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Potsdam-Mittelmark: Verborgene Geschichte

Der Heimatverein in Kleinmachnow muss Exponate wegen Platzmangel ablehnen

Kleinmachnow - Es ist die Geschichte eines Mannes, der seine eigene Villa in Kleinmachnow angesteckt hat. Er heißt Karl Strecker (1862 – 1933), war zeitweise ein angesehener Autor. In seiner Autobiografie „Eine Brandstiftung“ hat er sein bitteres Ende aufgeschrieben. Der Schriftsteller wurde 1932 verurteilt, sein Haus im Erlenweg 31 wegen eines Versicherungsbetrugs angezündet zu haben.

Ingo Saupe vom Kleinmachnower Heimatverein hat das Buch bei Recherchen in einem Onlineantiquariat aufgestöbert. Es gehört zu den Neuzugängen in den Beständen des Vereins, der ein Museum bekommen soll und unlängst erstmals öffentlich sein Archiv präsentierte. Manche Gegenstände erzählen ihre Geschichte selbst, wie alte Fotos oder Dokumente. Andere müssen erst geborgen werden, sagt Saupe. Wie die Geschichte Karl Streckers und seines Buchs.

Viel Recherchearbeit leistet Heimatforscher Harald Kretzschmar, auch über Max Zaeper (geboren 1872, Todesjahr unbekannt) hat er einiges zutage gefördert, der ebenfalls eine Zeit lang im Erlenweg wohnte. Auf ihn aufmerksam wurde der Heimatverein durch eine Ansichtskarte, die sein Bild „Kiefern am Waldsee“ zeigt. Zaeper war 1913 auf Hitler getroffen, der ihm als junger Anfänger seine Aquarelle zeigte. Zaeper soll beeindruckt gewesen sein, heißt es. Später habe Zaeper an der Vereinigten Staatsschule für Kunst in Berlin, der heutigen Universität der Künste, eine Professur bekommen.

Viel haben Ingo Saupe und seine Mitstreiter in den vergangenen Jahren zusammengetragen – Bücher und Ansichtskarten, Kunstgegenstände, wissenschaftliche Arbeiten, CDs. Doch in seinen kleinen Büroräumen unter dem Dach der Freizeitstätte „Toni Stemmler“ pflegt er „in äußerst beengten Verhältnissen ein zusammengestopftes Sammelsurium“, so Saupe. Auf dem Boden, in Regalen, Schubfächern, an Wänden – alles ist zugestopft. Mehrere Tausend Exponate, darunter 250 Ansichtskarten, 1800 Bücher und 150 Kunstwerke, fristen hier ein Archiv-Dasein, fernab von den Augen der Allgemeinheit. Das will der Verein ändern.

„Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Schenkungsangebote ich schon ausgeschlagen habe“, sagt Ortschronist Günter Käbelmann. Eine Druckerei, Schneiderwerkstatt mit sieben Maschinen von der Sattlerei bis zur Kleiderherstellung, ein Fotoatelier. Alles Angebote, die er nicht einmal besichtigte, erzählt Käbelmann. Denn der Verein weiß nicht, wohin.

Darüber zeigte sich auch Museumsberater Christian Hirte entsetzt. Er soll im Auftrag der Gemeinde ein Gutachten erstellen, auf dessen Grundlage die Gemeindevertreter im Sommer über ein Heimatmuseum entscheiden sollen. Hirte machte sich vor Ort ein Bild vom Archiv-Material. „Es ist schade, dass der Verein so viele Nachlässe ablehnen musste“, sagt Hirte. Solche Exponate fehlten jetzt.

Noch besteht Uneinigkeit über die Struktur des Museums. Während sich Karikaturist Harald Kretzschmar ein kunstbetontes Museum wünscht, will Vereinschef Rudolf Mach auch Industrie und Gewerbe nicht außer Acht lassen. 15 000 Euro hat die Gemeinde für das Gutachten, das der Berliner Kurator erstellen soll, in die Hand genommen.

Nach dem Gespräch beim Heimatverein wird Hirte nun den Kontakt zu den Fraktionen und Schulen suchen. Die anfangs viel diskutierte Standortfrage ist inzwischen in den Hintergrund getreten. Rudolf Mach will sehen, was gewollt ist. „Hauptsache ist, dass sie sich für ein konkretes Museumsprojekt entscheidet.“ Solveig Schuster

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