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Virtuelle Realität: Apple kauft Teltower Firma Sensomotoric

Brandenburger Unternehmen gilt als Vorreiter in den Bereichen erweiterter und virtueller Realität.

Teltow - Der Technologie-Riese Apple hat offenbar die Teltower Firma Sensomotoric Instruments übernommen. Das Teltower Unternehmen hat unter anderem eine Technik entwickelt, mit der sich die Blickrichtung eines Menschen verfolgen lässt. Dieses Verfahren kommt zum Beispiel in Brillen für virtuelle Realität zum Einsatz, wo die Augenbewegungen mit kleinen Kameras beobachtet werden.

Damit können zum einen Rechen-Ressourcen gespart werden, weil es reicht, die Inhalte in hoher Qualität nur an der Stelle anzuzeigen, auf die der Nutzer gerade blickt. Außerdem kann der Nutzer damit auch Computer mit Augenbewegungen steuern. Zudem kommt die Technologie zum Beispiel in medizinischen Geräten zum Einsatz.

Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) zeigte sich erfreut über das Interesse der renommierten US-Firma an den Innovationen aus seiner Stadt. „Ich habe das Unternehmen selbst zweimal besucht und es beide Male als hochinnovativ wahrgenommen“, sagte Schmidt über Sensomotoric Instruments. Die Übernahme durch Apple sei eine schöne Bestätigung für Teltow als Hightech-Standort: „Auch ein kleines Unternehmen kann hier Großes schaffen.“

Sensomotoric wirkte laut Medienberichten unter anderem an der Entwicklung der VR-Brille Vive von HTC und der Spieleplattform Valve mit. Apple kommentierte erste Medienberichte über den Zukauf mit dem üblichen Satz, der als Bestätigung für Übernahmen gilt: „Apple kauft von Zeit zu Zeit kleinere Technologieunternehmen, und wir äußern uns grundsätzlich nicht zu unseren Zielen oder Plänen.“ Sensomotoric selbst wollte sich auf PNN-Anfrage nicht zu der Übernahme äußern.

Als Erstes hatte die Online-Plattform MacRumors über die Übernahme berichtet. Nach dem Bericht hatte Apple die Firma Sensomotoric durch eine Strohfirma namens Vineyard Capital Corporation gekauft. In der Vergangenheit hat Apple schon häufiger auf die Taktik zurückgegriffen, Unternehmen im Namen von Strohfirmen zu erwerben, um die Übernahme zu verheimlichen.

Vineyard Capital Corporation wird durch den Anwalt Ali Sahin repräsentiert, der auch schon als neuer Geschäftsführer auf der Webseite des Unternehmens steht. Bisheriger Geschäftsführer von Sensomotoric Instruments war Eberhard Schmidt, ein erfahrener Start-up- Gründer, der unter anderem auch in leitender Position bei der Unternehmensberatung McKinsey arbeitete. Er übernahm Sensomotoric im Jahr 2008 von dem Vorgänger Winfried Teiwes, der das Unternehmen 1991 gegründet hatte. Mittlerweile hat das Unternehmen auch Büros in Boston und San Francisco und beschäftigt an den beiden US-Standorten sowie in Teltow rund 60 Mitarbeiter.

Was die Übernahme für die Beschäftigten bedeutet und ob Sensomotoric in die Konzernstrukturen Apples eingebettet wird, ist derzeit noch unklar. Eine archivierte Version der Unternehmenswebsite von Mitte Mai zeigt, dass die Firma zu jenem Zeitpunkt noch Stellen ausschrieb – die sind inzwischen jedoch nicht mehr auf der Seite zu finden. Auch seine zuvor detaillierten Informationen zu einzelnen Produkten hat das Unternehmen von der Seite genommen. Ein ehemals vorhandener Newsblog sowie Veranstaltungs- und Workshop-Hinweise sind offenbar ebenfalls kurzfristig entfernt worden. Der Anwalt Ali Sahin von der Wirtschaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek wollte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa die Medienberichte nicht kommentieren. „Ich darf dazu nichts sagen.“ Auch zur Größe des Unternehmens und künftigen Zahl der Mitarbeiter schwieg er sich aus.

Der iPhone-Konzern Apple ist besonders an der sogenannten Erweiterten Realität (Augmented Reality) interessiert, bei der virtuelle Objekte in echte Umgebungen eingeblendet werden. Anfang des Monats stellte Apple die Software-Plattform ARKit vor, die App-Entwicklern helfen soll, solche Funktionen zu integrieren. Apple hat vor Kurzem auch den Prototyp seiner neuen „Smart Glasses“ – ähnlich der „Google Glass“ – präsentiert. Die interaktive Brille soll sich kabellos mit einem I-Phone verbinden lassen und dem Träger dann die gespeicherten Informationen anzeigen. Apple-Chef Tim Cook hatte in den vergangenen Monaten wiederholt sein großes Interesse an Weiterentwicklungen im Bereich Augmented Reality bekundet. „AR kann großartig sein“, sagte er auch im Hinblick auf Kritik, die an „Google Glass“ wegen Datenschutzlücken laut geworden war. „Wir haben viel in den Bereich investiert und werden das weiter tun.“

Sensomotoric hatte auch für seine Tochterfirma OD-OS Aufmerksamkeit erhalten. Die Firma hatte Lösungen für die verbesserte Therapie von Netzhauterkrankungen entwickelt. Dafür war sie 2009 unter anderem mit dem Unternehmenspreis der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) ausgezeichnet worden. Die Methode basierte auf der sogenannten Retina-Navigation, eine bis dahin einzigartige Integration von diagnostischer Bildgebung und navigierter Lasertherapie. Die Sehfähigkeit von Patienten mit diabetischen Netzhauterkrankungen sollte sich damit länger erhalten lassen. (mit dpa)

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