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Mit Baggern ließ das LKA im April 2008 nach illegalem Müll in der Kiesgrube Fresdorfer Heide bei Michendorf suchen.

© dpa

Von Alexander Fröhlich: Ein mafiöses Konstrukt?

Zweiter Prozess-Anlauf um illegale Mülldeponie in der Fresdorfer Heide

Potsdam-Mittelmark - Götz E. (50) beschäftigt sich gern mit den schönen Dingen des Lebens. Er blättert im „Golfjournal“, das vor ihm auf der Anklagebank liegt, oder schaut abwesend durch das große Fenster der Verhandlungssaals am Amtsgericht Potsdam. Bei dem Prozess gegen ihn aber geht es nicht um Schönes, es geht um eine Umweltstraftat, um giftigen Abfall im Michendorfer Kiestagebau „Fresdorfer Heide“. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft dem Unternehmer unerlaubten Umgang mit gefährlichen Abfällen und unerlaubtes Betreiben einer Müllanlage vor, dem Betriebsleiter Lars Z. (47) Beihilfe dazu. Die Firma des Angeklagten, die BZR Bauzuschlagstoffe und Recycling GmbH, soll von Herbst 2006 bis August 2007 gefährlichen Gewerbe- und Industriemüll in der Kiesgrube verklappt haben. Es war also eine illegale Deponie. Insgesamt 45 000, Kubikmeter, knapp 14 000 Tonnen die nur auf Spezialdeponien oder in Verbrennungsanlagen hätten landen dürfen. Die Staatsanwaltschaft geht von Entsorgungskosten von 1,35 Millionen Euro aus. Die Firma hatte nur eine Genehmigung , um die Kiesgrube mit vorsortiertem Bauschutt wieder nutzbar zu machen. Die beiden Angeklagten schwiegen am ersten Verhandlungstag am Mittwoch zu den Vorwürfen.

Ein Mitarbeiter des Landesbergamts war 2007 bei einer Routinekontrolle auf die Deponie gestoßen, 2008 rückten die Bagger an. Proben ergaben krebserrregedende Stoffe und andere Umweltgifte, die Grenzwerte wurden um das Dreifache überschritten. Laut Anklage bestand die Gefahr, dass vom Regen ausgespülte Gifte in das Grundwasser gelangen.

Die Verteidiger sehen keine Umweltstraftat, wenn überhaupt, nur eine Ordnungswidrigkeit, weil die Angeklagten höchstens gegen Bergbaurecht verstoßen haben könnten. Denn in der Kiesgrube sollte Müll verwertet, nicht beseitigt werden. Zudem bezweifeln die Anwälte die Ergebnisse der Gutachter, die im Auftrag der  Ermittler den Abfall untersuchten. Ein für die Verteidiger erstelltes Gutachten komme zu gegenteiligen Ergebnissen.

Jedenfalls war es kein Müll, der dort hingehört. Mehrere Mitarbeiter der Firma sprachen als Zeugen vor Gericht von Flocken, Flussen, Schnipseln, Kunststoffknäueln, ungewöhnlich leichtem Müll. In der Grube sei von „Mineralik“ gesprochen worden. Wenn der Abfall feucht gewesen sei, habe er schrecklich gestunken. „Ob das rechtens ist oder nicht, ich mache meine Arbeit“, sagte ein Angestellter.

Ein Ermittler des Landeskriminalamtes sprach von klein gehäckselter Plastik. Er hatte auch die Geschäftsunterlagen geprüft, fand auffällige Rechnungen, mehrfach durchgestrichene Belege und Vermerke, die seinen Verdacht verstärkten, dass hier falsch deklariertes Material angeliefert wurde. Und der Ermittler hat die Lieferanten unter die Lupe genommen, darunter andere Entsorgungsfirmen. Darunter ist auch ein Unternehmen, auf dessen Betriebsgelände in Velten (Oberhavel) vor zwei Jahren bei einem Großbrand in einer Sortierhalle Bau- und Gewerbeabfälle in Flammen aufgegangen waren. Der Angeklagte E. reagierte nervös, fragte den Ermittler: „Wollen sie hier ein mafiöses Konstrukt behaupten?“ Wollte er nicht.

In der „Fresdorfer Heide“ ist der gefährliche Müll nach Angaben der Verteidiger noch nicht vollends verschwunden. Ein erster Prozess im Mai vergangenen Jahres war verschoben worden, um die Beseitigung der illegalen Deponie abzuwarten. Der Prozess wird am 7. März fortgesetzt, ein Urteil ist für den 17. März geplant.

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