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Urteil am Amtsgericht: Raser bekommt zwei Jahre Haft auf Bewährung

Mit 133 Kilometer pro Stunde auf der B1 unterwegs: 28-Jähriger aus Werder (Havel) wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verurteilt.

Von Eva Schmid

Werder (Havel) - Die Richterin am Potsdamer Amtsgericht spricht von einem fürchterlichen Unfall. Vor Bettina Thierfeldt sitzt der Angeklagte David W. Er starrt auf den Tisch vor sich, die Mundwinkel nach unten gezogen. Der 28-jährige Angeklagte aus Werder (Havel) hat am 10. Juni vergangenen Jahres auf der B1 nahe der Ausfahrt Groß Kreutz eine Autofahrerin tödlich verletzt. Sein Freund, der Beifahrer war, wurde bei dem Unfall schwerverletzt, lag im Koma und ist noch immer arbeitsunfähig. David W. war mit 133 Stundenkilometer unterwegs, erlaubt sind in dem Bereich 70.

Die Autofahrerin war auf der Stelle tot, der Beifahrer lag kurzzeitig im Koma

An den Unfallhergang erinnerte sich weder der Angeklagte noch sein Beifahrer, der am Mittwoch als Zeuge aussagte. David W. weiß nur noch, dass er von einem Dorffest zum nächsten wollte. Ein Sachverständiger der Dekra hat den Unfall rekonstruiert. Demnach fuhr David W. auf der B1 in Richtung Brandenburg/Havel. Vom Autohof nahe der Ausfahrt Groß Kreutz bog eine 54-jährige Werderanerin links auf die B1 in Richtung Werder (Havel) ab. Die Mitarbeiterin des Autohofes war mit ihrem Wagen schon halb auf der Fahrbahn in Richtung Werder, als David W. bei einer maximalen Sicht von 145 Metern ohne abzubremsen mit voller Wucht in ihr Auto hineinfuhr.

Er sah den Wagen der Frau vor sich und sei wahrscheinlich intuitiv zum Ausweichen nach links rübergezogen, so der Sachverständige Karsten Laudien. Wäre er nicht ausgewichen, wäre der Unfall vermutlich nicht passiert. Wäre er mit 70 Stundenkilometer gefahren, hätte er gar nicht erst ausweichen müssen. Doch der Unfall verlief tragisch: Die Fahrerin habe keine Chance mehr gehabt, fasst Richterin Thierfeldt das Gutachten der Rechtsmediziner zusammen. Durch den Zusammenprall wurde die Frau mehrere Meter weit aus ihrem Auto herausgeschleudert und war anhand der Schwere ihrer Verletzungen sofort tot. Sie sei zwar nicht angeschnallt gewesen, das hätte aber auch keinen Unterschied gemacht. Der Beifahrer von David W. erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, brach sich mehrere Rippen sowie das Sprunggelenk. Noch immer klagt er über Schmerzen. Der Unfallfahrer erlitt mehrere Brüche und eine innere Bauchverletzung. Bleibende Schäden trage er nicht davon

David W. hatte weder getrunken noch Drogen genommen

W. hatte zum Zeitpunkt des Unfalls weder getrunken noch Drogen genommen. Im Gerichtssaal beschrieb er sich selbst als normalen Fahrer, der sonst nicht rase. Tatsächlich finden sich im Verkehrszentralregister keinerlei Einträge. W. ist Baumaschinist und auch berufsmäßig viel auf der Straße unterwegs. Die gefährliche Einmündung vom Autohof auf die B1 kenne er, als Ortskundiger fahre er die Strecke oft, berichtete er.

Warum war er in dieser Nacht so schnell unterwegs? Der Angeklagte äußerte sich dazu nicht. Die Richterin beschrieb seine Fahrweise als rücksichtslos, er hätte sich stark gefühlt, weil er Vorfahrt hatte. „Jemand, der es so provoziert, dass er in keinem Fall mehr angemessen reagieren kann, wenn ihm die Vorfahrt genommen wird“, habe eine harte Strafe verdient, so Richterin Thierfeldt. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr und drei Monate Haft auf Bewährung gefordert. Der Anwalt des Ehemannes der Verstorbenen forderte eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren ohne Bewährung. „Gerade bei solchen Raserfällen ist es wichtig der Gesellschaft zu zeigen – nein, das lassen wir nicht zu“, sagte Peter Jacobi. Zudem würden die Vorstrafen des Angeklagten, darunter Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährliche Körperverletzung in minderschwerem Fall zeigen, dass sich W. nicht an die Regeln halte. Er sei zwar strafrechtlich in Erscheinung getreten, aber nicht einschlägig, sagte die Richterin dazu.

Die Richterin kündigte eine harte Strafe an, jedoch auf Bewährung

Das am Mittwoch gefällte Urteil ist ein Kompromiss: Zwei Jahre Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Für zwei Jahre wird David W. der Führerschein entzogen. Zudem muss er 5000 Euro der Björn Schulz Stiftung zahlen. Sie bietet Familien mit unheilbar kranken Kindern Hilfe an. „Er hat eine Frau getötet, seinen Freund ins Koma gefahren, der Unfall wird an ihm nicht spurlos vorübergehen“, so Thierfeldt. Das wirke mehr als eine Gefängnisstrafe.

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