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Erlebnis-Rad. Das Lastenrad wurde drei Tage lang mit Hilfe vieler Kinder zusammengebaut. Ab kommender Woche werden darin Spielsachen zu Flüchtlingsheimen gefahren.

© Andreas Klaer

Teltower Flüchtlingsheime: Spielplatz auf Rädern

Ein Lastenrad voller Spielsachen fährt künftig die Teltower Flüchtlingsheime an.

Von Eva Schmid

Teltow - Ein roter Klecks inmitten von Grau: Die Krabbeldecke, auf denen Kinder auf dem Hof des Teltower Flüchtlingsheimes spielen, sticht ins Auge. Zwischen den zwei großen Wohnblöcken an der Potsdamer Straße dominiert der Beton, das Gras ist verdorrt, die Atmosphäre trist. Zwischen den geparkten Autos springen Kinder umher. Es sind Sommerferien, die Langeweile macht sich breit – doch ab kommender Woche soll es mehr Angebote für Kinder geben.

Denn das Teltower Familienzentrum Philantow hat zusammen mit Flüchtlingen ein Spielmobil gebaut, am Mittwoch wurde es fertig. Mit dem Lastenrad sollen künftig mehrmals pro Woche Spielsachen zu Flüchtlingsheimen gefahren werden, auch kleinere Spielplätze will das Familienzentrum-Team ansteuern.

Die Idee zu dem Projekt hatte Julia Tannert. „Wir haben bisher nur einen großen, schwer zu bewegenden Spieleanhänger“, so die Philantow-Mitarbeiterin. Um den Anhänger durch Teltow zu fahren, sei ihr Team bisher auf den Fuhrpark des Bauhofs angewiesen. Nicht nur an der Mobilität des Spieleanhängers hakt es: „Wir haben festgestellt, dass nur wenige Flüchtlingsfamilien den Weg ins Philantow finden oder auf Spielplätzen hier in der Umgebung anzutreffen sind“, so Tannert. Das neue Spielmobil soll flexibler und leichter einsetzbar sein, um auch zu den Flüchtlingsheimen zu kommen. Mit insgesamt 2000 Euro wurde das Projekt vom Landkreis und dem Berliner Gasversorgungsunternehmen Gasag finanziert.

Seit Anfang der Woche wird das Rad zusammengebaut, die Kinder scheinen begeistert zu sein. Vorsichtig stellt sich eine Frau mit langem Gewand und Kopftuch zu der Kindertraube, die sich am Mittwoch um das Lastenrad drängt. So viel Trubel herrscht selten auf dem Hof. „Ich lasse meine Kinder nur ungern alleine hier draußen spielen“, sagt die 36 Jahre alte Fatima Aboubakar aus dem Tschad. Sie lebt mit ihren sechs Kindern im Teltower Heim. „Alles Jungs“, sagt sie und macht kreisende Armbewegungen, um zu zeigen, dass ihr Nachwuchs ständig in Bewegung ist. Auch die Männer aus den Wohnheimen haben keine Lust nur herumzusitzen, häufig würden sie auf dem Hof Fußball spielen, sagt die zierliche Frau. „Dazwischen die Kinder“, Aboubakar schüttelt den Kopf. Das gefalle ihr nicht, „zu gefährlich“, sagt sie. Wenn im Hof gekickt wird, bleibe sie lieber mit ihren Kindern in der Wohnung.

„Das Spielmobil ist eine erste Kontaktaufnahme“

Ähnlich gehe es auch anderen Frauen mit kleinen Kindern, sagt Sozialarbeiterin Christina von Thaler. Das Angebot, dass Ehrenamtliche einmal oder mehrmals die Woche mit dem Lastenrad voller Spielzeuge vorbeikommen wollen, sei niedrigschwellig und gut. Auch in der Notunterkunft in der Warthestraße will das Spielmobil künftig nachmittags für mehrere Stunden Halt machen. Nach den Sommerferien wird das Programm vermutlich weitergehen. Von Thaler sieht noch einen weiteren Vorteil des neuen Projekts: „Das hilft den Kindern und ihren Müttern bei der Sprachförderung.“

Und sei ein erstes Kennenlernen, das ausgebaut werden soll, ergänzt die Leiterin des Familienzentrums Philantow. Nadine Ganzert plant, nach den Sommerferien eine Eltern-Kind-Gruppe im Gesundheitszentrum gegenüber dem Flüchtlingsheim an der Potsdamer Straße zu etablieren. „Das Spielmobil ist eine erste Kontaktaufnahme“, so Ganzert. Wenn die neuen Teltower Familien den Weg nicht ins Philantow finden, kommen die Sozialarbeiter eben zu ihnen. Der knapp vier Kilometer weite Weg vom Heim zum Familienzentrum habe sich für viele Familien als Hürde herausgestellt, so Ganzert.

Die letzten Schrauben werden an dem Alu-Rad festgezogen. Die Klingel eifrig von den Kleinsten getestet, ebenso wie die Tragfähigkeit des Rads. Bis zu sieben Kinder turnen in dem Kasten vor dem Rad herum, immer wieder fliegen Spielsachen hinein, und werden von flinken Händen sofort wieder herausgenommen. Auch Erwachsene, meist Männer, werfen einen neugierigen Blick in die Kisten mit Spielsachen. Mit dem Tischtennis-Set oder der Frisbee-Scheibe können auch sie etwas anfangen. Die Frauen derweil haben es sich auf dem einzigen Farbklecks im Hof gemütlich gemacht. Sie sitzen mit den kleinsten Kindern auf der roten Krabbeldecke. Jemand bringt eine Schale mit Wassermelonen auf den Hof, alle greifen zu. Mit dem Sommer kommt etwas Farbe in das Heim.

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