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Seit dem Sommer wird in Wusterhausen ein autonomer Bus getestet. Er ist auf einer vorgegebenen Route durch die Stadt unterwegs. Im mittelmärkischen Pilotprojekt soll der Bus seine Strecke selbst berechnen, dafür braucht es aber 5G.

© Monika Skolimowska/dpa

Verkehrswende: Autonom durch den Fläming

Geht es nach dem Landkreis, sollen die Bewohner zwischen Bad Belzig und Wiesenburg Minibusse ohne Fahrer bald per App Minibusse rufen können - falls sich jemand findet, der in der Region ein 5G-Netz betreiben kann.

Von Enrico Bellin

Bad Belzig - Es wäre eine Deutschlandpremiere: Durch den Hohen Fläming könnten ab dem Jahr 2021 autonome Elektrobusse fahren, die auf keiner vorgegebenen Route unterwegs sind. Die Busse sollen per App gerufen werden können. „Wir wollen die Bürger vor der Haustür abholen“, sagt der Breitbandbeauftragte des Kreises, Karsten Gericke, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Die fahrerlosen Busse sollen die Fläming-Bewohner dann zur nächsten Bushaltestelle oder den Bahnhöfen in Bad Belzig oder Wiesenburg bringen. Bis es soweit ist, sind jedoch noch einige Hürden zu nehmen.

Im Rahmen des 5G-Innovationsprogrammes der Bundesregierung hat sich der Landkreis mit der Busidee beworben. Die Region zwischen Bad Belzig und Wiesenburg wurde ausgewählt, da sich genau zwischen beiden Orten in Klein Glien das Coconat befindet, ein Co-Working-Space für die digitale Elite. In Wiesenburg gibt es die „Neulandgewinner“, ein von der Robert-Bosch-Stiftung gefördertes Projekt, um Großstädter für die dünn besiedelte Region am Rande der Mark zu begeistern. Die Region soll ein sogennantes Smart Village werden, ein digitaler Vorreiter. 

Für das 5G-Netz braucht es einen Betreiber

Die erste Hürde des Innovationsprogrammes hat der Landkreis Gericke zufolge genommen: Er ist unter den 50 Bewerbern von ursprünglich 138, die nun bis Ende April ein genaues Konzept mit Bedarfsanalyse und Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellen müssen. Im Mai soll die Präsentation erfolgen. Zehn der 50 Projekte sollen aller Voraussicht nach ausgewählt und mit jeweils vier Millionen Euro gefördert werden, die genauen Bedingungen für diese Phase des Förderprogrammes werden noch erstellt.

Eine der Bedingungen ist, dass sich das Vorhaben auch ohne staatliche Unterstützung wirtschaftlich darstellen ließe. Mit dem Fördergeld soll lediglich die Anfangsinvestition in den Bus für etwa zwölf Personen sowie die Ladeinfrastruktur finanziert werden, das Geld würde bis 2022 gezahlt. Für das nötige Mobilfunknetz nach 5G-Standard, welches der Bus braucht, um Daten etwa zum Straßenverlauf in der nötigen Geschwindigkeit zu erhalten, muss ein Betreiber gefunden werden, der das Netz eigenständig finanziert.

Bislang fahren Busse in Berlin und Brandenburg auf vorgegebener Strecke

Im Land Brandenburg gibt es derzeit nur einen Test mit einem autonomen Bus in Wusterhausen (Ostpriegnitz-Ruppin). Dort fährt der Elektrobus jedoch nur auf einer vorgegebenen Strecke. In Berlin fahren autonome Elektrobusse auf dem Gelände der Charité ebenfalls nur auf einer abgesteckten Route. 

„Unsere Busse sollen aus den Meldungen, die die Nutzer per App machen, selbstständig die beste Route berechnen um alle vor der Haustür abzuholen und ans Ziel zu bringen“, so Karsten Gericke. Gleichzeitig müsse man in der Bevölkerung die Akzeptanz steigern, die vom Chip gesteuerten Busse auch zu nutzen. „Das wird keine leichte Aufgabe“, so der Breitbandbeauftragte. 

Nach aktueller Rechtslage dürfen autonome Fahrzeuge maximal mit 15 Stundenkilometern im Testbetrieb auf öffentlichen Straßen unterwegs sein. Falls das Projekt vom Bund gefördert wird, soll anfangs ein Bus fahren. „Es gibt aber eine Option auf schnelles Wachstum“, sagt Landrat Wolfgang Blasig (SPD) bei der Pressekonferenz. Das Projekt sei für die Region sehr wichtig. „In Klein Glien gibt es inzwischen einen Nukleus an innovativen Unternehmen.“ 

Größte Schwierigkeit wird die Netzabdeckung sein

Knackpunkt des Konzeptes dürfte die Suche nach einem Anbieter für die 5G-Technologie werden. Der Aktionsrahmen des Busses wird in etwa zehn Kilometer im Durchmesser betragen. Rund 16.000 Einwohner leben in dem Gebiet. „Auch für die mediale Versorgung in diesem Raum ist das Projekt enorm wichtig“, so Blasig. So würden die Einwohner von der schnellen Mobilfunkverbindung profitieren. Auch in der Landwirtschaft könnte die Technologie Fortschritte bieten, in dem etwa Traktoren eigenständig über die Felder fahren könnten.

Bisher gab es im Landkreis mehrere Tests von Elektrobussen herkömmlicher Größe mit Fahrern, etwa auf der Bad Belziger Stadtbuslinie. Beim kreiseigenen Busbetrieb hat man sich jedoch gegen den Elektroantrieb entschieden. Knackpunkte waren vor allem die geringe Akkulaufzeit, die für einen Betrieb in der mittelmärkischen Fläche nicht ausreichte, und die hohen Anschaffungskosten der Busse. Zudem muss deren Batterie im Laufe eines Buslebens meist ausgetauscht werden, was auch im laufenden Betrieb noch einmal Kosten verursacht. Zudem müssten auch die Werkstätten umgerüstet werden, um die Arbeitssicherheit gewährleisten zu können.

Beim geplanten Betrieb mit einem sehr begrenzten Radius und einem Minibus fallen einige dieser Faktoren weg. Weite Strecken bis zur nächsten Ladesäule gibt es nicht. Zudem werden langfristig auch die Kosten für einen Fahrer eingespart. An denen mangelt es in der Region seit Jahren, auch deshalb will der Landrat den autonomen Betrieb forcieren.

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