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Heimatlos. Rund 30 Jugendliche aus Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow haben am Samstag in Teltow für einen legalen Ort für ihre Techno-Partys demonstriert. Neben Botschaften auf Schildern warben sie mit Musik vom DJ-Pult für ihr Anliegen.

© Andreas Klaer

Techno in Teltow: Lieber legal

Am Samstag haben in Teltow Techno-Fans für einen Ort für ihre Partys demonstriert. Bislang beendete meist die Polizei die Feiern.

Teltow - Die ersten tanzen schon, als der Soundcheck noch durchgeführt wird: Auf dem Ahlener Platz in Teltow versammeln sich an diesem Samstagnachmittag Jugendliche aus Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf, um gemeinsam für mehr Raum für Jugendkultur zu demonstrieren. „Wir fordern einen Veranstaltungsort für kostenlose, unkommerzielle elektronische Tanzveranstaltungen“, heißt es auf dem Banner, das über einem überdachten Stand hängt. Dahinter ist eine Musikanlage aufgebaut, aus deren Boxen laute Technobeats über den Platz schallen. Knapp 30 Teilnehmer haben sich bereits eingefunden, sie haben Schilder dabei, auf denen Schlagworte wie „Lebe“, „Liebe“ und Bass“ geschrieben stehen.

„Mit der Demonstration wollen wir ein Zeichen setzen, dass es so nicht weiter geht“, erklärt der 18-jährige Julian aus Teltow. Dass die Forderung nach einem Veranstaltungsort – und Treffpunkt für Jugendliche der TSK-Region schon lange ein Thema ist – das wüssten auch die Kommunen, gibt er zu. „Es hat bereits mehrere Gespräche gegeben.“ Eine Lösung sei bislang jedoch noch nicht gefunden worden.

Derzeit treffen sich die jugendlichen Techno-Fans der Region vor allem in einem Waldstück in Stahnsdorf, um dort gemeinsam zu feiern. Die Partys finden dort jedoch illegal statt und werden wie berichtet regelmäßig von der Polizei aufgelöst. Julian zufolge hatte auch Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) versucht, den Jugendlichen einen Schritt entgegen zu kommen, indem er ihnen, mit Zustimmung des Schenkenhorster Motorsportvereins, dessen Crossgelände zur Verfügung gestellt hatte. Gegen eine dauerhafte Nutzung spricht den Techno-Fans zufolge jedoch die schlechte Verkehrsanbindung des Geländes – der letzte Bus fährt schon um 17 Uhr.

Mittlerweile ist die Gruppe der feiernden auf 300 bis 500 Jugendliche gewachsen

Dass eine endgültige Lösung im Interesse aller ist, dessen ist sich auch der 20-jährige Giuliano aus Stahnsdorf sicher. Das habe die legale Party auf dem Motocrossgelände gezeigt. Diese sei insgesamt viel ruhiger abgelaufen, es seien auch viel weniger Randalierer dabei gewesen als sonst, sagt Giuliano. Zuletzt habe es auch immer wieder einmal Partygäste gebeben, die über die Stränge schlugen, sich nicht benehmen konnten, räumen die Demonstranten ein.

Das erste Mal hatte sich 2015 eine Gruppe von rund 30 Jugendlichen im Waldstück nahe des Stahnsdorfer Schießplatzes zum Feiern getroffen. Durch die sozialen Netzwerke sei die „überschaubare Gruppe“ von Feiernden dann auf mittlerweile 300 bis 500 Jugendliche gewachsen, berichtet Julian. Da sei es schon verständlich, dass sich die Anwohner beschweren, sind sich die Jugendlichen auf dem Ahlener Platz einig. „Aber egal wo wir sind, wir werden immer weggescheucht“, beklagt sich Julian.

Der 20-jährige Jonas Zschiesche aus Potsdam ist an diesem Tag ebenfalls zur Demo nach Teltow gekommen. Seit anderthalb Jahren legt er selbst als DJ auf und kennt das Problem mit dem fehlenden Freiraum für Technofans angeblich auch aus seiner eigenen Stadt. „Dort gibt es auch nichts unkommerzielles.“ Der Technoclub Spartacus sei zwar eine Alternative, „aber eben eine, die kostet“.

Die Veranstaltungen im Stahnsdorfer Wald werden laut Julian von etwa 20 Jugendlichen selbst organisiert. „Jeder macht irgendwas“, ergänzt die 19-jährige Emily aus Teltow: Von der Musik über die Lichtshow, Flyer, Plakate, bis hin zum Aufräumen.

„Ich wünsche mir schon seit Jahren einen Platz für Jugendliche“

Schon kurz nach dem Beginn der Demonstration gegen 16 Uhr sind auch die Anwohner da, Erwachsene, denen das Anliegen der Jugendlichen auch ein persönliches ist. „Das Bild von randalierenden Jugendlichen, die sich mit Bierdose in der Hand vor dem geschlossenen Aldi aufhalten“, das würde ja jeder kennen, meint etwa Marcel, der deutlich älter ist als seine Mitdemonstranten. Auch sein Sohn ist mit von der Partie. Seinen vollständigen Namen will Marcel jedoch lieber nicht in der Zeitung sehen. „Um so wichtiger, dass man den junge Leuten einen legalen Ort gibt, wo sie sich aufhalten können“, findet er aber. Wenn sein 16-jähriger Sohn als Alternative nachts von Stahnsdorf nach Berlin zum Feiern fahren muss, sei ihm nicht wohl zumute, sagt er. Dem schließt sich Katrin Haberl aus Teltow an, auch ihr Sohn ist an diesem Tag zur Demonstration gekommen. „Ich wünsche mir schon seit Jahren einen Platz für Jugendliche.“

Die 22-jährige Isabella Theilig ist selbst in Teltow aufgewachsen – und freut sich über das Engagement der Jugendlichen. „Ich finde es einfach wichtig, dass es einen Ort gibt, wo Jugendliche sich treffen dürfen.“ Sie hat selbst mit Freunden auf vielen Open-Air-Veranstaltungen in der Region gefeiert – die jedoch von der Polizei regelmäßig aufgelöst werden mussten.

Ein Passant mit Rucksack, der den Ahlener Platz kreuzen will, wundert sich über die tanzenden Demonstranten und fragt einen der Polizisten, der die Veranstaltung an diesem Tag absichern soll. Kurz darauf geht er weiter und sagt noch: „Aber die Musik ist gut.“

Mira Nagel

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