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Modernste Forschung. Im Neubau stehen auf rund 3300 Quadratmetern Chemie-, Physik und Biologielabore bereit. Mit zehn Millionen Euro fördert das Land Brandenburg die Erweiterung des Biomedizintechnikums.

©  Andreas Klaer

Teltow: Forschen im Schaufenster

Erweiterungsbau des Biomedizintechnikzentrums in Teltow eingeweiht.

Teltow - Die Fenster des neuen Forschungsgebäudes des Institutes für Biomaterialforschung an der Kantstraße sehen ein bisschen aus wie „Schaufenster“, die Einblicke von außen erlauben. Das ist vom Architekten Reiner Becker durchaus beabsichtigt: „Nach außen transportieren, was innen geschieht“, so der Grundgedanke seines Entwurfs, der sich über den gesamten Bauteil Labore fortsetzt.

Auf der Einweihungsfeier des dritten Anbaues am Montag, dem Biomedizintechnikum III, lobte Wolfgang Kaysser, Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Geesthacht die „starke Kraftausstrahlung“ des Gebäudes. Das bietet auf rund 3300 Quadratmetern modernste Chemie-, Physik und Biologielabore. Konkret sind es 59 Büro- und 81 Laborräume. Institutsleiter Andreas Lendlein erläuterte dazu den Forschungsansatz: „Hier wirken alle relevanten Forschungsbereiche interdisziplinär zusammen und die variablen Forschungsflächen bieten Raum für fachübergreifende Kooperationen“. An das 2011 eröffnete BioMedTech II wird damit nicht nur räumlich sondern auch konzeptionell angeschlossen und so das gesamte Areal auf dem Forschungscampus zu einer neuen Einheit verbunden. Die stark gegliederten Baukörper wurden in Rücksicht auf die Nachbarbebauung durch Einfamilienhäuser auch in der Höhe reduziert. Und wie schon im zweiten Bauabschnitt wurde auch hier eine moderne, nachhaltige Bauweise ausgeführt. So verfügt das Gebäude über ein System der Wärmerückgewinnung, das mit der Lüftungsanlage gekoppelt ist, sowie über zwei Wärmepumpen, womit sich der Energieaufwand für die Wärmezufuhr um rund 75 Prozent verringert. Mit dem Gebäudekomplex werden neue Maßstäbe gesetzt hinsichtlich der künftigen Anforderungen an die Komplexität von Forschung.

Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) nannte es: „Ein Geschenk für den Forschungsstandort Teltow und die gesamte Forschungsregion Berlin-Brandenburg“. Rund zehn Millionen Euro Fördermittel reichte das Land Brandenburg dafür aus, 1,5 Millionen Euro kamen vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht dazu. „Das zeigt unsere hohe Wertschätzung und gleichzeitig sind daran auch hohe Erwartungen geknüpft“, sagte die Ministerin.

Einen Einblick in die aktuelle Entwicklung von innovativen Biomaterialien gab es bei einer Podiumsdiskussion anlässlich der Einweihungsfeier. Ulf Landmesser von der Berliner Charité – die Klinik gehört zu den Partnern des Institutes – schilderte den Einsatz von polymerbasierten Kunststoffen in der Herzklappentherapie. Sogar schwerstkranke Patienten, bei denen eine Operation am offenen Herzen nicht möglich wäre, können durch schonende minimalinvasive Verfahren erfolgreich therapiert werden, so Landmesser. Diese Knopflochtechnologie ermöglicht die katheterbasierte Herzklappentherapie. Das zukunftsträchtige Verfahren basiert auf innovativen Biomaterialien, die ihre Form verändern können. Das Implantat wird durch die Blutgefäße vom Oberschenkel bis zum Herzen transportiert, wo es sich an der defekten Herzklappe „entfalten“ kann. Das Formgedächtnis des Materials kann über Temperatur oder Licht stimuliert werden. Die Teltower Forscher haben zudem Kunststoffe entwickelt, die mittels wählbarer Temperaturschwankung immer wieder in ihrer Form hin- und herwechseln können. Die modernen Biomaterialien können zudem mit maßgeschneiderten Eigenschaften und Funktionen entsprechend der jeweiligen Anwendung entwickelt werden.

Die Bandbreite der Teltower Forschung erstreckt sich von zell- und gewebespezifischen Kunststoffen über Implantate und Filtersysteme bis zu Drug Delivery Systemen, die genau dosieren können. Die Vision für die Medizin von Morgen klingt spektakulär: kranke oder verletzte Gewebe und Zellen zu regenerieren, zumindest aber ihre Funktion wiederherzustellen. Schon jetzt werden im Institut Biomaterialien auf das zelluläre Verhalten von Stammzellen untersucht. Die Innovationen werden in die klinische Praxis überführt, weshalb es einen engen Kontakt zu Kliniken, insbesondere der Charité gibt, wie Institutsleiter Lendlein betonte. Aber auch zur Industrie, um die Einführung der medizinischen Produkte zu beschleunigen. Mit diesen Produkten können nicht nur Märkte erschlossen werden, sondern auch die Kosten im Gesundheitssystem reduziert werden.

Kirsten Graulich

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