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Stark gefordert: Bei 421 Bränden und Explosionen waren die mittelmärkischen Feuerwehren 2009 im Einsatz. Dreimal so hoch war jedoch die Zahl der technischen Hilfeleistungen vor allem auch auf Autobahnen.

© Georg Moritz/Archiv

Von Hagen Ludwig: Immer weniger Einsatzkräfte

Kreisbrandmeister Herbert Baier kritisiert Personalmangel und veraltete Technik bei der Feuerwehr

Potsdam-Mittelmark - Viele freiwillige Feuerwerwehren des Landkreises Potsdam-Mittelmark können vor allem tagsüber auf immer weniger Einsatzkräfte zurückgreifen. Vor dieser Entwicklung warnt Kreisbrandmeister Herbert Baier in seiner jetzt dem Kreistag vorgelegten Jahresbilanz für das Jahr 2009. Grund dafür sei in vielen Fällen die Haltung der Arbeitgeber zur Feuerwehrarbeit. Nach dem Gesetz dürfe den Kameraden aus ihrer Tätigkeit für die Feuerwehr kein Nachteil entstehen. Die Feuerwehrleute würden es in vielen Fällen jedoch lieber nicht darauf ankommen lassen, so Baier.

Bereits im März hatte der Werderaner Stadtwehrführer Lothar Boreck bei einem Besuch von Innenminister Rainer Speer (SPD) in seiner Feuerwache Alarm geschlagen (PNN berichteten). Viele Firmenchefs würden es ablehnen, die Männer zum Einsatz zu lassen, so Boreck. Von 31 Einsatzkräften in Werder (Havel) kann Boreck tagsüber lediglich auf acht zugreifen – fast alle von ihnen sind bei der Stadt angestellt oder arbeitslos. An Wochenenden kann der Wehrführer indes in der Stadt Werder (Havel) und ihren Ortsteilen auf insgesamt 150 Kräfte zählen.

Die Situation in Werder ist exemplarisch für viele Feuerwehren. Kreisbrandmeister Baier warnt davor, dass die Schere zwischen den übertragenen Aufgaben zur Gefahrenabwehr an die freiwilligen Wehren und die Verfügbarkeit der ausgebildeten Einsatzkräfte immer weiter auseinander geht. „Hier ist in Wahrnehmung einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe auch aus dem politischen Verantwortungsbereich heraus ein Umdenkungsprozess erforderlich“, fordert Baier. Im Kreistag Potsdam-Mittelmark ist die Botschaft angekommen. Baldur Martin von der Fraktion Freie Bürger und Bauern (FBB) sagte auf der jüngsten Sitzung, die Kritik müsse ernst genommen werden. Das Thema soll jetzt im zuständigen Fachausschuss für Sicherheit und Verkehr behandelt werden, kündigte Vize-Landrat Christian Stein (CDU) an.

Insgesamt waren die mittelmärkischen Feuerwehren im Jahr 2009 bei 421 Bränden und Explosionen gefordert. Bei einem Großteil der Einsätze geht es jedoch nicht mehr um den klassischen Brandschutz. So wurden die Wehren zu 1334 technischen Hilfeleistungen vor allem auch auf Autobahnen gerufen (2008: 484 Brände und 1433 Hilfeleistungen). Zwölf Menschen sind 2009 bei Unfällen und Bränden ums Leben gekommen. Auf der anderen Seite habe die Feuerwehr 70 Menschen aus Gefahrensituationen retten können.

Laut Baier seien die bisherigen Strukturen der Feuerwehr im Landkreis nur bedingt geeignet, um eine flächendeckende Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Die erfolgte Bildung von Stützpunktfeuerwehren könne ein Weg sein, das ausgebildete Personal und die Technik zeitnah zum Einsatzort zu bringen. Gleichzeitig plädiert Baier für das organisatorische Zusammenlegen freiwilliger Ortsfeuerwehren bei Erhalt ihrer Eigenständigkeit. So könnte deren Einsatzbereitschaft besser gewährleistet werden.

Insgesamt stehen im Land Brandenburg laut Baier jährlich 5 Millionen Euro für die Ausstattung der Stützpunktfeuerwehren zur Verfügung. Aus diesem Fonds sei in Mittelmark im Jahr 2009 der Kauf von zwei neuen Feuerwehrfahrzeugen gefördert worden. Die Kommunen Bad Belzig, Teltow und Stahnsdorf sowie die Ämter Wusterwitz, Beetzsee und Niemegk hätten mit eigenen Haushaltsmitteln moderne Feuerwehrtechnik angeschafft. Dennoch sei der Anteil überalterter Technik nach wie vor kritisch zu betrachten, so Baier.

Mehr Geld vom Land für freiwillige Feuerwehren hatten Vertreter von Verbänden und Landkreisen Mitte April auch im Innenausschuss des Landtages gefordert (PNN berichteten). Die Diagnose dort lautete: Die Einsatzbereitschaft sei zwar noch gewährleistet, aber überall herrsche Mangel: fehlender Nachwuchs, fehlende Ausbildung, fehlende Einsatzkräfte am Tage – und fehlender Anreiz für den ehrenamtlichen Dienst.

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