ Und warum, fragt sich Haase, sollte man nicht auch für die Friedrichshöhe einen Förderverein auf die Beine gestellt bekommen? Wenn Hakkes Projekte in diesem Jahr Anklang finden, würden sich vielleicht auch Investitionen rechnen, sagt Haase. Und möglicherweise seien Partys und Biergartenbetrieb ja eine Variante für den Dauerbetrieb.

www.hakke-music.de

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