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Potsdam-Mittelmark: Teltower Pferdehalter fürchten Steuer

Eine Bürgerhaushalt-Idee schreckt Reiter und Verbände auf. Sie setzen auf einen Kompromiss

Teltow - Petra Lehmann dachte sich anfangs nichts dabei: Zum Start des Bürgerhaushaltsverfahrens hatten drei Teltower die Einführung einer Pferdesteuer vorgeschlagen. Die Einnahmen sollten genutzt werden, um zerrittene Wege zu reparieren. Lehmann fand das abwegig, aber verrückte Vorschläge gebe es ja mal. Als der Idee dann von 147 Teltowern zugestimmt wurde und sie auf Platz 7 des Bürgerhaushalts landete, war die Inhaberin eines Teltower Reiterhofes, die seit Juni für die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung sitzt, allerdings alarmiert.

„Erst mal rief ich den Landespferdesportverband Berlin-Brandenburg an“, so Lehmann. Seitdem kämpfen ein Dutzend Teltower Reiterhöfe, ebenso viele Einzeltierhalter und vier Reiterlobbyverbände gegen die Steuer an. Im Teltower Hauptausschuss und im Finanzausschuss wurde sie zwar wegen des versammelten Protests abgelehnt. Der Bürgermeister soll eher Alternativen prüfen, etwa Reitwegmarken, eine Art Nummernschild für Reiter, um sie bei ordnungswidrigem Verhalten anzeigen zu können. Abschließend entscheiden aber erst die Stadtverordneten am 24. September. Bis dahin will Lehmann dranbleiben.

Die Befürchtung, dass  Teltow als erste brandenburgische Kommune eine Pferdesteuer bekommt und andere dann nachziehen, ist nicht unbegründet. In Hessen und im Saarland gibt es aufgeregte Debatten zu dem Thema, seitdem mehrere Gemeinden eine solche Steuer beschlossen haben. Die Beträge in den Satzungen sind erheblich und liegen zwischen 200 und 750 Euro pro Pferd und Jahr. Zahllose Initiativen haben sich dagegen gegründet, es gibt Unterschriftensammlungen und Internetseiten. Reitfreunde warten jetzt auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel, wo gerade ein Normenkontrollverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit einer Pferdesteuer begonnen hat. Die Kommunen haben ihre Satzungen bis dahin auf Eis gelegt.

Dass es in Teltow Konflikte zwischen Pferdefreunden, Radlern, Wanderern und Hundehaltern gibt, sieht auch Petra Lehmann. Viele Wegenutzer wollen sich die schlammigen, zertretenen und mit Pferdeäpfeln garnierten Wege nicht mehr bieten lassen. Doch für die zunehmende Zahl von Pferdehaltern werde es immer enger, wirbt Lehmann um Verständnis. „Die Freiraumplanung in Teltow lässt zu wünschen übrig.“ Jeder Investor, der bauen will, bekomme die Genehmigung. „Jedes Stück wird verplant.“

Lehmann nennt als Beispiel das Kanadaviertel: „Früher bin ich da durchs Feld zum Bahnwall und weiter bis nach Neubeeren geritten.“ Inzwischen seien Reiter eingesperrt: Die Ruhlsdorfer Rieselfelder seien durch die L40 begrenzt, auch im Achtrutengraben in Seehof oder in den Buschwiesen lohne es sich kaum, in den Galopp zu fallen. Lehmann würde begrüßen, wenn ein SPD-Vorschlag umgesetzt wird, die Buschwiesen über die alte Industriebahnstrecke mit den Rieselfeldern zu verbinden. Auch die Umsetzung der seit Langem versprochenen Reiterbrücke bei Marggrafshof wäre hilfreich.

Der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass der Teltower Bürgerhaushalt ja keine repräsentative Befragung darstelle: Nur 6 Prozent der Einwohnerschaft seien beteiligt, von der sich wiederum nur 0,6 Prozent für eine Pferdesteuer ausgesprochen hätten. Solche Überlegungen seien existenzbedrohend für Reitvereine und Pferdebetriebe.

Auch der Pferdezuchtverband Brandenburg-Anhalt hat sich eingeschaltet: Auf den regionalen Pferdehöfen hätten viele Stadtkinder die Möglichkeit, sich den Tieren und einer vielseitigen Natursportart zu nähern, sagt Verbandspräsident Wolfgang Jung. „Besonders viele Mädchen im doch oft schwierigen Alter der Pubertät widmen sich hier einer sehr sinnvollen Freizeitbeschäftigung.“

Jetzt will die Reiterlobby die Wogen etwas glätten. „Die Problematik ist erkannt, wir werden sie innerhalb der Pfedesportgemeinde angehen“, verspricht Martina Schünemann, Vize des Landesverbandes Pferdesport. Auch Verbandspräsident Jung sagt zu, das Problem jetzt „innerhalb des Betroffenenkreises“ zu lösen. Am Mittwochabend trafen sich Inhaber von Teltower Reiterhöfen dazu mit Vertretern der Verbände. Nicole Schwarz, Geschäftsführerin des Landesverbands Pferdesport, sprach danach von einer „gemeinsamen Lösung zur Aufbereitung der Wege für alle Nutzer“.

Das Votum im Bürgerhaushalt war also nicht wirkungslos: Die Reiter wollen auf die Stadt und die kritischen Bürger zugehen. Wie eine Lösung aussehen könnte, beschrieb Petra Lehmann am Mittwoch an einem Beispiel: Reiterhofbetreiber könnten einmal wöchentlich die Reitwege kontrollieren und die  Hinterlassenschaft der Tiere einsammeln. Im Gegenzug hoffe man auf mehr Verständnis.

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