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Radler bleiben an diesem Schild stehen. Doch auch die Autofahrer warten. Wer hat denn nun Vorfahrt am Kienwerderschen Kreisel? Die Straßenverkehrsordnung sagt, grundsätzlich die Radler. Doch das Verkehrsamt hat die roten Dreiecke aufgestellt.

© Andreas Klaer

Stahnsdorf in der Kreisel-Falle: Keiner weiß, wer Vorfahrt hat

Nach einem Radunfall seiner Tochter kämpft Wieland Weiß für Sicherheit im Stahnsdorfer Kreisel. Die Vorfahrtsregelung hält er für nicht nachvollziehbar.

Stahnsdorf - Es war vor anderthalb Wochen nur eine kurze Polizeimeldung, doch für Wieland Weiß hat sie einiges verändert. Eine 13-jährige Schülerin war bei einem Verkehrsunfall auf dem Stahnsdorfer Kreisel an der Friedensstraße verletzt worden. Eine Autofahrerin hatte das Mädchen beim Verlassen des Kreisverkehrs nicht rechtzeitig gesehen. Das Mädchen ist die Tochter von Wieland Weiß. Sie sei leicht verletzt mit dem Schrecken davongekommen, doch er und seine Frau sorgen sich, dass auf dem Kreisel noch Schlimmeres passiert.

Schon seit er im Zuge des Baus der neuen L 40 eingeweiht wurde, empfindet Wieland Weiß diesen Kreisverkehr als Sicherheitsrisiko. Mehrere Dinge regen ihn auf, doch zunächst erzählt er, was seine Tochter zum Unfallhergang erzählt hat: Die Autofahrerin wollte aus dem Kreis kommend die Rampe zur L 40 befahren. Sie ließ eine von Babelsberg kommende Radlerin passieren. „Meine Tochter kam von Stahnsdorf aus und verzögerte ebenfalls“, so Weiß. Sie suchte Blickkontakt, doch die Frontscheibe spiegelte. Weil das Auto hielt, fuhr sie weiter. Währenddessen gab die Autofahrerin Gas. „Sie hatte sich mit einem Blick zurück versichert, dass nicht noch ein Rad aus Babelsberg kommt, und fuhr los.“

"Irre" sei es, einen Radweg zurückzubauen

Wieland Weiß glaubt, dass die verwirrende Verkehrssituation zu dem Unfall geführt hat und zu noch Schlimmerem führen könnte. Es sind drei Dinge, die ihn umtreiben: Als der Potsdamer Damm in Stahnsdorf-Kienwerder, der mit der neuen L 40 seine Funktion als Durchfahrtstraße verloren hatte, verengt wurde, habe man auch den nördlichen Radweg zurückgebaut. „Irre“ findet das Weiß. „Wer vernichtet denn einen funktionierenden Radweg, damit Unkraut wachsen kann.“ Nun bestehe nur noch der Radweg auf der Güterfelder Seite – und muss in beide Richtungen genutzt werden. „Das bedeutet, dass Radfahrer auch den Kreisel nur an der Südseite befahren können und es dadurch unübersichtlicher für alle Beteiligten wird.“

Punkt zwei: Die Vorfahrtsberechtigung an dem ohnehin schon engen und unübersichtlichen Knotenpunkt sei völlig unklar. Radfahrern werde durch Schilder signalisiert, dass sie in beiden Richtungen den Autoverkehr beachten müssen, der den Kreisel verlässt. „In Deutschland müssen aber die Autofahrer laut Straßenverkehrsordnung grundsätzlich den parallel fahrenden Rad- und Fußgängerverkehr beachten“, sagt Weiß – und verweist auf den Paragraf 9, Absatz 4. Von einem leitenden Beamten der Teltower Polizeiwache sei ihm das bestätigt worden.

Das Verkehrsamt sieht keinen Handlungsbedarf

Schließlich Punkt drei: Vergleichbare Kreisel hätten zumindest einen erheblich größeren Radius. Was viele andere neue Kreisel mit dem Kienwerderschen wiederum gemeinsam haben, sei der Berg in der Mitte, der den Überblick erschwert. Alles zusammen, so Weiß, werde das zu weiteren und womöglich schweren Unfällen an dem neuen Kreuzpunkt führen.

Das Verkehrsamt des Landkreises bedauert den Unfall, Handlungszwang will man aber nicht erkennen. Seit der Verkehrsfreigabe vor zwei Jahren habe es am Kreisel elf Unfälle gegeben, damit sei es kein Unfallschwerpunkt, sagt Kreissprecher Kai-Uwe Schwinzert auf PNN-Anfrage. Zu vier Unfällen sei es gekommen, als Autofahrer beim Ausfahren auf querende Radfahrer trafen, der jüngste Unfall steht schon mit in der Statistik.

Die Beschilderung sei nach Anhörung der Polizei, des Straßenbaulastträgers und der Gemeinde Stahnsdorf angeordnet worden. Erst kurz vor dem Unfall sei sie im Oktober nochmals geprüft worden. „Sie entspricht den geltenden Vorschriften“, so Schwinzert. Es befinde sich an allen Armen des Kreisverkehrs im Verlauf des Geh- und Radweges das rote Dreieck „Vorfahrt gewähren“. Damit werde Radfahrern ihre Wartepflicht aufgezeigt.

Wer hat denn nur Vorfahrt?

Allerdings: Als man sich den Kreisel nochmal anschaute, sei auch festgestellt worden, dass „die Masse der Radfahrer einfach, ohne in gebotener Weise auf den Verkehr zu achten, auf die Fahrbahn aufgefahren sind“, räumt Schwinzert ein. Also doch Handlungsbedarf? Wer hat denn nun Vorfahrt? Aus Sicht des Verkehrsamtes die Autofahrer. Es werde überlegt, das rote Dreieck zusätzlich als Piktogramm auf den Radwegen zu markieren und Wartelinien aufzumalen.

„Es gibt andere Kreisverkehre im Landkreis, die analog beschildert sind“, so Schwinzert mit Verweis auf den Güterfelder und Philippsthaler Kreisel. „Probleme sind hier nicht bekannt.“ Außerorts seien Radfahrer an Querungsstellen aus Sicherheitsgründen dem Kraftfahrzeugverkehr vorfahrtrechtlich unterzuordnen, so Schwinzert mit Verweis auf ein Merkblatt des Landes zu dem Thema.

Wieland Weiß will eine Klärung

Wieland Weiß kennt das Merkblatt, einen entsprechenden Hinweis für den Zweirichtungsverkehr habe er darin nicht gefunden. Kreisel wie der Philippsthaler hätten einen viel größeren Durchmesser und würden seltener von Radlern benutz, der Stahnsdorfer Knotenpunkt vermittle zudem ein „innerörtliches Gefühl“, meint Weiß. „Und innerorts wäre so eine Beschilderung nicht erlaubt.“ Die Vorfahrt der ausfahrenden Autofahrer bleibe ein Widerspruch und „in der Realität hält jeder Autofahrer doch an“.

Wieland Weiß will nicht locker lassen. Auch wenn die Schuld der Autofahrerin im Fall seiner Tochter von keinem Beteiligten infrage gestellt worden und seine Tochter genesen sei, habe er einen Rechtsanwalt beauftragt. „Dieses Thema werde ich von meiner Seite bis zu einer Klärung fortführen.“ Henry Klix

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