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Botschaft am Kitafenster. Viele Brandenburger vermissen die Kita für ihre Kinder.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Trotz Coronaregelung des Landes: Erster Landkreis macht Kitas normal auf

Ab dem 25. Mai sollen in Märkisch-Oderland alle Kinder wieder normal die Kita besuchen können. Landrat Gernot Schmidt (SPD) sagt dazu: „Das muss nicht am grünen Tisch in Potsdam entschieden werden.“

Potsdam - Brandenburgs Kenia-Landesregierung unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gerät mit jedem Tag zunehmend unter Druck, weitere Lockerungen der Coronaeinschränkungen zu erlauben. Der Grund dafür ist, dass das Land vergleichsweise gut da steht, es seit fast zwei Wochen nur noch wenige Neuinfektionen gibt, in einigen Kreisen und kreisfreien Städten gar keine mehr. So prescht jetzt der Landkreis Märkisch-Oderland vor – und öffnet abweichend von der bisherigen Landeslinie ab 25. Mai alle Kindertagesstätten im Normalbetrieb für alle Kinder. „Es geht um Verantwortung der Regionen. Das muss man nicht vom grünen Tisch aus in Potsdam entscheiden“, begründete Landrat Gernot Schmidt (SPD) gegenüber den PNN am Montag das Vorgehen. „Wir haben fast keine Fälle mehr.“

Heute berät das Kabinett

Das Kabinett berät am heutigen Dienstag erneut über Veränderungen der Eindämmungsverordnung, die landesweit regelt, was erlaubt und was verboten ist. Allerdings ist es eine Richtschnur für die Landkreise und kreisfreien Städte, die das vor Ort mit Verfügungen umsetzen, dabei aber Spielräume haben.

Zugleich fordern die CDU und die Freien Wähler im Landtag, Freibäder (so wie in Berlin) sowie Fitness- und Sportstudios (wie in einigen anderen Bundesländern) öffnen zu lassen. Für den Montagabend war eine Telefonkonferenz von Woidke mit Landräten und Oberbürgermeistern angesetzt. Ergebnisse wurden bis Redaktionsschluss nicht bekannt.

Krisenmanagement regionalisieren

Kitavorreiter Märkisch-Oderland östlich von Berlin, zu dem auch das Oderbruch gehört, gehört zu den Kreisen mit wenigen neuen Covid-Infektionen. Das ist im Land keine Ausnahme. Landrat Schmidt verwies darauf, dass es auch Linie von Kanzlerin und Länderchefs sei, die Verantwortung für das Krisenmanagement zu regionalisieren – und bei Ausbrüchen auch regional gegenzusteuern. „Die andere Seite gehört dann aber auch zu dieser Regionalität“, betonte Schmidt. Es sei angesichts der verschwindend geringen Infektionszahlen nicht mehr erklärbar, Kitas geschlossen zu halten oder nur tageweise zu öffnen. „Wir müssen zu einem Regelbetrieb zurückkommen.“

Ein Grund sei auch, dass das von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) vorgelegte Konzept mit den Abstandsregeln bei Kindern nicht umsetzbar sei. „Man muss auch Vertrauen in Eltern, Erzieher und Kinder haben.“ Natürlich gehöre dazu, dass man die Eltern darauf hinweist, was zu tun sei, wenn die Kinder irgendwelche Krankheitssymptome hätten. Im Gegensatz dazu sollen nach dem von Bildungsministerin Ernst vergangene Woche vorgestellten Fahrplan Kitakinder ab Ende Mai nur einen Tag pro Woche in die Kita dürfen, und das gleich bis August.

Ausnahmen sind die Kinder von Eltern mit „systemrelevanten Jobs“, die in der „Notbetreuung“ versorgt werden. Etwa jedes dritte Kitakind hat dort einen Platz. Der Ernst-Fahrplan für die Kitas und Schulen, nach dem auch die meisten Grundschüler gerade einmal noch sieben, acht Tage bis zu den Sommerferien zur Schule gehen, hatte landauf und landab Unverständnis ausgelöst. Viele Eltern im Land sind fassungslos.

Infektionen in Kita und Schule

Allerdings liegen auch Risiken bei einer stärkeren Öffnung von Schulen und Kitas. So wurde in Reckahn eine Kita geschlossen, weil es bei einer Mitarbeiterin einen Coronafall gibt. Fünf Kitamitarbeiter und acht Kinder sind jetzt in Quarantäne, außerdem eine Grundschulklasse, die ein Kind der Kitaerzieherin besucht, heißt es im täglichen Lagebericht der Landesregierung.

Trotzdem bleibt in Brandenburg die Lage inzwischen weithin stabil und ruhig, wie auch das Lagebild „Corona“ des Landeskrisenstabs vom Montag belegt. In den letzten sieben Tagen hatte es in Brandenburg an der Havel, in Cottbus, in Spree-Neiße und der Uckermark keine einzige Neuinfektion gegeben, in vielen weiteren Kreisen – darunter selbst Potsdam (1,7) – nur ein bis zwei neue Fälle je 100 000 Einwohner.

Etwas mehr sind es nur in Potsdam-Mittelmark (7,9), Oberhavel (5,2) und Oberspreewald-Lausitz (3,6). Im Land stieg die Zahl der Neuinfizierten je 100 000 Einwohner in der letzten Woche um 2,3 auf 127.

In der Prignitz gibt es aktuell insgesamt 25 Infizierte, in Frankfurt/Oder 29, der Uckermark 36, und in Cottbus 39. Spitzenreiter bleibt Potsdam mit 627 Fällen, gefolgt von 510 Fällen in Potsdam-Mittelmark, dem Barnim mit 406 Fällen und Oberhavel mit 313 Fällen. Die Zahlen zeigen, dass Corona in Brandenburg vor allem ein Problem des Berliner Umlandes ist.

Freibäder wieder öffnen

In der Politik wächst der Druck, aus der Opposition und den Koalitionsreihen. So fordern die Freien Wähler wie auch Julian Brüning, sportpolitischer Sprecher der CDU im Landtag, Freibäder und Fitnessstudios noch im Mai wieder öffnen zu lassen, unter Auflagen: „Wer sich mit dem nötigen Abstand zu anderen beim Sport im Fitness- oder Gesundheitsstudio fit halten möchte, sollte dies auch tun können“, sagte Brüning. Und es sei „nicht ersichtlich, warum Sport im Freien möglich ist, aber das Schwimmen am See und in den Freibädern unter den notwendigen Auflagen nicht möglich sein soll“. Es trage nicht zur Senkung des Infektionsrisikos bei, so die Freien Wähler, „wenn die Bürger seitens der Landesregierung auf wilde Badestellen verwiesen werden, sodass deren gedrängte Nutzung erfolgt“.

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