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Der Übeltäter. Die etwa vier Zentimeter dicke Wurzel wuchs an das Haus von Wolfgang Köhn heran und verstopfte mit feinen Äderchen sein Abwasserrohr.

© Enrico Bellin

Teltow: Platane unter Stress

In Teltow bedrohen Wurzeln das Haus von Wolfgang Köhn. Nun fordert er die Fällung von 133 Bäumen.

Von Enrico Bellin

Teltow - Wolfgang Köhn bangt um sein Haus. Die Mauern könnten bröseln, das Fundament zerstört werden. Der Grund: eine Platane vor seinem Grundstück in der Teltower Breitscheidstraße, deren Wurzeln bis an das Haus heranreichen und Köhn zufolge in die Mauern eindringen. Sie haben ihm bereits sein Abwasserrohr verstopft.

„Die Platane wurde wissentlich genau über der Leitung gepflanzt und die Wurzeln haben sich entlang des Abwasserrohres sowie darin ausgebreitet“, sagt Köhn, der in seinem Haus auch drei Wohnungen vermietet. Die Bewohner waren sauer, nachdem mehrfach wegen verstopfter Rohre der Keller vollgelaufen war. Köhn informierte den Abwasserzweckverband und ließ einen sogenannten Revisionsschacht mit mehr als zwei Metern Tiefe anlegen, bei dem klar wurde, dass eine etwa vier Zentimeter dicke Wurzel am Rohr entlang lief und kleine Ableger in dessen Verbindungsstücke wuchsen. Am 6. August wurden sie von einer Spezialfirma beseitigt und ein zweites Rohr aus Plastik in die Leitung gelegt, damit nicht erneut Wurzeln einwachsen können.

Für Köhn ist es damit jedoch nicht getan: „Die Stadt muss die gefährlichen Bäume beseitigen“, so der Hauseigentümer, der selbst Sachgebietsleiter für Alleen beim Land Brandenburg war. Die Platanen wurden vor zwölf Jahren als Ausgleich für Fällungen in der Iserstraße gepflanzt und sind seither dreimal so groß gewachsen. Auch nach dem Ausbau der Iserstraße seien dort Platanen gepflanzt worden, jede Zweite hebe inzwischen mit ihren Wurzeln den Bürgersteig an. „Ich bin ja nicht gegen Straßenbäume, aber statt der Platanen müssen kleinere Arten gepflanzt werden“, so Köhn. Notfalls wolle er die Fällung zumindest der Platane vor seinem Haus vor Gericht durchsetzen.

Im Teltower Rathaus kann man die Aufregung nicht verstehen. „Ich kann nicht die 133 Platanen in der Breitscheid- und der Iserstraße fällen, weil ein Baum an ein Haus heranwurzelt“, sagt die 1. Beigeordnete Beate Rietz den PNN. Die Abwasserleitung sei 80 Jahre alt gewesen und wahrscheinlich kaputt, bevor die Wurzel kam. Auch durch das Ausgraben des Schachtes sei Köhn kein Schaden entstanden, da laut Satzung des Zweckverbandes alle Hausanschlüsse über so einen Schacht verfügen müssten und er deshalb sowieso nachgerüstet werden müsse. Über ihn werden bei einer Havarie Kameras in den Kanal gelassen, die Kosten von etwa 800 Euro müsse der Hausbesitzer tragen.

Die Stadt habe sich bei der Pflanzung auch bewusst für Platanen entschieden, da in der schmalen Breitscheidstraße nur auf einer Seite Bäume gepflanzt werden können und Platanen große Kronen entwickeln, die einmal über die gesamte Straße ragen sollen, wie der zuständige Sachbearbeiter Ralf Dieter erklärt. Außerdem sei die Art sehr widerstandsfähig. Dieter hat eine Erklärung, warum der Baum bis zu Wolfgang Köhns Haus wurzelte: Er stand unter Stress. „Die Platane wurde 2006 einmal sehr kräftig zurückgeschnitten, zudem parken ständig Autos unter ihr.“ Das und das Wasserangebot in der Leitung habe den Baum dazu gebracht, sich soweit in die Erde zu graben. Die Stadt wolle nun gegen die Falschparker unterm Baum vorgehen, zudem habe man angeboten, zwei Meter tiefe Wurzelsperren aus Plastik vor dem Haus einzusetzen, um eine erneute Wurzelbildung zu verhindern.

Laut Baumgutachter Holger Gabel, der am Montag vor Ort war, würde das aber wenig bringen. „Wenn die Wurzeln schon einmal mehr als zwei Meter tief waren, werden sie auch unter der Absperrung hindurch wachsen“, so Gabel. Auch die Begründung der Stadt, der Baum stünde durch die geparkten Autos unter Stress, ist für den Gutachter nicht plausibel. „Der Baum ist doppelt so dick wie die anderen in der Straße und gut genährt.“ Platanen würden mit ihren Wurzeln generell einen enormen Druck ausüben und könnten selbst an modernen Rohren Gummidichtungen zerstören. Das Gleiche gilt für feuchtes Mauerwerk. Einzige Hilfe sei eine generelle Ummantelung der Außenmauern mit Folie.

Wolfgang Kühn findet die jedoch zu teuer und sieht nicht ein, warum er für einen Schaden zahlen soll, den die Stadt verursacht habe. Am Freitag wird es im Rathaus ein Treffen mit Beate Rietz geben, eine Einigung ist jedoch fraglich.

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