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Lärm im Anflug. Mit der Eröffnung des BER werden täglich auch von Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf aus Flugzeuge sehr genau zu beobachten sein – im Landeanflug über Wannsee auf den BER. Da ein Start des neuen Flughafens selbst 2019 unwahrscheinlich ist, hofft man in der Region, dass die Politik noch eine andere Route findet.

© Patrick Pleul/dpa

Teltow: Der Lärm kommt

Das Oberverwaltungsgericht hat Klagen gegen die Wannsee-Flugroute abgewiesen. In der Region rund um Teltow ist man enttäuscht.

Von Enrico Bellin

Region Teltow - Nach der Eröffnung des Schönefelder Flughafens BER wird eine der Hauptflugrouten über Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf hinwegführen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat am späten Donnerstagabend Klagen von Anwohnern und Gemeinden gegen die sogenannte Wannsee-Route des BER abgewiesen und keine Revision zugelassen. Die Route führt auch östlich am Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums in Berlin-Wannsee vorbei.

Die Kläger hatten beanstandeten, dass das Risiko eines möglichen Absturzes auf den Reaktor bei den bisherigen Entscheidungen zur Flugroute unberücksichtigt blieb. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die entsprechende Klage deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, um die Gefahren abzuwägen. Die Kläger hatten zudem beklagt, dass mit den Flügen über die dicht besiedelte Region Zehntausende Menschen unnötig Fluglärm ausgesetzt würden.

Der 6. Senat des Gerichtes kam zu der Auffassung, dass die Flugroute rechtmäßig festgesetzt wurde. „Das von den Klägern befürchtete Risiko eines betriebsbedingten Flugunfalls und der dadurch ausgelösten Freisetzung ionisierender Strahlung des Forschungsreaktors liegt im Bereich des sogenannten Restrisikos, das als Lebensrisiko von jedem zu tragen ist“, so Gerichtssprecher Ulrich Marenbach. Das habe ein im Auftrag des Senates erstelltes Gutachten des TÜV Süd ergeben. Gezielte Angriffe von Terroristen auf den Forschungsreaktor würden durch die Flugroute nicht begünstigt. Zudem werde der Reaktor in zwei Jahren stillgelegt. Der BER wird bis dahin nicht eröffnen. Auch unter Lärmgesichtspunkten sei die Route nicht zu beanstanden. Es gebe keine alternative Route, die sich eindeutig als vorzugswürdig aufdränge, so Marenbach.

„Das Urteil ist bedauerlich und enttäuschend für die Region“, sagte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Freitag den PNN. Seine Gemeinde war einer der Kläger. Er wolle nun die Urteilsbegründung abwarten und sich in der kommenden Woche mit dem Anwalt der Gemeinde treffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Aus Sicht von Matthias Schubert, dem Vorsitzenden des Vereins „Kleinmachnow gegen Fluglärm“, kann man gegen die Flugroute nun nichts mehr tun. Gegen die Nichtzulassung der Revision könnte man zwar vorgehen und dann womöglich noch einmal vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. „Das hat ja aber schon einmal entschieden, dass das Oberverwaltungsgericht die Abwägung treffen soll, was nun ja geschehen ist“, so Schubert. Seine Initiative setze den Schwerpunkt ohnehin eher auf ein Nachtflugverbot am künftigen BER. „Wenn Berlin jetzt verlangt, den Flughafen Tegel weiter offenzuhalten, soll sich Brandenburg im Gegenzug mit der Forderung eines Nachtflugverbotes zumindest auf dem BER durchsetzen“, so Schubert. Ein Volksbegehren dazu war schließlich erfolgreich, bei der Umsetzung scheiterte Brandenburg allerdings am Bund und an Berlin. Die Landesregierung hat ein solches Vorgehen wie berichtet bereits angekündigt.

Im Gegensatz zu ihrem Kleinmachnower Kollegen hält Antje Aurich-Haider vom Verein „Teltow gegen Fluglärm“ die Debatte um die Wannsee-Route noch nicht für erledigt. „Womöglich sind jetzt die juristischen Möglichkeiten ausgereizt, aber die Politik macht die Gesetze und kann noch immer die frühere Fehlentscheidung korrigieren.“

Sie sei auch bei den Verhandlungen am Oberverwaltungsgericht dabei gewesen und könne die Entscheidung der Richter zum Überflugrisiko des Forschungsreaktors nicht nachvollziehen. So habe der TÜV klargemacht, dass er den möglichen Schaden nicht beziffern kann, falls bei einem Flugzeugabsturz etwa Teile auf das Abklingbecken des Reaktors fallen würden. Außerdem fordern Aurich-Haider zufolge viele Forscher des Helmholtz-Zentrums, die Laufzeit des Reaktors zu verlängern, was auch wahrscheinlich sei. Der kleine Reaktor liefert Neutronen für wissenschaftliche Untersuchungen.

Aurich-Haider spricht von einem bisherigen „Kniefall der Politik vor dem Flughafen und den Airlines“, indem sie ihnen die kürzeste Anflugroute zum BER genehmigt und so die Region mit Lärm und Luftschadstoffen der Turbinen belaste. Aus etwa 80 Überflügen täglich zum Start des Flughafens könnten der Vereinsvorsitzenden zufolge mit entsprechend steigenden Passagierzahlen bis zu 180 werden. „Dann ziehe ich hier weg“, so Antje Aurich-Haider.

In Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf hatten die Bewohner erst von dem drohenden Fluglärm erfahren, nachdem die Betriebsgenehmigung für den BER erteilt worden war. Vorher gab es nur eine grobe Planung, die Flugrouten weit außerhalb der Gemeindegebiete vorgesehen hat. Sie hätte für die Airlines allerdings erheblich längere An- und Abflugwege zum Flughafen bedeutet.

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