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Handwerklich begabt. Nadine Ganzert betrachtet die neuen Vogelhäuschen, die Christoph Stelling gebaut hat.

© Andreas Klaer

Teltow: Holzsonnen als zweite Chance

Seit April ist Christoph Stelling zweiter Hausmeister am Familienzentrum Teltow – zuvor war er 13 Jahre lang arbeitslos.

Teltow - Was Christoph Stelling mal werden will, das wusste er nach der Schule noch gar nicht so genau. Deshalb wollte er zunächst ein Berufsvorbereitungsjahr machen. Jedoch waren bereits alle Plätze belegt und man legte ihm eine Ausbildung zum Maler- und Lackierer nahe, die er beim zweiten Prüfungsversuch auch erfolgreich abschloss. Was dann folgte, war jedoch eine gut 13 Jahre andauernde Arbeitslosigkeit.

Jetzt bastelt der 34-Jährige in seinem Werkstattraum im Keller des Familienzentrum Philantow an zwei hölzernen Vogelhäusern, die er von außen abschleift und dann mit farblosem Schutzlack bestreicht. Seit April ist er am Familienzentrum als zweiter Hausmeister eingesetzt. Stelling nimmt an dem vom Bund geförderten Programm „Start – Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ teil. Dieses soll Menschen die Möglichkeit eröffnen, wieder am Arbeitsleben teilzunehmen und mittelfristig eine neue Perspektive zu finden.

Angela Kalbe, Fallmanagerin beim Jobcenter Maia Potsdam-Mittelmark, hat Stelling jahrelang betreut. „Es gab immer mal wieder kurze Ein-Euro-Maßnahmen und Einsätze für ihn“, erzählt sie. Etwas Langfristiges habe sich jedoch nie ergeben. Berücksichtigt werden musste zudem eine gesundheitliche Einschränkung: Der junge Mann hat manchmal Schmerzen im Rücken und im Sommer oft Kreislaufprobleme. „Das hat schon in der Schule angefangen“, sagt Stelling. „Aber ich weiß, dass ich das habe und kann mich darauf einstellen.“

Das Start-Programm richtet sich gezielt an langzeitarbeitslose Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder an Eltern von minderjährigen Kindern. Im vergangenen Jahr wurde es vom Bundesministerium für Arbeit ausgeschrieben, sagt Bernd Schade, Fachbereichsleiter im Jobcenter. Der Aufforderung, sich mit einem Konzept zu bewerben, leisteten insgesamt 265 Jobcenter Folge. 105 von ihnen, neben dem Jobcenter Potsdam-Mittelmark auch das in Potsdam, bekamen die Förderung: 19,7 Millionen Euro bis Ende 2018. Davon finanziert das Jobcenter Maia 47 Stellen für Langzeitarbeitslose. Diese zusätzlich geschaffenen Tätigkeiten müssen im öffentlichen Interesse und wettbewerbsneutral sein. „Die Arbeiten sind ganz unterschiedlich“, sagt Schade. So seien die ehemals Arbeitslosen in Kitas, Seniorenwohnheimen, in der Flüchtlingshilfe, in der Kriegsgräberfürsorge, in Museen und zum Erhalt von Wander- und Radwegen eingesetzt.

„Ich mache Hausmeister-Reparaturen, Umräumarbeiten, repariere Möbel oder stelle Spielzeug aus Schablonen her“, erzählt Stelling. Letztens erst habe er eine „komische“ Schablone bekommen, von der er erst gar nicht wusste, was sie darstellen soll: Eine Sonne.

Nadine Ganzert, Leiterin des Zentrums, muss lachen. Sie jedenfalls war zufrieden mit dem Ergebnis. Die Holzsonne wanderte in eine Kisten mit anderem Spielzeug, aus dem sich die Teilnehmer der Eltern-Kind-Gruppen bedienen. Sie war für das Thema „Jahreszeiten“ in Auftrag gegeben worden.

„Wir sind wirklich sehr zufrieden, die Zusammenarbeit ist super“, lobt sie ihren neuen Mitarbeiter. Sie habe sogar mit einer weitaus länger dauernden Einarbeitungszeit gerechnet. Besonders sinnvoll fand sie, dass die Arbeitsstunden zu Beginn in einem Abstand von zwei Monaten aufgestockt werden konnten – jetzt arbeitet Stelling sechs Stunden am Tag. „So konnte er sich langsam einarbeiten und eingewöhnen“, sagt Ganzert.

Der Kreishaushalt wird durch das Programm entlastet: Die Teilnehmer haben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und erhalten den Mindestlohn – komplett vom Bund finanziert. „Nur noch wenige benötigten zusätzliche Leistungen des Jobcenters“, erklärt Schade. Zur Vorstellung des Programms am Freitag war auch Landrat Wolfgang Blasig (SPD) gekommen. „Bundesweit ist der Landkreis Potsdam-Mittelmark führend bei der Senkung des Langzeitleistungsbezugs, im Land Brandenburg sogar Spitzenreiter“, behauptete er. Im Mai 2016 waren 9,4 Prozent weniger Langzeitarbeitslose als im Vorjahresmonat gemeldet.

Die Teilnehmer, die während der Laufzeit intensiv vom Jobcenter betreut werden, erhoffen sich durch den langen Einsatz bessere Chancen auf dem wirklichen Arbeitsmarkt. Ob das klappt, weiß Stelling im Moment natürlich noch nicht. Aber erstmal ist er zufrieden: „Bei vielen Einsätzen hab’ ich gleich gedacht: Nee, das klappt nicht.“ Im Philantow habe er hingegen am ersten Tag gedacht: Das passt.

Anne-Kathrin Fischer

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