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Potsdam-Mittelmark: Tourismus-Einbruch befürchtet

Gemeinde Schwielowsee kämpft weiter um alternative Routen für Großflughafen Schönefeld

Schwielowsee - Erheblicher Schaden für die örtliche Tourismusbranche wird in der Gemeinde Schwielowsee mit Inbetriebnahme des neuen Großflughafens Schönefeld befürchtet. Das wurde auf einem Bürgerforum am Mittwochabend im Caputher Gildehaus deutlich. Eingeladen hatten Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) und die Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“. „Acht Jahre haben wir um die Anerkennung als staatlich anerkannter Erholungsort gekämpft. Dieser Erfolg ist nun in Frage gestellt“, erklärte Hoppe vor etwa 150 Gästen.

Am 4. Juli will die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Routenvorschläge für die An- und Abflüge am neuen Flughafen in der Fluglärmkommission vorstellen. Nach jetziger Planung und trotz aller Proteste seien die Gemeinden Schwielowsee, Werder (Havel), Michendorf und Nuthetal weiter massiv von Überflügen bedroht, sagte Initiativensprecher Peter Kreilinger. Die größten Sorgen bereiten dabei die Anflüge. „Sie sollen nach wie vor in nur 1000 Metern Höhe über unsere Gemeinden erfolgen“, so Kreilinger. Der wahrnehmbare Lärm der Maschinen wäre vergleichbar mit dem Geräusch eines Staubsaugers in einem Meter Entfernung. Der Alternativvorschlag, die Region außerhalb des Autobahnrings A10 weiträumig zu umfliegen, sei von der DFS bisher abgelehnt worden. Auch in der Fluglärmkommission wurde lediglich sehr allgemein beschlossen, dass der Anflug möglichst nicht über Naherholungsgebiete und Siedlungsbereiche erfolgen soll. Das sei viel zu unverbindlich, sagte Kreilinger. Der Flughafen soll in knapp einem Jahr eröffnet werden.

Sollten die Maschinen künftig im Minutentakt über die Havelseen hinwegdüsen, würden das einschneidende Folgen für den Tourismus haben, sagte Initiativenmitglied Johannes Haape, der selbst umfangreiche Erfahrungen als Reiseveranstalter in Caputh gesammelt hat. Er befürchtet langfristig einen Einbruch der Touristenzahl um 50 bis 75 Prozent. Die Lage am Wasser sei für die Gemeinde Schwielowsee kein Alleinstellungsmerkmal, so Haape. So gebe es in Brandenburg derzeit 129 Marinas. Deshalb sei zu befürchten, dass die Touristen bei starkem Fluglärm auf andere Urlaubsgebiete ausweichen. Haape hat sich unter anderem auf das Angebot von Reisen nach Südafrika spezialisiert. „Ich würde den Touristen zum Beispiel in Kapstadt kein Hotel anbieten, das in der Nähe einer Flugschneise liegt“, sagte er. Laut aktueller Rechtslage könnten die Urlauber bei Fluglärm eine Ermäßigung des Reisepreises von 15 Prozent geltend machen.

In den vergangenen Jahren haben die Touristenzahlen in den Schwielowsee-Ortsteilen Caputh, Ferch und Geltow kontinuierlich zugenommen. Im Jahr 2010 wurden 32 966 Urlauber gezählt. Der Anteil von Übernachtungen ausländischer Gäste hatte sich im Vergleich zum Vorjahr von 6,3 auf 7,8 Prozent erhöht. Hinzu kommen weit über eine Million Tagesbesucher. Laut Haapes Berechnungen werde in Schwielowsee mit dem Tourismus ein Jahresbruttoumsatz von etwa 32 Millionen Euro erzielt, über 440 Arbeitsplätze wären damit verbunden. „Deshalb ist der Fluglärm eine existentielle Bedrohung der wirtschaftlichen Grundlagen unserer Gemeinde“, so Haape.

In den kommenden Tagen wollen Gemeinde und Bürgeriniative noch einmal alle Möglichkeiten nutzen, um gegen die drohende Lärmbelastung zu kämpfen. „Kern des Übels ist der Wille der Landespolitiker, am Standort Schönefeld einen völlig unbeschränkten Flugbetrieb zu gewährleisten“, resümierte Kreilinger. Dagegen soll am kommenden Montag unter dem Motto „Flugrouten außen rum statt oben drüber“ erneut in Potsdam demonstriert werden. Treffpunkt ist um 18 Uhr an der Schwimmhalle am Brauhausberg. Geplant sind ein Protestmarsch um die Staatskanzlei und eine Kundgebung in der Heinrich-Mann-Allee.

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