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Bitte ausprobieren. Am städtischen Gymnasium Sally Bein werden Schüler in vielen Projekten auf das Berufsleben vorbereitet. Sei es im Chemieunterricht oder der Theater-AG, einen Bezug zum Job gibt es oft. Dafür wurde die Schule mehrfach ausgezeichnet.

© A. Klaer

Top-Schule in Brandenburg: Was das Sally-Bein-Gymnasium zur Vorzeigeschule macht

Wie das Beelitzer Sally-Bein-Gymnasium seine Schüler auf die Berufswahl vorbereitet. Ein Besuch in einer Vorzeigeschule des Landes.

Von Eva Schmid

Beelitz - Früher drückte sie die Schulbank, heute steht sie im gleichen Klassenzimmer an der Tafel. Katja Koban strahlt, die 28-jährige Beelitzerin hat ihr Referendariat mit der Note 1,7 bestanden. Ab jetzt wird sie an ihrer alten Schule, dem Beelitzer Sally-Bein-Gymnasium, Englisch und Französisch unterrichten. Besser kann es nicht laufen, weder für sie, noch für die Schule. Denn Schulleiter Jürgen Schwartz hat eine engagierte Lehrerin gewonnen, die von ihrer neuen Arbeitsstätte mehr als überzeugt ist – und das in Zeiten des Lehrermangels.

Koban habe schon früh gewusst, dass sie Lehrerin werden wollte. „Spätestens ab der neunten Klasse, als ich Grundschüler unterrichten durfte“, erzählt die junge Lehrerin am Mittwoch dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), der der Vorzeigeschule einen Besuch abstattete.

Das Projekt „Schüler unterrichten Schüler“ ist tatsächlich brandenburgweit einmalig und wurde in Beelitz vor mehr als zehn Jahren aus der Taufe gehoben. Bereits seit sieben Jahren trägt die Einrichtung mit ihren 367 Schülern das Siegel „Schule mit hervorragender Berufs- und Studienorientierung“. Am gestrigen Mittwoch erhielt das Gymnasium eine weitere Auszeichnung für seine gute Vorbereitung vom Berliner Institut für Talententwicklung.

Ein Gang durch die Gebäude in der Karl-Liebknecht-Straße zeigt, warum die Schule so viel Lob bekommt. Schon kurz hinter dem Eingang steht auf einem Türschild Hörsaal – hier werde unter anderem Universitätsbetrieb gespielt, sagt Schulleiter Schwartz. Wissenschaftliches Arbeiten inklusive. Ein paar Meter weiter leuchten auf einem Fernsehbildschirm an der Wand Ausbildungs- und Praktikumsangebote auf. Darunter das Logo der Industrie- und Handelskammer. Auf den Gängen kleben Plakate von Universitäten in und um Brandenburg.

Hinzu kommt das Angebot, das man auf den ersten Blick nicht sieht. Es ist so groß, dass man leicht den Überblick verliert. Gefragt nach dem Erfolgsrezept hat die Oberstufenkoordinatorin Angela Fromhold-Treu, die an der Schule für die Berufsorientierung zuständig ist, eine kurze Antwort: attraktive Angebote. Die Schüler müssten selbst aktiv werden, das wirke am besten. Viel besser als der Besuch von Messen und Infotagen.

Aktiv werden heißt in Beelitz: Bewerbungsschreiben üben, im Rollenspiel Vorstellungsgespräche simulieren, eine Schülerfirma gründen und leiten. Die Schule ist zudem mit vielen Unternehmen aus der Region vernetzt, bei denen Schüler auch außerhalb des zweiwöchigen Schülerpraktikums in den Ferien hineinschnuppern können.

„Bei uns hat fast alles einen Berufsbezug“, sagt Fromhold-Treu und lacht. Organisieren die Schüler eine Sudoku-Meisterschaft mit anderen Schulen, dann würden sie sich im Projektmanagement und der Organisation üben. Beim Schulradio würden selbstbewusstes Auftreten und Grundzüge des Veranstaltungsmanagements eingeübt. Nicht zuletzt hätten Schüler bei den Projektwochen die Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen. „Vorausgesetzt, es gibt ein überzeugendes Konzept dafür“, sagt Fromhold-Treu.

Was in Beelitz auch großgeschrieben wird, ist das Ausprobieren. So manche Schüler wüssten nach dem Berufspraktikum sehr genau, was sie nicht wollen. Arbeiten in der Verwaltung ist teilweise still und einsam, im Blumenladen muss viel geputzt werden und auch das Unterrichten liegt nicht jedem. „Nur wer viel ausprobiert, kann sich auch entscheiden“, so Fromhold-Treu.

Dass das Ausprobieren oft zu spät kommt, zeigen die hohen Abbruchquoten bei Ausbildungen: Die Zahl der Abbrecher lag in Brandenburg 2016 bei rund 32 Prozent, im Jahr zuvor bei 30 Prozent. Eine Statistik über die Zahl der Studienabbrecher gibt es indes bisher noch nicht.

Katja Koban berichtet von ehemaligen Kommilitonen, die erst am Ende des Studiums bemerkten, dass der Lehrerjob doch nichts ist für sie. „Das ist schade, denn das sind fünf bis sechs verschenkte Jahre.“

Die junge Lehrerin hatte Glück: Ihre Schülerfirma – ein Hunde-Gassi-Service – machte ihr zwar Spaß, „aber das ganze Betriebswirtschaftliche lag mir nicht“. Also meldete sie sich für das Projekt „Schüler unterrichten Schüler“. Es machte Klick, sie wusste, was sie später arbeiten möchte. „Und ich wusste auch, dass ich Sprachen und nicht Chemie unterrichten will.“ Beides hatte sie über mehrere Jahre – von der neunten bis zur elften Klasse – immer wieder an Grundschulen der Region vor jungen Schülern ausprobiert. Und wurde dabei immer sicherer.

„Mein großes Vorbild war meine Französischlehrerin“, so die 28-Jährige. Sobald ihr klar war, dass sie auch einmal Lehrerin werden wolle, „habe ich die Lehrer anders beobachtet, ich habe damals schon hospitiert“.

Das Kollegium am städtischen Gymnasium jedenfalls muss seinen Job ganz gut machen – viele der angehenden Abiturienten wollen in den Lehrerberuf. Das freut nicht nur den brandenburgischen Ministerpräsidenten, sondern auch die Schule, die sich so ihr künftiges Personal sichert. Eva Schmid

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