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Höher hinaus. Der Trend in der Windkraftbranche geht zu immer höheren Anlagen. So kann auch in windarmen Regionen wirtschaftlich Strom erzeugt werden. In der Genshagener Heide befürchten die Bewohner allerdings, dass die Windräder negativen Einfluss auf die Tierwelt und die Lebensqualität haben könnten.

© P. Pleul/dpa

Stahnsdorf: Rückschlag für Windradgegner

Nicht wirtschaftlich: Ein Gutachten durchkreuzt die Stahnsdorfer Pläne zur Höhenbeschränkung von Windrädern im ausgeschriebenen Vorranggebiet. Wie hoch werden die sieben geplanten Windräder?

Stahnsdorf - Ein Bebauungsplan sollte die Lösung im Kampf gegen die geplanten 200 Meter hohen Windräder in der Genshagener Heide sein. Darin wollte die Gemeinde Stahnsdorf die zulässige Höhe für die Windräder im Plangebiet auf 150 Meter beschränken. Jetzt allerdings liegt ein Gutachten vor, das für die Pläne der Windkraftbetreiber spricht. Danach sollen die von der Gemeinde gebilligten Anlagen nicht wirtschaftlich zu betreiben sein. Bei den Windkraftgegnern wächst nun die Sorge, dass der Bebauungsplan angreifbar wird. Doch es gibt auch Zweifel an dem Gutachten.

Sputendorfs Ortsvorsteher Rolf-Denis Kupsch (Wir vier) etwa sagt: „Die Wirtschaftlichkeitsberechnung fußt allein auf Angaben der Windkraftbetreiber.“ Im jüngsten Bauausschuss der Gemeinde stellte er den Antrag, einen „unbefangenen Juristen zu Rate zu ziehen“. Dieser solle die Gefahr möglicher Schadensersatzansprüche von Windkraftbetreibern gegenüber der Gemeinde abschätzen.

Bis zu sieben neue Windräder würden die vorhandenen Anlagen um ein gutes Stück überragen 

Nach aktuellen Plänen sollen in dem nahe des Stahnsdorfer Ortsteils Sputendorf gelegenen Windpark bis zu sieben neue Windenergieanlagen entstehen, die die vorhandenen drei um bis zu 60 Meter überragen würden. Die Windkraftbetreiber folgen dabei dem allgemeinen Trend hin zu weniger, aber höheren Anlagen.

Die Dorfbewohner im Umfeld des Windparks fürchten jedoch um das Landschaftsbild sowie Lärm und Schattenwurf. Zudem sei das Gebiet beliebter Rastplatz bei Zug- und Wintervögeln, argumentieren sie. Schon seit Jahren wehren sich die Sputendorfer mit Unterstützung der Gemeinde gegen die Pläne – mit einer Unterschriftenaktion, einer Petition und einem Appell an Brandenburgs Ministerpräsidenten. Auf Anraten eines Berliner Rechtsanwalts brachte die Gemeinde dann vor zwei Jahren das Bebauungsplanverfahren ins Rollen, in das die Sputendorfer ihre ganze Hoffnung legten (PNN berichteten). Die dort festgeschriebene Maximalhöhe von 150 Metern sei gerade noch zumutbar, sagt Rolf-Denis Kupsch. Damit der Plan nicht juristisch scheitere, müssten die Anlagen nach Angaben des Anwalts aber wirtschaftlich zu betreiben seien.

Abschaltungen wegen Turbulenzen oder zum Schutz von Fledermäusen

Um dies zu prüfen, gab die Gemeinde Stahnsdorf im Juni das besagte Gutachten bei einem Ingenieur- und Planungsbüro in Auftrag, das Windverhältnisse, Standortgüte und Energieerträge für insgesamt zehn Windkraftenergieanlagen ermittelte. Dabei hätten die Sachverständigen verschiedene Varianten untersucht. In einem Fall wurden zehn Windräder mit einer Höhe von 180 Metern angenommen, im anderen zehn kleinere mit 149 Metern Höhe. Das Ergebnis: Ein wirtschaftlicher Betrieb sei nur mit den höheren Windrädern zu erzielen. Zwar stünde auch mit den kleineren Anlagen „eine qualitativ vergleichbare Alternative“ zur Verfügung, jedoch nur im Vollbetrieb, heißt es in dem Gutachten. Zu erwartende Betriebsbeschränkungen, etwa Abschaltungen wegen Turbulenzen oder zum Schutz von Fledermäusen, würden jedoch dazu führen, dass kleinere Anlagen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben seien.

Nach dem Gesetz würden Mindererträge in windschwächeren Standorten, zu denen auch die Genshagener Heide gehöre, zwar durch einen Zuschuss kompensiert, jedoch nur, solange die so genannte Standortgüte mehr als 70 Prozent beträgt. Schon bei vollem Betrieb würden drei der kleineren Anlagen aufgrund schwächerer Windverhältnisse unter diese Grenze fallen, so die Gutachter.

„Die Beurteilung der Ergebnisse ist noch nicht abgeschlossen“

Das Gutachten basiere jedoch auf Windertragsdaten der bereits bestehenden Anlagen und den Angaben derer, die diese betreiben, kritisiert Sputendorfs Ortsvorsteher. Er hegt auch Zweifel an der berechneten Standortgüte, die mit durchschnittlich 75 Prozent angegeben ist, und damit von vornherein an der Förderungsgrenze liege. „Damit führen selbst kleinste Abschaltungen zur Unwirtschaftlichkeit.“ Angaben darüber, wie oft bereits bestehende Anlagen aus den genannten Gründen abgeschaltet wurden, enthielt das Gutachten aber nicht, so Kupsch weiter. Genauso enthielt es keine klare Aussage darüber, unter welchen Bedingungen 150-Meter-Standorte wirtschaftlich zu betreiben seien. Ursprünglich waren in dem 300 Hektar großen Windpark mehr als zwei Dutzend Windräder geplant.

Wie die Gemeinde über die Forderungen des Ortsvorstehers hinaus mit dem Gutachten umgeht, ist derzeit noch nicht klar. „Die Beurteilung der Ergebnisse ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Gemeindesprecher Stephan Reitzig den PNN. Nachdem der Vorentwurf zum Bebauungsplan für das Windeignungsgebiet „Genshagener Heide“ bereits von den Gemeindevertretern beschlossen worden war, erarbeitet die Verwaltung derzeit den Entwurf des Bebauungsplanes.

Für Sputendorfs Ortsvorsteher Rolf-Denis Kupsch gibt es ob des aufkommenden Gegenwindes gegenwärtig nur eine Devise: „Durchhalten und mit Mut bei der Sache bleiben.“

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