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Tierische Beschützer: In Glindow passen Nandus auf die Hühner auf

Mit 300 Hühnern und einem Eierautomaten am Glindower Hof hat Stefan Luczkowski angefangen. Inzwischen hält er 1500 Tiere in vier mobilen Ställen.

Von Enrico Bellin

Glindow - Schnell kommen die Nandus zwischen den Sanddornsträuchern hervorgelaufen, als das Tor zur Plantage in Elisabethhöhe aufgeht. Als sie sehen, dass nur ihr Besitzer Stefan Luczkowski in Begleitung von Reporter und Fotografen am Montagmittag kommt, drehen sie bei. Die großen Schreitvögel scheinen ihre Rolle verinnerlicht zu haben: Sie sollen Wache halten und die 400 Hühner, die in einem mobilen Stall auf der Plantage leben, beschützen.

Im Frühjahr hat der Bauer aus der Glindower Siedlung Elisabethhöhe die Schreitvögel angeschafft. Seither haben Habichte seinen Hühnern kaum noch etwas anhaben können. „Die Hühner haben auch ihr ganzes Verhalten geändert“, sagt Luczkowski. Früher hätten sie nur als große Gruppe um den mobilen Stall herum gepickt und gescharrt. Jetzt, mit dem Schutz der großen gefiederten Gefährten, würden sie auch in kleineren Gruppen über die ganze Plantage laufen. Die Tiere sind zutraulich, folgen dem 38-Jährigen überall hin. Als er sich mit einem Futtereimer hinhockt, gibt es großes Gewusel: Etwa hundert Hühner tummeln sich um Luczkowski, einige fliegen mit lautem Flügelschlag über ihre Artgenossen hinweg, um besser ans Futter zu kommen.

Aufwändige Haltungsform

1500 Hühner hält Luczkowski in insgesamt vier mobilen Hühnerställen, die anderen drei Ställe werden von einem Hund bewacht. Angefangen hat der studierte Landwirt, der seit zehn Jahren mit Frau und inzwischen drei Kindern in Glindow wohnt, mit einem Stall. Die Haltungsform sei zwar aufwändig, schließlich muss er täglich zu den Ställen fahren und sie auch etwa einmal im Monat umsetzen. Dafür würden die Hühner ein artgerechteres Leben haben: Immer frisches Grün zum Picken und Sträucher, die ihnen Schutz bieten. Die mobilen Ställe – Kaufpreis pro Stück etwa 50.000 Euro – sind nahezu autark: Solarmodule auf dem Dach produzieren Strom für Beleuchtung und Förderband, das die aus dem Nest gekullerten Eier per Knopfdruck an das Wagenende bringt. Futtermengen werden einprogrammiert, Futter und frisches Wasser kommt dann automatisch zu den Hühnern.

Die Sanddornplantage rund um den Stall in Elisabethhöhe gehört zur Petzower Firma von Christine Berger. Derzeit wird ausprobiert, ob eine Beweidung durch die Hühner die Zahl der Sanddornfruchtfliegen verringert, da die Hühner deren Larven fressen. Noch kann man zum Erfolg aber keine Aussagen treffen.

Nicht nur bei der Haltung, auch bei der Vermarktung der Eier geht „Bauer Stefan“, wie er sich selbst nennt, eigene Wege: An vier Verkaufsautomaten mit Kühlung bietet er seine Eier an, zehn mittelgroße Eier kosten 3,50 Euro. Die Automaten stehen am Bauernhaus selbst, in den Werderaner Havelauen, am Geltower Gartencenter und seit wenigen Tagen neben dem Rewe in Potsdam an der B2 nahe des Volksparks. Dort wird auch Honig vom Petzower Imker Richard Kornitz angeboten. Auch Wurst oder Schmalz vom Potsdamer Sauenhain steht in den Automaten.

Mit dem Absatz zeigt sich Luczkowski zufrieden: Etwa drei Viertel der Eier würden über die Automaten verkauft. Dazu hat ein Edeka in Großbeeren (Teltow-Fläming) seine Eier im Sortiment. „Die Chefin hat sie in den Automaten gesehen und wollte sie unbedingt auch verkaufen“, sagt der Bauer. Dazu beliefert er noch den Potsdamer Unverpackt-Laden und Restaurants wie das Bayerische Haus, die Theaterklause und das Café am Treffpunkt Freizeit. Noch in diesem Jahr soll es auch Eiernudeln aus eigener Produktion geben.

Dieser Aufwand sorgt für Arbeit: Einen Mitarbeiter hat er inzwischen nur für die Hühnerbetreuung eingestellt. Mit zwei weiteren Angestellten betreibt er ein Lohnunternehmen, welches mit speziellen Mischmaschinen zu Betrieben fährt und aus deren Rohstoffen Futtermischungen herstellt. Etwa hundert Kunden bediene er so regelmäßig, vom kleineren Betrieb bis zur Großanlage. Noch ist das der Haupterwerb. Geplant sei aber, dass die Hühner eines Tages die Haupteinnahmequelle werden.

Auf etwa 40 Hektar baut Stefan Luczkowski auch Getreide für seine Hühner an. Das mischt er mit Erbsen, Mineralien, Kalk und Sojakuchen – der nicht aus Brasilien, sondern aus Bayern kommt. „Dafür ist der Sojakuchen auch doppelt so teuer wie brasilianisches Sojaschrot“, erklärt er. Ohne gehe es aber nicht: Hühner sind eigentlich Allesfresser. Wenn man sie schon vegetarisch ernährt, müsse man ihnen zumindest die nötigen Eiweiße liefern. Bei Luczkowskis Tieren handelt es sich um eine normale Hochleistungsrasse, wie sie auch in Großbetrieben eingesetzt wird. „Alte Rassen, wie sie oft propagiert werden, sind auch für diese Haltungsform nicht geeignet. Hühner können sich nur 30 bis 50 Gesichter merken, mit 400 Tieren im Stall wäre es für die alten Rassen zu viel Stress.“ Seine Tiere wirken hingegen neugierig und gelassen.

Und wenn doch mal ein Tier bei Kämpfen mit Artgenossen verletzt wird, bekommt es eine Auszeit: Dann darf es zu den sechs Ziegen, die auch noch bei „Bauer Stefan“ leben. Sie sollten ursprünglich die Hühner vor Habichten schützen. Das habe aber nicht geklappt, bis zu 50 Hühner seien den Greifvögeln jährlich zum Opfer gefallen. „Dazu haben die Ziegen die Sträucher auf den Plantagen komplett abgefressen.“ Da seien Nandus deutlich pflegeleichter.

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