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Streit um Stahnsdorfer Feuerwehrdepot: Wehrleiter: „Nur noch lächerlich“

Stahnsdorf braucht dringend eine neue Feuerwache. Zuletzt verständigten sich die Gemeindevertreter nach langer Diskussion auf den Standort Güterfelder Damm, doch nach dem Veto der Forstbehörde wird daraus nun nichts. Jetzt wird gestritten - wieder einmal.

Stahnsdorf - Wie auf Bestellung tapst ein Marder um die Ecke des Feuerwehrdepots und verschwindet kurz darauf hinter einem Stehpult im Kabelschacht. „Das ist die Realität“, sagt Wehrleiter Sebastian Diwiszek und zückt sein Handy, um das Tier zu fotografieren. Mit Spinnweben um die Nase kauert es noch immer in dem schmalen Spalt zwischen den Kabeln und blickt ihn ängstlich an.

Noch vor einem Jahr, als vor Ort eine tote Ratte im Stiefel eines Kameraden gefunden worden war, sei den Feuerwehrleuten von einzelnen Politikern unterstellt worden, sie hätten den Vorfall inszeniert, sagt der Gemeindewehrführer. Doch die Zustände in der alten Feuerwache am Stahnsdorfer Dorfplatz sind echt und haben sich in den vergangenen Monaten um keinen Deut verbessert, so Diwiszek. Noch immer müssen sich die rund 50 Kameraden hinter die Einsatzfahrzeuge quetschen, um sich auf wenigen Zentimetern Fläche umzukleiden, die Autos passen keine Handbreit unter die baufällige Decke. Damit die neuen Wagen überhaupt durch die Tore des viel zu kleinen denkmalgeschützten Baus kommen, musste bereits vor einigen Jahren der Boden unter den Rädern ausgefräst werden.

Seit Jahren wird darüber gestritten, wo die neue Feuerwache entstehen soll

Dass Stahnsdorf dringend eine neue Feuerwache benötigt, ist mittlerweile Konsens. Doch wo sie entstehen soll, darüber gibt es seit Jahren Streit. Nun droht mit dem Güterfelder Damm erneut ein Standort zu kippen, auf den sich die Gemeindevertreter nach mühseliger Diskussion mehrheitlich verständigt hatten. Nachdem Bürgermeister Bernd Albers (BfB/Die Neuen) sich wegen des beabsichtigten Kaufs des bewaldeten Grundstücks bei der Kommunalaufsicht beschwerte (PNN berichteten), teilte nun die Brandenburger Forstbehörde mit, dass sie einer Waldumwandlung zum Zwecke des Feuerwehrbaus nicht zustimmen werde.

Ein Ende des Standortstreits ist das aber nicht. Während Albers die Diskussion um den Güterfelder Damm abhaken und nach Alternativen suchen will, werfen ihm SPD und CDU vor, zu taktieren. Sie wollen den Standort noch nicht aufgeben und das Gespräch mit der Forstbehörde suchen. Bürgermeister Albers hätte die Entscheidung der Forstbehörde mit unzureichenden Informationen herbeigeführt, sagen sie.

Behörde habe nicht gewusst, was die Gemeindevertretung bereits beschlossen hatten

So begründe die Forstbehörde ihre Ablehnung etwa damit, dass der Bebauungsplan dem Stahnsdorfer Flächennutzungsplan widerspreche, in dem die betreffenden Flächen ausnahmslos als Wald dargestellt seien. Offenbar habe die Behörde nicht gewusst, dass die Gemeindevertretung bereits beschlossen hatte, den Flächennutzungsplan entsprechend anzupassen, kritisiert der Vorsitzende der Stahnsdorfer SPD, Heinrich Plückelmann. Und auch der Vorsitzende der Stahnsdorfer CDU/FDP-Fraktion, Wolfgang Brenneis, sagt: „Die Einlassung der Behörde beruht auf Abwägungsgrundlagen, deren Aktualität in Zweifel gezogen werden muss.“ Brenneis hatte aus diesem Grund den Bürgermeister gebeten, den Gemeindevertretern die Anfrage der Verwaltung an die Forstbehörde zu übermitteln, was bisher aber nicht geschehen sei.

Wie der Leiter der Oberförsterei, Holger Hendtke, den PNN erklärte, habe die Gemeinde bisher nicht ausreichend nachweisen können, dass die Waldumwandlung notwendig sei. Insbesondere da mit dem 200 Meter entfernt gelegenen gemeindeeigenen Flurstück neben dem Gemeindezentrum an der Annastraße eine Alternative für den Feuerwehrbau verfügbar sei. Diese Ansicht vertritt auch Albers’ Gemeindeverwaltung. Auch eine Änderung des Flächennutzungsplans würde so zwangsläufig zu einem ablehnenden Votum der Forstbehörde führen, erklärte Gemeindesprecher Stephan Reitzig.

Das Grundstück würde dem Feuerwehrneubau nicht zur Verfügung stehen

Doch auch hier sehen SPD und CDU die Forstbehörde getäuscht. Das benannte Grundstück sei verplant und würde keineswegs mehr für den Feuerwehrneubau zur Verfügung stehen. Nach einem im Dezember 2016 mehrheitlich gefassten Gemeindebeschluss sollen auf dem Areal ein multifunktionaler Bürgersaal, eine Bibliothek sowie seniorengerechte Wohnungen entstehen, erklärt Plückelmann und auch Brenneis moniert: „Wieder einmal wird mit dem Wissen, dass es ein Depot an der Annastraße nicht geben wird, das seit Jahren von der Gemeindevertretung beschlossene Feuerwehrdepot am Güterfelder Damm auf die lange Bank geschoben.“

Allerdings sind der Flächennutzungsplan und das vermeintlich freie Grundstück an der Annastraße nicht die einzigen Argumente, die die Forstbehörde daran hindern, ihr Einverständnis für den Feuerwehrbau zu erteilen. So habe die Gemeinde Stahnsdorf im Juli 2012 beantragt, das Waldgebiet, zu dem auch die Teilfläche am Güterfelder Damm gehöre, als Erholungswald unter Schutz zu stellen. Dabei habe sie den explizit hohen Stellenwert des Waldes für die Gemeinde und ihre Bewohner herausgestellt, so Hendtke. Zudem sei es laut Antrag Ziel gewesen, eine mögliche Flächenumwandlung in Bauland zu verhindern. „Vor diesem Hintergrund erscheint der Sinneswandel der Gemeinde nicht nachvollziehbar, insbesondere weil die hohe Bedeutung des Waldes für die Erholung der Bevölkerung nach wie vor uneingeschränkt vorliegt“, erklärte der Leiter der Oberförsterei. „Statt auf unsinniger Waldvernichtung zu beharren, sollten wir nun gemeinsam Alternativen prüfen“, wiederholte Bürgermeister Albers. Der SPD-Vorsitzende Plückelmann ist jedoch überzeugt, „dass mit der Forstbehörde noch ein für beide Seiten vertretbarer Kompromiss gefunden werden kann“. Er betonte, trotz des Feuerwehrbaus den überwiegenden Anteil des Kuttenwaldes erhalten und dauerhaft schützen zu wollen.

Früher sei Wehrleiter Diwiszek bei jeder neuen Nachricht "abgegangen wir ein Zäpfchen"

Wehrleiter Sebastian Diwiszek verleitet der neuerliche Schlagabtausch nur noch zu einem müden Kopfschütteln. Andere Kameraden mache er wütend, sagt er. Früher sei er bei jeder neuen Nachricht „abgegangen wie ein Zäpfchen“. Heute empfinde er das Hick-Hack „nur noch als lächerlich“, so Diwiszek. Die Kameraden könnten sowohl mit dem Standort an der Annastraße als auch dem Güterfelder Damm gut leben, sagt er. Allerdings wolle er nicht warten bis zur nächsten Kommunalwahl. Wenn es amtlich ist, dass am Güterfelder Damm nicht gebaut werden könne, dann würde es von Größe zeugen, jetzt einzulenken, sagt er.

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