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Sparmeister. Das Team von Basics Unverpackt mit seinem Laden.

© Ronny Budweth

Umweltschutz in Potsdam-Mittelmark: Gegen den Müll

Schülerfirma verkauft unverpackte Lebensmittel, wie in einem Tante-Emma-Laden in den 1950ern - und wird damit Energiesparmeister.

Kleinmachnow - Einmachgläser voll Nudeln, Reis, Haferflocken und Zucker stehen auf der Holztheke. Hinter einer Glasscheibe türmen sich bunte Gummibärchen in einer Frischhaltebox. Der Schülerladen „Basics Unverpackt“ der Freien Waldorfschule Kleinmachnow erinnert an die Tante-Emma-Läden aus den 1950ern.

Jeden Montag, Dienstag und Donnerstag können Schüler, Lehrer und Eltern zwischen 7.55 und 8.15 Uhr in der Aula der Unterstufe Bio-Lebensmittel ohne Verpackung einkaufen. Vorausgesetzt, sie haben an den Jutebeutel oder die Tupperdose gedacht oder kaufen am Stand gleich ein Mehrweggefäß dazu. Vor wenigen Monaten bekam die Schülerfirma vom Bundesumweltministerium für ihr Konzept den Preis Energiesparmeister 2017 für das Land Brandenburg. Als Belohnung gab es ein Preisgeld von 2500 Euro sowie eine Unternehmenspatenschaft, die von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse übernommen wurde.

„Jeder von uns produziert 617 Kilogramm Abfall pro Jahr“

Die Idee zu der nachhaltigen Firma kam ein paar Schülern vor drei Jahren in einem Seminarkurs zum Thema Energietechnologie. „Wir haben uns in dem Kurs darüber Gedanken gemacht, wie wir unseren Verbrauch an Plastiktüten im Alltag reduzieren können“, erklärt der 17-jährige Oscar Blank. Einigen Schülern fiel dabei der Laden Original Unverpackt ein, der gerade in Berlin-Kreuzberg eröffnet hatte. Auf der Internetseite des Ladens heißt es etwa: „Jeder von uns produziert 617 Kilogramm Abfall pro Jahr.“ Oder: „Etwa 80 Prozent aller produzierten Artikel werden nur ein Mal benutzt, bevor sie weggeworfen werden.“

Daraus entstand die Idee, eine Schülerfirma zu gründen und morgens vor dem Unterricht selbst unverpackte Lebensmittel zu verkaufen. Einige der Gründungsmitglieder, mit denen das Projekt vor drei Jahren begann, haben die Schule inzwischen verlassen. Derzeit kümmert sich eine zehnköpfige Gruppe aus Acht- bis Zwölftklässlern um den Ladenbetrieb. „Wir haben einen Verkaufsplan, da steht drauf, wer wann dran ist“, sagt Oscar Blank. Der Zwölftklässler kümmert sich zusätzlich um die Öffentlichkeitsarbeit der Schülerfirma und pflegt einen Blog, auf dem er etwa über Angebotserweiterungen oder Erwähnungen von Basics Unverpackt in den Medien informiert.

Schüler sollten lernen, sich für etwas einzusetzen, was ihnen am Herzen liegt

Angeliefert werden die Lebensmittel von einem Bio-Caterer, der auch die Schulkantine versorgt. Reis, Nudeln, Zucker und Haferflocken kommen in Großpackungen aus Papier an, die Schüler füllen einen Teil dann in die Gläser auf der Theke um und stellen den Rest in ihren Lagerraum. Seit einigen Monaten gibt es auch frisches Brot aus der Berliner Bio- Bäckerei Weichardt, die ihr Korn von Brandenburger Höfen bezieht. Die häufigsten Kunden seien Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen und dabei schnell noch ein paar Lebensmitteleinkäufe erledigen, sagt Oscar Blank. Wer wann wie viel kauft, variiere dabei stark: „Mal kommen zehn Leute, die je sieben Jutebeutel voll Reis wollen, mal kommt gar keiner.“ Damit nichts weggeschmissen werden muss, gibt es bei Basics Unverpackt nur Lebensmittel, die problemlos auch etwas länger lagern können. Auch auf Schulfesten und -basaren ist der Stand, den die Schüler aus einem ausrangierten Rolltisch aus dem Physikraum der Schule gebaut haben, regelmäßig dabei.

Mathe- und Physiklehrer Stephan Portner, der vor drei Jahren den Energietechnologie-Kurs leitete, betont, dass es bei der Schülerfirma nie um wirtschaftlichen Erfolg ging. „Die Schüler sollten auf neue Ideen kommen und sich für etwas einsetzen, was ihnen am Herzen liegt.“ Als Startkapital gab die Schule den Jugendlichen ein Darlehen. Nehmen sie über den Verkauf genug ein, zahlen sie Teile davon zurück. Ein weiterer Teil der Einnahmen fließt regelmäßig in den Bau von Photovoltaikanlagen an einer Partnerschule in Nepal. In seinen Seminaren sollen die Schüler sich den gesamten Lebenszyklus eines Produkts bewusst machen, erklärt Portner.

„Bestellungen aufgeben, Mengen planen, Buchhaltung – all das lernen die Schüler ja so ganz nebenbei“

Dabei geht es ihm um das Prinzip „cradle to cradle“, auf Deutsch „von der Wiege zur Wiege“. Die Bewegung versteht Materialströme auf den Märkten als ein geschlossenes Kreislaufsystem, in dem idealerweise kein Müll anfällt. In einigen Branchen wird das Prinzip bereits umgesetzt, etwa indem Baustoffe so verbunden werden, dass sie sich leicht wieder voneinander trennen lassen. Zusätzlich helfe das Projekt den Schülern auch, zu verstehen, wie ein Unternehmen funktioniert. „Bestellungen aufgeben, Mengen planen, Buchhaltung – all das lernen die Schüler ja so ganz nebenbei“, sagt Portner.

Als Nächstes wollen die Schüler in neue Schöpfbehälter investieren, die die Stelle der Einmachgläser einnehmen sollen, sagt Oscar Blank. Außerdem wäre ein neuer Verkaufsstand gut – einer, der sich etwas leichter über den Schulhof transportieren lässt als der Physikrolltisch.

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