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Rund um die große Holzkirche gibt es nur vereinzelt trockene Bäume, dort wird noch gewässert.

© Enrico Bellin

Trockenheit in Stahnsdorf: Der Südwestkirchhof verdorrt

Die Dürre könnte den Stahnsdorfer Südwestkirchhof nachhaltig verändern. Bäume und Sträucher sterben ab. Die Lösung könnten Olivenbäume sein.

Stahnsdorf - Grabsteine, die von völlig vertrockneten Rhododendren umschlungen werden, umgestürzte Bäume im Friedwaldbereich und braune Fichten vor der Holzkirche: Beim Rundgang über den Stahnsdorfer Südwestkirchhof am gestrigen Dienstag bietet sich ein trauriges Bild. „Solche Extreme gab es hier bisher noch nicht“, sagt Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt. Viele Pflanzen waren durch die Trockenheit des vorigen Sommers vorgeschädigt, jetzt sterben sie ab. „Noch im Vorjahr haben wir gedacht, es wird schon wieder. Aber jetzt zeigt sich: Unser Gartendenkmal wird sich nachhaltig verändern“, so Ihlefeldt. Direkt am Eingang der gut 200 Hektar großen Anlage bekommt der Besucher von der Dürre noch wenig mit. Im Eingangsareal schaffen Ihlefeldt und seine 14 Mitarbeiter es, regelmäßig zu wässern. Nur ab und an ist ein Baum vertrocknet. Doch hinter der Norwegischen Holzkirche, wo sich der Friedhof in weitläufigen Wegen verliert, gibt es kaum einen Ort, von dem aus man keinen vertrockneten Baum oder Rhododendron sieht. „Die haushohen Büsche sind knapp hundert Jahre alt. Jetzt haben wir nur noch die Chance, sie bis auf Bodenhöhe abzuschneiden und zu hoffen, dass sie wieder neu austreiben“, so der gelernte Gärtner. Es dauere Jahrzehnte, bis sie dann wieder ihre vom Gartenarchitekten Louis Meyer angedachte Größe haben.


Als Meyer vor 110 Jahren den märkischen Kiefernwald zum größten Friedhof der Region umgestaltete, konnte er Ihlefeldt zufolge noch nicht an die jetzigen Extremwetterlagen denken. Von ihm anvisierte Bäume und Sträucher haben flache Wurzeln, kommen also nicht ans Grundwasser heran und sind auf regelmäßigen Regen angewiesen. „Meyer ist es gelungen, durch die Bepflanzung die Schwere vom Thema Friedhof zu nehmen“, so der Friedhofsleiter. Durch die Bepflanzung habe der Südwestkirchhof wie ein Garten gewirkt, nur wenige Grabsteine der insgesamt rund 130.000 dortigen Gräber waren gleichzeitig zu sehen. Jetzt, wo die Pflanzen vertrocknen, entstehen jedoch neue Sichtachsen. Die Mausoleen sind so schon von weitem zu sehen, die Anlage wirkt insgesamt bedrückender.

Bäume, unter denen Urnen stehen, fallen bei Starkregen um

Auch im Friedwaldbereich verändert sich das Bild. 2005 in einem dichten Laubwald angelegt, fällt heute viel Licht durch das spärliche Blattwerk. Viele Buchen sind schon eingegangen. Ahornbäume sind bei Starkregen umgefallen, da ihre geschwächten Wurzeln die nasse Baumkrone nicht mehr tragen konnte. Zu Lebzeiten haben sich viele, die hier in Urnen beigesetzt sind, einen Platz neben einem dicken Baumstamm ausgesucht. Fällt der um, werden zwar die Angehörigen benachrichtigt und es gibt auch Neupflanzungen. Die sind in den ersten Jahrzehnten aber eher dünne Stämmchen.

In den ersten Jahren werden sie noch gewässert. Das ganze Areal zu gießen, schaffen die Friedhofsgärtner aber nicht. Und es wäre Ihlefeldt zufolge technisch auch nicht möglich. „Erst heute hat eine Bekannte der Freiwilligen Feuerwehr angerufen: Da sie derzeit keine Waldbrände löschen müssen, könnten sie ja hier beim Wässern aushelfen.“ Das Angebot findet der Friedhofsverwalter zwar sehr nett, doch das würde die Wasserader, aus der der Friedhofsbrunnen gespeist wird, überfordern. Schon jetzt komme die Anlage, die Eisen aus dem Wasser filtert nicht mehr hinterher: Als Ergebnis kommt derzeit Wasser mit zu hohem Eisengehalt aus den Schläuchen, auf Grabsteinen hinterlässt es eine rostrote Schicht. 200 Kubikmeter Wasser werden derzeit täglich vergossen – vier Mal so viel, wie ein Haushalt pro Jahr verbraucht.


Auf die wechselnden Bedingungen stellen sich die Friedhofsgärtner so gut es geht ein: Bei der Neuanlage von Gräbern empfehlen sie Pflanzen, die man von Steingärten kennt. Sie haben dicke Blätter, in denen sie Wasser speichern, und überstehen Trockenheit. Doch die Sarggräber machen nur einen kleinen Teil des Südwestkirchhofes aus. Wie der Rest trotz der Trockenheit als Gartendenkmal erhalten werden kann, ist noch unklar. Ihlefeldt ist dazu in enger Abstimmung mit der Schlösserstiftung, die in den Potsdamer Parks vor gleichen Problemen steht. Lösungen gibt es auch dort noch nicht.
Ein möglicher Ansatz klingt gewagt: Olivenbäume in den märkischen Friedhofssand zu pflanzen. Die Bedingungen dafür wären Olaf Ihlefeldt zufolge eigentlich gut, die Bäume würden hier gedeihen. „Das könnte aber eher ein Themenbereich auf dem Gelände werden.“ Großflächig würde das das Antlitz des Friedhofes zu sehr verändern. Konkrete Pläne für die Pflanzungen gibt es derzeit noch nicht. 

Enrico Bellin

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