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Die Potsdamer Stammbahn wurde nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nicht mehr vollständig in Betrieb genommen.

© dpa

Stammbahn wird für Regios reaktiviert: „Jede Schienenanbindung in der Region ist gut“ 

Die Entscheidung wurde in Kleinmachnow und Teltow positiv aufgenommen – aber für viele dauert es zu lange, bis der erste Zug rollen soll.

Kleinmachnow - Auf der alten Stammbahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin sollen künftig Regionalzüge fahren. Das hatten Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und der Brandenburger Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) am Montag mitgeteilt. In der Region traf der Beschluss auf große Zustimmung.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktionen im Brandenburger Landtag, Clemens Rostock, nannte die Entscheidung eine „große Entlastung für die Pendler*innen aus dem Westen Brandenburgs“. Der RE1 werde durch die Strecke entlastet und durch die Anbindung sowohl über den Nord-Süd-Tunnel als auch über den Südring nach Ostkreuz entständen attraktive Verbindungen. 

„Aus Brandenburger Sicht war deshalb immer klar, dass dies als Regionalverkehr angeboten werden muss“, so Rostock. Zu der Strecke hatte es jahrelange Debatten gegeben: Berlin setzte sich für Züge der S-Bahn ein – Brandenburg plädierte für eine Reaktivierung für Regios.

Die Trasse verläuft zwischen Griebnitzsee, Zehlendorf und Potsdamer Platz. Die aktuellen Planungen für die Stammbahn sehen vier Regionalzüge je Stunde vor sowie Bahnhöfe in Düppel-Kleinmachnow und Europarc-Dreilinden sowie Zehlendorf, Steglitz und Schöneberg. Die Strecke soll zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden. Laut Minister Beermann ist mit einer Fertigstellung der Stammbahntrasse nicht vor Ende der 2030er Jahre zu rechnen. 

Enttäuschung über Zeithorizont

Für Potsdam-Mittelmarks Landrat Marko Köhler (SPD) ist die Verbindung nach Berlin hinein für die Bürgerinnen und Bürger der Region unbestritten groß „ – und wird angesichts der dynamischen Entwicklung weiter zunehmen“, so Köhler.

Aus Sicht von Kleinmachnows stellvertretendem Bürgermeister Hartmut Piecha bringt der Ausbau mit zwei Haltepunkten der Gemeinde viele Vorteile. Er sei jedoch enttäuscht über den Zeithorizont: „Wenn die Bahn erst 2036 oder gar 2040 fahren soll, hat es im ungünstigsten Fall 50 Jahre seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 gedauert, diese Strecke zu reaktivieren. Das, obwohl schon viele bauliche Vorarbeiten in Berlin geleistet wurden“, so Piecha. Man müsse in den Beschleunigungsmodus schalten. Die Akzeptanz der Verkehrswende gehe auch einher mit attraktiven Angeboten.

Bis auf der Strecke wieder Züge fahren, wird es noch einige Jahre dauern.
Bis auf der Strecke wieder Züge fahren, wird es noch einige Jahre dauern.

© Jörn Hasselmann Tsp

Stahnsdorf Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) merkte mit Blick auf die Entscheidung an, es sei wichtig, dass die Haltepunkte Düppel und Europarc mit Parkhäusern ausgebaut und die Zufahrtsstraßen entsprechend ertüchtigt werden. Vor dem Hintergrund des weiteren Schienenpersonennahverkehr-Ausbaus in der Region zu einem möglichen Ringschluss und dessen Rentabilität sei entscheidend, dass der Haltepunkt Europarc an einem Ende des Bahnsteigs den direkten Zugang mit der Kreuzung mit der Friedhofsbahn-Trasse habe. „Jede Schienenanbindung in der Region ist gut“, hieß es von der Stadtverwaltung Teltow.

Weiterführung nach Brandenburg/Havel denkbar

Für die verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Nicole Walter-Mundt, sei das Ergebnis eine „Entscheidung mit strategischer Bedeutung für Brandenburg“, da die Variante Anknüpfungspunkte an weitere Strecken in der Region eröffne. „Hier ist perspektivisch eine Weiterführung über Brandenburg an der Havel nach Magdeburg denkbar“, so Walter-Mundt. „Eine deutliche Taktverdichtung bringt mehr Attraktivität für die zahlreichen Pendlerinnen und Pendler“.

Sebastian Rüter (SPD), direkt gewählter Landtagsabgeordneter für Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Nuthetal im Landtag, sagte: „Nicht nur für die Gemeinde Kleinmachnow und das Gewerbegebiet Europarc Dreilinden sondern für die gesamte Region ist der Wiederaufbau von großer Bedeutung“. Rüter sei sich sicher, dass die Reaktivierung für die Bürgerinnen und Bürger eine nachhaltige und sinnvolle Alternative zum Auto darstelle und damit zu einer spürbaren Entlastung der Straße führe.

Die Bürgerinitiative Stammbahn begrüßte die Entscheidung. „Wir fordern die Länder auf, das Projekt zügig auf den Weg zu bringen“, so Sprecher Hubertus Bösken. Nach einer Vorplanung durch beide Länder brauche es eine möglichst verbindliche Zeitplanung. Eine Verknüpfung der Stammbahn mit einer Reaktivierung des Berliner Südrings lehnt die Initiative ab. „Das würde das Risiko der weiteren Verzögerung deutlich erhöhen.“

Die Potsdamer Stammbahn war 1838 die erste Bahnstrecke Preußens, wurde aber nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nicht mehr vollständig in Betrieb genommen. 

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