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Potsdam-Mittelmark: Venezianischer Zwergspringer trickst Google aus

Besser als Informatikunterricht: Auch Schüler aus Mittelmark durften zum Hasso-Plattner-Institut

Potsdam-Mittelmark - Der Venezianische Zwergspringer ist ein scheues Tierchen. Kein Wunder, wurde er doch vehement verfolgt. Fast alle Dokumente, die seine Existenz belegen, sind vernichtet. Heute lebende Menschen haben die Springer, die zur Art der Frösche zählen sollen, nie zu Gesicht bekommen. Selbst eine Forschergruppe blieb erfolglos. Trotzdem widmen sich zahlreiche Internetseiten, Foren und Blogs dem possierlichen Tierchen. Über Suchmaschinen finden sich Skizzen, Links, gute Fragen und sogar einige Zubereitungstipps. Das Tier ist völlig frei erfunden.

Einmal in die Suchmaschine eingegeben, schon gefunden, das ist es, was sich alle Unternehmen für ihren wahren Internetauftritt wünschen. Der imaginäre Zwergspringer hat es geschafft. „Wir sind bei Google gerade ganz oben“, sagt Marc Franke. Ein Lächeln kann sich der 14-jährige Kleinmachnower Schüler des Potsdamer Schiller-Gymnasiums dabei nicht verkneifen. Na klar, zu Frankfurter Würstchen munde so ein Zwergspringer famos. Vorausgesetzt, die Tierchen würde es tatsächlich geben und sie seien keine Erfindung von Computerfreaks, die zeigen wollten, wie man Google austrickst.

Sie haben in die Tasten gehauen, Roboter gesteuert, Punkte über den Bildschirm fliegen lassen, Sensoren verkabelt und Umweltdaten gemessen, das Sonnensystem als dreidimensionale Animation programmiert und gelernt, Suchmaschinen zu verstehen und sie im Interesse des Venezianischen Zwergspringers zu manipulieren.

Am Dienstag haben 59 Schüler der Klassenstufen 7 bis 13 das Abschlusszertifikat für ihr Schülerkolleg am Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI) erhalten. Ein Schuljahr lang hatten sich die Nachwuchsinformatiker wöchentlich am Universitäts-Institut am Potsdamer Griebnitzsee getroffen, um Informatik anzuwenden.

Mit dabei war auch der 13-jährige Maximilian Kleissl vom Ernst-Haeckel-Gymnasium in Werder (Havel). Am HPI hätten sie sozusagen auch in das Innere der Suchmaschinen geguckt und Suchalgorithmen untersucht. „Wir haben versucht, Google zu verstehen“, so Kleissl. Um die Venezianischen Zwergspringer – ein Steckenpferd auch einiger HPI-Studenten – bekannter zu machen, haben sie Bilder hochgeladen, Forenbeiträge geschrieben und alles verlinkt. Stück für Stück stiegen die possierlichen Tierchen im Google-Ranking.

Bevor Maximilian Kleissl zum Kolleg kam, hatte er sich bereits auf der Videoplattform Youtube Lernfilme zum Programmieren angeschaut. „Es hat mich interessiert, wie die Software entsteht“, sagt der Achtklässler, der in Mathe eine Jahrgangsstufe übersprungen hat.

„Mit unserem Schülerkolleg wollen wird das hohe Interesse vieler Schüler an der Informatik befriedigen“, sagt HPI-Dozent Ralf Wollowski. Nicht an allen Schulen in Brandenburg werde das Fach unterrichtet, und selbst wenn, sei der Wissensdrang damit kaum zu befriedigen. Zu schlecht ausgestattet seien viele Schulen und oft mangelt es an Informatiklehrern.

So kommt es, dass sich das Schülerkolleg des Instituts immer größerer Beliebtheit erfreut. Bereits seit vier Jahren gibt es das Angebot, Hunderte Schüler aus Berlin und Brandenburg haben sich schon im vergangenen Jahr auf die 60 Plätze beworben, für das kommende Kolleg waren es noch einmal deutlich mehr. Spielerisch sollten die Schüler an das Thema herangeführt werden, sagt Wollowski.

Mit dem Zwergspringer scheint das gelungen. Ein Ende seines Aufstiegs im weltweiten Netz ist jedenfalls noch nicht in Sicht. Tobias Reichelt

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