zum Hauptinhalt
Horstbesetzer. Nilgänse machten den Töplizter Störchen ihren Jahrzehnte alten Besitz streitig.

© Lars Dettman/NABU/dpa

Potsdam-Mittelmark: Töplitzer Störche in höchster Not

Nilgänse besetzten nach heftigen Kämpfen den Horst auf Hennigs Kuhstalldach

Werder (Havel) - Nilgans oder Storch? Das ist derzeit die Frage auf dem Dach des Kuhstalls der Hofkäserei Hennig in Töplitz. Seit 1964 befindet sich dort ein Storchenhorst und die Kämpfe zwischen den Artgenossen im Frühjahr sind die Hennigs gewohnt. Am Freitagvormittag war wieder dieses Krachen auf dem Dach. Doch diesmal waren es Nilgänse, die das angestammte Storchenpaar aus dem Horst vertreiben wollten, anfangs erfolgreich.

Manfred Pohl, Ornithologe vom Nabu Brandenburg, zeigte sich entsetzt. „Das ist nach meinem Wissen der erste Fall in Brandenburg, dass eine Nilgans den viel mehr geschützten Storch aus seinem Nest vertreibt.“ Nilgänse gelten als durchsetzungsstark. Es ist ihre aggressive Präsenz, nicht das Gewicht, mit dem sie den Töplitzer Weißstörchen einen Schrecken einjagten. Mit rund zwei Kilogramm wiegen Nilgänse nur die Hälfte von großen Weißstorchexemplaren.

Am Wochenende stand es unentschieden in Töplitz. Wenn die Nilgänse auf Futtersuche waren, seien die Störche zurückgekehrt, so Daniela Hennig von der Hofkäserei gegenüber den PNN. Auch andere Störche hätten sich für den umkämpften Horst interessiert, am Samstag seien sechs Störche über dem Hof gekreist und zeigten den Nilgänsen, was ein Schnabel ist.

Der Potsdamer Biologe Kai Heinemann, ein bekannter Experte für die Havellandschaft rund um Werder, hatte voriges Jahr erstmals ein balzendes Nilgänsepaar in der Gegend, und zwar auf dem Großen Zernsee, beobachten können. Die Nilgans stamme ursprünglich aus Afrika, sei dort der häufigste Entenvogel. Im 18. Jahrhundert wurde sie als Ziervogel in Großbritannien angesiedelt. Von dort aus setzte sie ihren Siegeszug langsam über ganz Mitteleuropa fort. Seit den Siebzigerjahren sei es zu einer rasanten Ausbreitung von den Niederlanden her entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse gekommen, so Heinemann. Auch Norddeutschland blieb nicht verschont.

So existieren laut Heinemann beständig wachsende Brutbestände in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Sachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Seit 2011 wurde der Vogel in Brandenburg nachgewiesen, anfangs im Havelland. „Die Nilgans zählt unter den Wasservögeln zu den sehr erfolgreichen Neubürgern beziehungsweise Neozoen“, so Heinemann. Angeblich duldeten sie keine anderen Entenvögel in ihrem Revier. Kämpfe mit Störchen werden von Vogelschützern nur sehr selten dokumentiert, es gab sie aber schon.

Daniela Hennig geht davon aus, dass sich ihre Störche auf dem Kuhstalldach am Ende durchsetzen werden. In den vergangenen Jahren seien jeweils vier Junge durchgebracht worden – ein Zeichen, wie wohl sie sich hier fühlen. Gestern jedenfalls saßen die meiste Zeit wieder die Störche in ihrem Horst, so Hennig. „Den Platz lassen die sich nicht nehmen.“ Henry Klix (mit dpa)

Henry Klix (mit dpa)

Zur Startseite