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Unterführung an der L90: Still gestanden

Die Verhandlungen mit der Bahn zum Bau eines Tunnels in Werder verlaufen schleppend. Ist die geplante Fertigstellung bis 2025 damit hinfällig?

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Der meist befahrene Bahnübergang an einer brandenburgischen Landesstraße wird wohl auch in den kommenden Jahren nicht durch einen Tunnel ersetzt. Die Verhandlungen zwischen dem Land, der Stadt Werder (Havel) und der Deutschen Bahn um den Neubau einer Unterführung an der Landesstraße 90 sind ins Stocken geraten. Seit nunmehr sieben Jahren werden verschiedene Planungsvarianten abgewogen. Mit den Feinplanungen kann aber nicht wie geplant in diesem Jahr begonnen werden, wie Frank Schmidt, Chefplaner des Landesstraßenbetriebes, den PNN auf Nachfrage bestätigte.

„Die Gespräche mit der Bahn gestalten sich extrem schwierig“, so Schmidt. Zu den Planungsgesprächen würden häufig andere Mitarbeiter der zuständigen Bahntocher Station und Service kommen, Verhandlungsergebnisse würden so immer wieder in Frage gestellt. Auf einen Termin, wann das Planfeststellungsverfahren beginnen kann, will er sich nicht mehr festlegen. Auch Christian Große (CDU), Werders 1. Beigeordneter, bestätigt den schleppenden Verlauf der Verhandlungen mit der Bahn und betont zugleich die Dringlichkeit, das Verkehrshindernis zu ersetzen: „Die Sicherheit und die Abwicklung des Verkehrs sind am Bahnübergang Werder längst nicht mehr gewährleistet.“

Neun Stunden sind die Schranken unten

Die Schranken sind bis zu neun Stunden täglich geschlossen. Die Rettungsfahrzeuge der Wache in der Innenstadt können nicht mehr pünktlich an allen Einsatzorten sein. Der Landkreis prüft wie berichtet extra wegen des Bahnübergangs, einen Krankenwagen im Busdepot in den Havelauen zu stationieren. Auch die derzeit 2200 Bewohner der Havelauen, zu denen in den kommenden Jahren noch mehrere hundert durch Neubauten hinzukommen werden, können Termine in der Innenstadt kaum planen.

Wie berichtet sollte ursprünglich zum Jahresende das Planfeststellungsverfahren für den Bau eines Tunnels für Autos an Stelle des jetzigen Bahnübergangs sowie eines zweiten Tunnels für Fußgänger und Radfahrer am Bahnhof beginnen. Diese Lösung, die im Juni 2017 präsentiert wurde, ist notwendig, da das Gebiet zu eng bebaut ist, um einen großen Tunnel für Autos und Fußgänger anzulegen. Mit Beginn der Planfeststellung Ende 2018 hätte der Tunnel im Jahr 2025 fertig werden können, was nun wohl hinfällig ist. Die Kosten für das Projekt wurden auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt.

Vom Tunnel zu den Bahnsteigen

Knackpunkt ist der Tunnel für Fußgänger und Radfahrer: Er würde um elf Meter versetzt zur bestehenden Unterführung entstehen. Diese wurde aber zuletzt vor mehr als 15 Jahren zuletzt instand gesetzt, ist nur über Treppen und Aufzüge benutzbar und beispielsweise für Radfahrer daher ungeeignet. Vom neuen Tunnel soll man den Plänen des Landesstraßenbetriebes zufolge auch zu den Bahnsteigen gelangen können, der jetzige könnte dann geschlossen werden. Dazu muss jedoch eine Einigung mit der Bahn über Bau und Finanzierung des Tunnels geschlossen werden.

Bei DB Station und Service sieht man das nicht ein. „Bei einem Ortstermin wurde festgestellt, dass sich die Wegebeziehungen zum Bahnhofszugang bei dieser Variante für die rund 5500 täglich den Bahnhof nutzenden Reisenden als auch für mobilitätseingeschränkte Personen verschlechtern würde“, heißt es in der Antwort auf die PNN-Anfrage. Diesem Bau könne daher nicht ohne weiteres zugestimmt werden. Worin genau diese Verschlechterung bei einer Versetzung des Tunnels um elf Meter nach links in Richtung der Straße Am Zernsee besteht, konnte die Bahn auf Nachfrage nicht beantworten. Schließlich gibt es dort Parkplätze, zudem ist ein neues Parkhaus für Pendler geplant ist und anstelle der engen Treppen sollen Rampen gebaut werden.

Mehrere Varianten bereits geprüft

Stattdessen heißt es: „Die DB empfiehlt, auch gerade im Hinblick auf eine Förderfähigkeit durch das Land Brandenburg, die BTU Cottbus und das Landesamt für Bauen und Verkehr einzubinden, um die verkehrstechnisch beste Lösung zu finden.“ Allerdings: Das Landesamt ist seit Jahren in die Planungen mit einbezogen, wie Steffen Streu, Sprecher des Infrastrukturministeriums, bestätigte. Das Amt sei schließlich die Stelle, die das Planfeststellungsverfahren durchführen soll. Daher würden auch die Vorplanungen mit ihm abgesprochen. „Eine Untersuchung durch die BTU ist ebenfalls nicht notwendig“, so Streu. Schließlich seien in den vergangenen Jahren schon mehrere Varianten geprüft worden. Sobald die Finanzierung geklärt ist, könne das Planfeststellungsverfahren beginnen.

Christian Große warnt sogar vor einer Untersuchung durch die Cottbusser Universität: „Dadurch würden sich die Planungen noch einmal um vier bis fünf Jahre verlängern“, schätzt der Beigeordnete. Die Bahn spiele mit diesem Vorstoß auf Zeit. Chefplaner Frank Schmidt hat nun für Ende März eine große Gesprächsrunde mit Vertretern der Bahn, der Stadt und des Ministeriums angesetzt und hofft, dass es dort zu Fortschritten kommt.

Die sind dringend nötig: Der Zugverkehr wird ab Dezember 2022 noch einmal deutlich zunehmen, da dann mehr Fernzüge ohne Halt in Werder die Strecke nutzen und zusätzliche Regionalzüge von Brandenburg/Havel über Werder nach Berlin fahren sollen. Für jeden Zug sind die Schranken mehrere Minuten lang unten, da sich der Übergang direkt am Bahnhof befindet und die Schranken technisch bedingt schon geschlossen sind, bevor der Zug überhaupt am Bahnsteig steht.

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