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Seit 25 Jahren verfällt das ehemalige Sanatorium. 

© Andreas Klaer

Stahnsdorf: In das alte Sanatorium zieht wieder Leben ein

Auf dem Areal des ehemaligen Sanatoriums in Stahnsdorf soll ein Mehrgenerationen-Campus mit Forschungseinrichtungen und Büros entstehen. Doch was passierte dort früher? 

Von Sarah Stoffers

Stahnsdorf - Einst hatte das ehemalige Elisabeth-Sanatorium einen überdachten Gang, unter dem die Patienten der Lungenheilanstalt auch bei schlechtem Wetter an die frische Luft konnten. „Der Ort war wegen des schönen Waldes für Lungenkranke optimal“, erzählt Peter Ernst aus Güterfelde. Die Schwester seiner Mutter war 1927 in dem Sanatorium am Güterfelder Eck in Kur. Heimatforscher Ernst, der im nahen Güterfelde lebt, war am Samstag einer der Gäste beim Tag der offenen Tür auf dem Areal der alten Hautklinik. Eingeladen hatte die Investorenfamilie Schroedter, um ihre Pläne für den Mehrgenerationen-Campus vor Ort Interessierten vorzustellen. Trotz des nassen Wetters kamen viele Anwohner aus den umliegenden Ortsteilen und Gemeinden.

Die Pläne für einen Mehrgenerationen-Campus stellte die Investorenfamilie Schroedter jetzt vor.
Die Pläne für einen Mehrgenerationen-Campus stellte die Investorenfamilie Schroedter jetzt vor.

© Andreas Klaer

Wolfhardt Schroedter hatte wie berichtet das Grundstück im vergangenen Jahr gekauft, um es zu entwickeln. Mit seinen beiden Kindern plant er auf dem 30 000 Quadratmeter großen Areal des ehemaligen Sanatoriums wie berichtet einen Mehrgenerationen-Campus. Auf dem Campus sollen Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Büro- und Schulungsräume als auch Räume für medizinische Dienstleister wie Ärzte oder etwa Physio- oder Ergotherapeuten, Einrichtungen der teil- und vollstationären Pflege sowie betreutes Wohnen, Gästeunterkünfte und ein Kindergarten entstehen. Bei den Stahnsdorfer Gemeindevertretern stieß das Vorhaben bereits auf breite Zustimmung.

Alte Pläne sind im Zweiten Weltkrieg verbrannt

Mithilfe von Anwohnern und Interessierten will die Investorenfamilie mehr über die Geschichte des Sanatoriums erfahren. „Wenn man online recherchiert, findet man ein bisschen was zur Geschichte“, so Sebastian Schroedter. Aber die alten Pläne sind zusammen mit dem Bauamt im Zweiten Weltkrieg verbrannt. Der jüdische Arzt Walter Freymuth hatte das ehemalige Sanatorium 1912 gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth als Lungenheilanstalt errichtet.

Einst waren das Sanatorium sowie der Sitz der Heilsarmee die ersten Gebäude in dem Gebiet gewesen, erzählt Heimatforscher Ernst. Erst danach hätten sich die umliegenden Wohngebiete entwickelt. Ernst hat am Samstag zahlreiche alte Dokumente mitgebracht, seit Jahren arbeitet er die Geschichte des Areals auf.

Seit 1994 steht das Klinik-Ensemble leer

Das Ehepaar Freymuth wurde später von den Nationalsozialisten enteignet und musste aus Deutschland fliehen, so Ernst. Das Sanatorium behielt zunächst seine ursprüngliche Funktion als Lungenklinik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zur Heilstätte für Haut- und Lymphdrüsentuberkulose und beherbergte später die Hautklinik des damaligen Bezirkskrankenhauses Potsdam. Nach der Wende wurde das Grundstück der in den USA lebenden Erbin, Ursula Freymuth, zugesprochen. Seit 1994 steht das denkmalgeschützte Klinik-Ensemble leer und verfällt. Das Hauptgebäude kann, wegen seines schlechten Zustandes, nicht mehr betreten werden. Obwohl die neuen Besitzer Haus und Fenster versiegelt und einen Stacheldrahtzaun errichtet haben, kommen immer wieder Vandalen.

"Hier sollte sogar ein Dorf entstehen"

Ernst, der auch nach der Wende das Schicksal des Areals verfolgt hat, erinnert sich an die vielen, teilweise irrwitzigen Ideen, die für das Grundstück mit seinen historischen Bauten entwickelt wurden. „Hier sollte sogar ein Dorf entstehen, mit einer Bootswerft am Hirtengraben.“ Wer auf das Areal wollte, hätte Eintritt zahlen müssen. Die aktuellen Pläne der Familie Schroedter hingegen findet Ernst „nicht schlecht“. „Wenn ich es noch erlebe, dass das Gebäude erhalten bleibt, ist das eine schöne Sache.“ Er hofft jedoch, dass zunächst die Renovierung des Haupthauses in Angriff genommen wird – noch vor dem Bau der neuen geplanten Gebäude, „sonst ist womöglich am Ende kein Geld mehr für die Sanierung da“. Sebastian Schroedter versicherte am Samstag, dass die Renovierung des Hauptgebäudes als eine der ersten Aufgaben erfolgen soll.

Wie berichtet sollen auf dem Mehrgenerationen-Campus drei neue Häuser gebaut werden. Um sie vor dem Lärm der nahen L 40 zu schützen, soll eine acht Meter hohen Lärmschutzwand hochgezogen werden. Die Neubauten sollen zum Teil auf einer im Landschaftsschutzgebiet „Parforceheide“ gelegenen Fläche entstehen. Die Untere Naturschutzbehörde hat dafür bereits grünes Licht signalisiert.

Das verlassene Hauptgebäude ist bei Graffitikünstlern beliebt.
Das verlassene Hauptgebäude ist bei Graffitikünstlern beliebt.

© Andreas Klaer

„Ich habe mich bereits oft und seit langem gefragt, was mit dem Areal passiert und gehofft, dass es nicht weiter verfällt“, erzählt die Potsdamerin Beate Friebel, die in der Geriatrie arbeitet und Anne Schroedter persönlich kennt. Das Konzept der Familie findet sie gut durchdacht und glaubt, dass es Erfolg haben könnte. „Die Familie Schroedter ist mit genügend Herzblut dabei. Für so ein Konzept ist immer Bedarf da, vor allem für eine Einrichtung, die neben dem Wirtschaftlichen auch die menschliche Seite nicht vernachlässigt.“ Sie hofft, dass trotz der geplanten Neubauten, der Parkcharakter des Areals nicht verloren gehen wird.

Auch junge Familien können profitieren

Auch Ingrid Scharf, stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats Stahnsdorf, ist von den Plänen angetan. „Das Thema altersgerechtes Wohnen bewegt mich sehr. Dafür setzen wir uns im Seniorenbeirat ein.“ Von dem Mehrgenerationen-Campus könnten zudem auch junge Familien profitieren. „Ich denke, es kann ein richtiges Schmuckstückchen werden“. Bis es mit den Bauarbeiten losgeht, wird es jedoch noch dauern. Sebastian Schroedter schätzt, dass der endgültige Bebauungsplan erst im März 2020 ausgelegt wird.

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