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Treibstoffe von morgen. Ein Forscher im Labor von Biopos.

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Teltow: Kosmetik und Kleider aus Gras

In Teltow wird an grünen Raffinerien geforscht. Die könnten in der Lausitz stehen, wenn der Ausstieg aus der Braunkohle ansteht.

Von Eva Schmid

Teltow - Kosmetik und Kleider aus Gras, Kleb- und Kunststoffen, aus alten Zeitungen – in sogenannten Bioraffinerien wird aus nachwachsenden Rohstoffen allerlei Nützliches für den Alltag hergestellt. Wie vielfältig die Produkte sind, die ursprünglich aus Gras, Altpapier, Holz und Stroh entstehen und in den grünen Raffinerien zu Chemikalien weiterverarbeitet werden, hat die Leiterin des Forschungsinstituts Biopos in Teltow-Seehof, Birgit Kamm, am Mittwoch bei einem Besuch der Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock (Grüne) vorgestellt.

Die Vision der Biopos-Leiterin: Wenn die Tagebaue in der Lausitz rekultiviert werden, könnten dort Brandenburgs erste Bioraffinerien entstehen. Bisher gibt es noch keine derartigen Industriebetriebe im Land. „Das Know-how, das Personal und die Partnerbetriebe haben wir“, so Kamm. In der von der Landwirtschaft geprägten Mark würde sich die Bioraffinerietechnik „super anknüpfen lassen“. Futtermittel-, Saatgutbetriebe oder Papiermüllfabriken könnten ihre Anlagen ausbauen. Auch Biogasanlagen könnten erweitert werden.

Bioraffinerien funktionieren ähnlich wie Erdölraffinerien, in denen das Erdöl durch chemische Verfahren in einzelne Komponenten getrennt wird. Im grünen Pendant wird feuchte und trockene Biomasse so weiterverarbeitet, dass chemikalische Verbindungen entstehen, die wiederum in Haarshampoos, abbaubarem Plastik oder in Kleidern mit Polyesteranteilen verarbeitet werden.

Ziel der grünen Fabriken ist es, das Erdöl komplett zu ersetzen. Auch alternative Kraftstoffe können in Bioraffinerien hergestellt werden. „Die Reststoffe bei der Verarbeitung in der Raffinerie können als alternative Energie genutzt werden“, so Kamm. Jedoch liege der Fokus bei Bioraffinerien nicht auf der Erzeugung von grüner Energie.

Seit 20 Jahren wird bei Biopos auf dem Forschungscampus in Teltow-Seehof an Alternativen zum Erdöl geforscht. Gefördert wurde die Arbeit des 15-köpfigen Teams bereits mehrfach durch Programme des Bundes. Auch das Land Brandenburg hat Biopos vergangenes Jahr beauftragt, eine Marktanalyse zu erarbeiten. Dabei kam heraus, dass der in Brandenburg ansässige Chemieriese BASF nicht abgeneigt ist, neue Verfahrenstechniken im grünen Bereich voranzutreiben. „Auch haben wir über die Jahre gute Kontakte zu Landwirtschaftsbetrieben aufgebaut, die man jetzt nutzen könnte“, sagt Kamm.

Die wissenschaftliche Leiterin wartet auf deutliche Signale aus Potsdam. Während von der Landesregierung bisher wenig kam, hat man in der Lausitz bereits Interesse gezeigt. Im Gespräch sei Biopos bereits mit dem Geschäftsführer der neu gegründeten „Innovationsregion Lausitz“, so Kamm. Die Gesellschaft wurde wie berichtet im Januar dieses Jahres gegründet, um den anstehenden Strukturwandel in der Braunkohle-Region zu bewerkstelligen.

Auch wenn der Braunkohleabbau in den kommenden Jahren noch weiter gehen sollte, könne bereits auf stillgelegten und wieder begrünten Flächen der Startschuss für Bioraffinerien fallen, sagt Kamm. Einen ersten Probebetrieb hat Biopos vor Jahren im Havelland gestartet und gezeigt, was möglich ist. Das Teltower Institut ist seitdem international für sein Wissen um die Alternative zu Erdöl gefragt – nur in Brandenburg sind die Forscher noch in der Nische. Eva Schmid

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